European Green Deal gut und schön, aber...

Dieter Scheurle, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), begrüßt, dass die Europäische Kommission einen Fahrplan für den Klimaschutz (European Green Deal) vorlegt. Er warnt aber vor einem Flickenteppich von nationalen Alleingängen und vor allem, dass Kerosin möglicherweise besteuert werden soll.

Luftverkehr findet in einem intensiven weltweiten Wettbewerb statt. Deswegen braucht es  beim Klimaschutz statt eines Flickenteppichs von nationalen Alleingängen ein geordnetes internationales Vorgehen. Scheurle: „Wir brauchen in der Tat beherzte und entschlossene Entscheidungen der EU zur Förderung des Luftverkehrs bei der Markteinführung von CO2-neutralen Kraftstoffen, denn ohne eine mutige industriepolitische Initiative der EU kommt das nicht voran. Bei der CO2-Bepreisung warnen wir eindringlich vor europäischen Alleingängen. Das schadet wirtschaftlich und ist klimapolitisch kontraproduktiv. Denn solche Alleingänge verschieben den Luftverkehr nur zu Wettbewerbern aus Drittstaaten.“ 

Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Verschärfung des Emissionshandels, nach der die Fluggesellschaften für Zertifikate mehr als bislang geplant zahlen müssten, ist nach Meinung des BDL kontraproduktiv, weil sie in ein funktionierendes marktbasiertes System eingreift und so Rechts- und Planungssicherheit für alle Beteiligten konterkariert. Der marktbasierte Mechanismus des Emissionshandels wirkt und setzt deutliche Anreize, Emissionen zu reduzieren. So hat sich der Zertifikatepreis im Emissionshandel in den letzten zwei Jahren mehr als verfünffacht und steht heute bei rund 25 Euro pro Tonne CO2. Der Anteil der Zertifikate, die käuflich erworben werden müssen, steigt kontinuierlich. Inzwischen müssen die Luftfahrtunternehmen bereits den überwiegenden Anteil der Zertifikate kaufen. In Europa ist der Luftverkehr bereits seit 2012 in den Europäischen Emissionshandel einbezogen. Das System stellt sicher, dass die CO2-emittierenden Unternehmen für ihre Emissionen zahlen müssen und gleichzeitig die Emissionen aller in den Emissionshandel einbezogenen Wirtschaftsbereiche bis 2030 um 43 % reduziert werden. 

Statt hier ein funktionierendes System zu verschärfen, sollte die EU das Emissionshandelssystem mit dem globalen Klimaschutzinstrument CORSIA abstimmen, so der BDL. Das völkerrechtlich verbindliche System CORSIA stellt sicher, dass auch der internationale Luftverkehr ab dem kommenden Jahr CO2-neutral wächst. Was noch aussteht ist die Abstimmung der beiden Instrumente, so dass sichergestellt ist, dass es nicht zu einer unzumutbaren Doppelbelastung der europäischen Marktteilnehmer kommt. 

Die deutsche Luftverkehrswirtschaft begrüßt ausdrücklich, dass die Kommission als Teil ihrer Klimaschutzstrategie Maßnahmen zur Förderung von alternativen Kraftstoffen im Verkehrssektor vorsieht. Nur mit synthetischen Kraftstoffen auf Basis von regenerativen Energien lässt sich das Fliegen mittel- bis langfristig CO2-neutral gestalten. Es ist richtig, dass nun auf europäischer Ebene die Weichen dafür gestellt werden, die notwendigen Produktionskapazitäten zu schaffen, also Anlagen zu bauen. Geklärt werden muss aber auch die Frage, wie diese alternativen Kraftstoffe dann in den Markt gebracht werden, obwohl der Preis derzeit noch drei- bis fünfmal höher ist als der von herkömmlichem Kerosin. Neben Fördermaßnahmen sind hier auch Abnahmequoten in der Diskussion. „Eine verbindliche Quote für die Beimischung von regenerativen Kraftstoffen muss international mit den Hauptwettbewerbsländern des europäischen Luftverkehrs abgestimmt sein. Unterbleibt dies, dann hätte eine Quote fatale Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Fluggesellschaften und von Drehkreuzflughäfen in Europa“, so Prof. Scheurle. 

Bei der CO2-Besteuerung warnt der Verband vor allen Vorschlägen für eine nationale oder europäische Kerosinbesteuerung. Das wäre ein klimapolitischer Irrweg, der zu mehr statt zu weniger Emissionen führt. Fluggesellschaften würden, wo immer sie können, in Drittstaaten tanken und den billigeren Kraftstoff in die EU transportieren. Unternehmen wie Turkish Airlines oder Emirates könnten bei ihrem Einflug in die EU Kraftstoff für den Rückweg gleich mitnehmen und würden die Steuer so umgehen können. Neben den negativen Effekten auf die CO2-Bilanz des Fliegens würde eine Kerosinbesteuerung im europäischen Alleingang auch im Wettbewerb zu großen Verwerfungen führen, denn aufgrund der ungleichen Besteuerung könnten die Fluggesellschaften aus Drittstaaten deutlich günstigere Tickets anbieten. Hierzu Prof. Scheurle: „Statt des Irrweges einer europäischen Kerosinsteuer wird andersherum ein Schuh daraus: In der EU sollten einzelne bestehende nationale Luftverkehrsteuern, wie die in Deutschland bestehende, durch eine Entscheidung der EU zur Einführung dieser Steuern in allen EU-Mitgliedstaaten ersetzt werden.“ 

Fortschritte bei der Modernisierung der Flugsicherungsdienste könnten die CO2-Emissionen im europäischen Luftraum signifikant reduzieren. Die Umsetzung des Single European Sky ist eine wichtige Klimaschutzmaßnahme für den Luftverkehr, die sofort wirkt. Daher sollte die Weiterentwicklung des europäischen Flugsicherungsraums ein ganz wesentlicher Baustein bei der Klimaschutzstrategie der EU sein. Quelle: Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL)