Forderungen von BT4Europe an die Politik

Geschäftsreisen in Europa leisten einen enorm positiven Beitrag zur europäischen Wirtschaft, und obwohl die COVID-Pandemie ein erheblicher Rückschlag war, erholt sich der Sektor vergleichsweise schnell.

BT4Europe hat einen Forderungskatalog an die EU zusammengestellt, wie Geschäftsreisen effizienter gestaltet werden können. Foto: GZ

Die europäische Geschäftsreisebranche insgesamt und die europäische Gemeinschaft der Geschäftsreisemanager (vertreten in BT4Europe) haben eine Reihe gemeinsamer Herausforderungen identifiziert. Wenn diese nicht angegangen und gegebenenfalls gesetzlich geregelt werden, werden sie das Wachstum und die Effizienz der Geschäftsreisebranche mittel- bis langfristig beeinträchtigen und den Sektor daran hindern, sein volles Potenzial in die europäische Wirtschaft einzubringen. 

  • 2021 schickten europaweit etwa 2 Mio. Unternehmen und Institutionen Mitarbeitende auf Dienstreisen. 
  • 22 Mio. Geschäftsreisende sollen zusammen etwa 166 Mio. Geschäftsreisen unternommen und dabei 54 Mrd. Euro ausgegeben haben. Nicht berücksichtigt sind in dieser Schätzung die Zahlen betreffend Dienstreisen mit dem Geschäftswagen. Das wären europaweit betrachtet nochmal mindestens ca. ½ Mrd. Dienstreisen. 
  • Die Ausgaben für Dienstreisen machen einen erheblichen Anteil der gesamten Reiseausgaben in Europa aus. Die wahre Größe der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen wird in der Forschung der Arbeitsgruppe BT4Europe Facts & Figures untersucht.

Zu den Herausforderungen gehören die Themen rund um die Personalknappheit, reisebezogene Ticketing- und Preisbeschränkungen sowie das derzeitige Bürokratie, die eine dynamische Entwicklung der Branche bremsen. Aus der Pandemie wurden laut BT4Europe nicht genügend Lehren gezogen, um einen robusten und widerstandsfähigen Regulierungsrahmen für den Sektor zu schaffen, mit dem potenzielle künftige Notfälle besser bewältigt werden können. 

BT4Europe fordert die EU auf:

  • die notwendige Arbeit anzugehen, um sich auf eine erfolgreichere Bewältigung potenzieller künftiger Notfälle vorzubereiten. Es sind Leitlinien und Instrumente zu erarbeiten, die für potenzielle zukünftige Gesundheitsmaßnahmen erforderlich sind, um die Geschäftsreisebranche widerstandsfähiger aufzustellen. 
  • eine neue Rahmengesetzgebung entwickeln, um grenzüberschreitendes Arbeiten und Jobrotation mit weniger Bürokratie und steuerlichen Belastungen zu erleichtern.
  • gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Verkehrsträger in Bezug auf Ticketing und Preisgestaltung zu gewährleisten, indem sie durch ihre geplante Initiative für multimodale digitale Dienste mit einfachen, integrierten und digitalen End-to-End-Tickets für alle Verkehrsträger eine One-Stop-Ticketing sicherzustellen. 
  • die anstehende Überarbeitung der EU-Verordnungen zu Fahrgastrechten zu nutzen, um einen durchgängigen Schutz der Fahrgastrechte bei multimodalen Reisen einzuführen, der in allen Phasen der Reise auf einfache Weise gewährleistet werden muss. 

Hauptthemen, die BT4Europe beschäftigen: 

