Wenn das EU-Parlament die geplante Neuregelung nicht stoppt, sieht es düster um die Fluggastrechte aus. Denn anders als bisher werden wohl die allermeisten Passagiere, die unter den chronischen Verspätungen vieler Fluggesellschaften leiden, leer ausgehen. Experten warnen, dass eine Schwächung der Fluggastrechte zu einem beinahe kompletten Wegfall vieler Entschädigungsansprüche führen könnte.
Wie DMM mehrfach schrieb, geht die neue Regelung, die vor allem von Airlines wie der Lufthansa betrieben wurde, zu Lasten aller Passagiere, die unter den Verspätungen der Luftfahrt-Branche leiden. Bisher hatten Fluggäste ab einer Verspätung von drei Stunden Anspruch auf Entschädigung. Die neuen Regelungen verschieben diesen Anspruch auf Verspätungen von mehr als vier Stunden.
Für Flüge innerhalb der EU bis 3.500 km soll die Frist zur Entschädigung von drei auf vier Stunden verlängert werden. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) wollte an der 3-Stunden-Regelung festhalten, da er die Interessen der Fluggäste zu sehr schmälert. Dafür sollte eine pauschale Entschädigung von 300 Euro anfallen. Aber der deutsche Minister konnte sich damit nicht durchsetzen. Auch Verbraucherschutzorganisationen kritisieren die geplanten Änderungen und sehen darin eine Verschlechterung der Rechte für Fluggäste. Die Kritik an den geplanten Änderungen wächst und viele Verbraucherschützer fordern eine Petition.
Zum Thema erklärt Jens Gieseke (CDU), verkehrspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im europäischen Parlament: "Die aktuellen Fluggast-Regeln sind bereits 21 Jahre alt, der Aktualisierungs-Vorschlag der Kommission hat auch bereits 12 Jahre auf dem Buckel. Es ist völlig klar, dass dringender Handlungsbedarf bei der Überarbeitung der Passagierrechte besteht. Ich bin der polnischen Ratspräsidentschaft dankbar, dass sie endlich wieder Bewegung in das Thema gebracht hat. Doch nun - nach über einem Jahrzehnt der Untätigkeit im Rat - eine Reform im Eilverfahren durchzupeitschen ginge auf Kosten der Passagiere, da die Mitgliedstaaten die Entschädigungsregeln deutlich abschwächen wollen. Als Parlament werden wir keine Verschlechterung des Status Quo akzeptieren und mit seiner Überrumpelungstaktik würde der Rat aufs falsche Pferd setzen. Als Parlament haben wir unsere Verhandlungsposition bereits 2014 beschlossen und sind bereit, zügig über faire Regeln für alle Seiten zu verhandeln."
Bislang galt pauschal ab einer Flugverspätung von drei Stunden, sofern die Airline diese verschuldet:
• 250 Euro für Flüge bis 1.500 km
• 400 Euro für Flüge bis 3.500 km
• 600 Euro für Langstreckenflüge mit mehr als 3.500 km
Die Verschlechterung von Fluggastrechten wird von verschiedenen Seiten angestrebt, insbesondere von Fluggesellschaften, die sich eine stärkere Entlastung von Entschädigungspflichten wünschen. Gründe hierfür sind, dass lange Verspätungen oder Annullierungen kostspielig sind und die Fluggesellschaften zu einer vermehrten Annullierung von Flügen anstatt einer Verspätung führen können. Entschädigungen bei Flugverspätungen oder Annullierungen können für Fluggesellschaften eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen. Die Lufthansa z.B. musste in 2024 sage und schreibe 479 Mio. Euro an Fluggäste zahlen, die wegen der schlimmen Unpünktlichkeit ihre Fluggastrechte wahrgemacht hatten. Quelle: EU-Verkehrsministersitzung / DMM