  1. Warum ist es immer noch nicht möglich, mit einem einzigen Ticket europaweit von Tür zu Tür zu reisen? Warum kann diese erste Meile/letzte Meile nicht in die gesamte Reise integriert werden, obwohl die Sharing Economy in den letzten zehn Jahren an Umfang und Popularität gewonnen hat? Warum haben grenzüberschreitende Bahnreisen nicht die gleiche Priorität wie grenzüberschreitende Flugreisen? Notwendig sind mehr denn je moderne Mobilitätskonzepte, um den Umstieg auf nachhaltigere/effektivere Verkehrsmittel zu fördern, die Dekarbonisierung des Verkehrssektors voranzutreiben und so die Wirtschaft weiter anzukurbeln. 
  2. Digitale Technologien ermöglichen seit Jahren das Planen, Buchen und Bezahlen von Reisen – dennoch fehlt eine grenzüberschreitende „seamless mobility“ auf Basis durchgängig digitaler Prozesse ohne Brüche. Dies würde eine weitere digitale Transformation der Mobilität anstoßen und eine effizientere Nutzung der verschiedenen Verkehrsmittel ermöglichen.
  3. Intermodale Mobilität über europäische Grenzen hinweg ist aufgrund unterschiedlicher Auswahl-, Buchungs-, Bezahl- und Ticketingprozesse derzeit kaum möglich – dies gilt insbesondere für die Einbindung des ÖPNV. Eine grenzüberschreitende Reisekette sollte idealerweise auch Lösungen für die sogenannte „erste/letzte Meile“ beinhalten, da für diesen Wegabschnitt häufig keine ÖPNV-Lösungen vorhanden sind oder zu für Geschäftsreisende relevanten Zeiten keine Angebote verkehren. Bei vielen Reisen beginnt und endet die Mobilitätskette heute an Flughäfen, Bahnhöfen oder ÖPNV-Haltestellen weit weg vom eigentlichen Ziel. Geschäftsreisende würden zunehmend auf öffentliche Verkehrsmittel ausweichen, wenn diese in eine Reisekette integriert und als Tür-zu-Tür-Mobilität verfügbar wären. Wäre dies der Fall, könnten alle Verkehrsmittel in einer Anwendung geplant, gebucht und bezahlt werden – und Reisende hätten statt mehrerer Einzeltickets ein einziges, grenzüberschreitendes Ticket, das dann digital an die Reisekostenabrechnung des Arbeitgebers  weitergegeben werden könnte. Die automatische Abrechnung der jeweiligen Mobilitätsanbieter innerhalb einer intermodalen Reisekette würde im Hintergrund stattfinden („Clearing“).

Grenzüberschreitendes Ticketing. Es scheitert auf EU-Ebene häufig an der mangelnden Zusammenarbeit zwischen den führenden nationalen Eisenbahnunternehmen und der großen Zahl kommunaler und regionaler Verkehrsverbünde. Ihre individuellen Interessen verhindern die Einführung einheitlicher Standards auf nationaler Ebene. Zur Lösung dieses Problems braucht es Experten, die sich mit der Anbindung von Systemen auskennen, um ein möglichst hohes Maß an Standardisierung zu erreichen – eine Grundvoraussetzung für die Integration in Unternehmensprozesse und damit für die Nutzbarkeit durch Geschäftsreisende. Ziel wäre ein frei verfügbarer Datensatz mit allen Tarifen der einzelnen Anbieter und Daten in Echtzeit, wie es die PSI-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/1024) über offene Daten und die Weiterverwendung von Daten vorsieht Informationen des öffentlichen Sektors. Dies erfordert standardisierte und verbindliche Schnittstellen, damit sich die unterschiedlichen Mobilitätsanbieter an die Plattform anbinden können, um sowohl ihre eigenen Daten einzuspeisen als auch auf die Informationen anderer Datenanbieter zuzugreifen.

Viele Mobilitätsanbieter setzen derzeit eher auf proprietäre Standards und Schnittstellen, die die Möglichkeiten des Datenaustauschs massiv einschränken. Ein übergreifendes ID-Management, IT-Sicherheit und Datenschutz sowie bewährte Schlichtungsmodelle und eine einheitliche Vertragsgestaltung könnten dafür sorgen, dass die Interkonnektivität zwischen Mobilitätsanbietern nach Governance-Prinzipien, aber auch im Zusammenspiel mit den Nutzern gewährleistet ist.

End-to-End-Passagierrechte. Der durchgängige Schutz der Fahrgastrechte ist ein wesentlicher Aspekt eines einfachen, sicheren und attraktiven grenzüberschreitenden multimodalen Reisens und muss auf allen Etappen der Reise gewährleistet sein. Derzeit werden Verbraucher, die sich für die Kombination verschiedener Verkehrsmittel entscheiden, für jeden Abschnitt ihrer Reise separat von verschiedenen EU-Instrumenten abgedeckt, selbst wenn sie für ihre gesamte Reise eine einzige Fahrkarte gekauft haben.

  • Für die Zukunft wird ein neuer Rechtsrahmen benötigt, der den durchgängigen Schutz der Fahrgastrechte gewährleistet.
  • Die EU sollte für gleiche Wettbewerbsbedingungen bei Fahrkartenverkauf und Preisgestaltung bei allen Verkehrsträgern sorgen, indem sie durch die geplante Initiative für multimodale digitale Dienste mit einfachen, integrierten und digitalen End-to-End-Fahrgastrechten für Fahrkarten an einer Haltestelle sorgt Sicherstellung der Bereitstellung frei verfügbarer Reisedaten.  Quelle: BT4Europe / DMM