Gar nicht so schlechte Aussichten

Die konjunkturelle Erholung dürfte vorerst gestoppt sein und das Bruttoinlandsprodukt im Schlussquartal wohl wieder schrumpfen, meldet das ifo-Institut. Insgesamt ergibt sich für das Jahr 2020 ein Einbruch der Wirtschaftsleistung um 5,1%. Für den weiteren Prognosezeitraum wurde unterstellt, dass die seit November geltenden Infektionsschutzmaßnahmen unverändert bis März 2021 in Kraft bleiben und danach allmählich gelockert werden. Vor diesem Hintergrund wird das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2021 um voraussichtlich 4,2% steigen.

Im Herbst nahm das Infektionsgeschehen wieder spürbar an Fahrt auf, so dass im November erneut ein zunächst sehr leichter Shutdown verhängt wurde. Damit dürfte die konjunkturelle Erholung vorerst gestoppt sein und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Schlussquartal wohl wieder schrumpfen. Erst recht seit dem harten Lockdown mit Wirkung zum Mittwoch, 16.12.2020 bis zunächst 10. Januar 2021.

Der Rückgang des BIP ist allerdings sehr ungleich über die Wirtschaftsbereiche verteilt. Während die Wertschöpfung im Gastgewerbe und bei den „Sonstigen Dienstleitern“ mit zweistelligen Raten einbrechen dürfte, setzt das „Produzierende Gewerbe“ seine Erholung fort. So ist die globale Industriekonjunktur bislang noch intakt, was sich in bis zuletzt steigenden Auftragseingängen bemerkbar macht. Entsprechend dürften im vierten Quartal die Investitionen und die Exporte weiter zulegen, während die Konsumausgaben der privaten Haushalte schrumpfen. Dass deren Rückgang nicht noch kräftiger ausfällt, ist auf den Anstieg der Mehrwertsteuer im Januar 2021 zurückzuführen, der zu spürbaren Vorziehkäufen am Jahresende führen dürfte. Auch die Warenausfuhr wird von einem vorsorglichen Lageraufbau bei britischen Importeuren profitieren, der im Zusammenhang mit der Unsicherheit über die künftigen Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich steht. Insgesamt ergibt sich damit für das Jahr 2020 ein Einbruch der Wirtschaftsleistung um 5,1 %. Bereinigt um die im Vergleich zum Vorjahr hohe Anzahl an Arbeitstagen wird der Rückgang mit 5,4 % noch kräftiger sein.

Für den weiteren Prognosezeitraum wurde unterstellt, dass die seit November geltenden Infektionsschutzmaßnahmen unverändert bis März 2021 in Kraft bleiben und danach allmählich gelockert werden. Das indes ist seit dem harten Shutdown überholt. Möglicherweise wird das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2021 um voraussichtlich 4,2% steigen, sofern die Pandemie Deutschland nicht weiter mim Würgegriff hält. Im Jahr 2022 setzt sich die Erholung fort, wenngleich das Tempo im Vergleich zum Vorjahr deutlich abnimmt. Im Jahresdurchschnitt dürfte die Wirtschaftsleistung dann um 2,5% zunehmen. Bei dieser Prognose wurde berücksichtigt, dass die jährlichen Produktionskapazitäten, die im Rahmen der Potenzialschätzung bestimmt werden, als Folge steigender Unternehmensinsolvenzen im kommenden Jahr um etwa 1,4% oder knapp 50 Mrd. Euro niedriger liegen als bei der letzten Schätzung vor Ausbruch der Coronakrise im Dezember 2019.

Coronakrise hinterlässt deutliche Spuren am Arbeitsmarkt. Die Coronakrise hat auch den langjährigen Aufschwung am Arbeitsmarkt jäh unterbrochen und hinterlässt trotz des massiven Einsatzes von Kurzarbeit deutliche Spuren. Im laufenden Jahr dürfte die in Deutschland generell gefakte Zahl der Arbeitslosen im Durchschnitt um etwa 434.000 auf 2,7 Mio. steigen. Nicht berücksichtig sind die ca. 3,9 Mio. Hartz IV-Empfänger (von denen 64 % nicht zu den Arbeitslosen gezählt werden, obschon sie es sind ) und die gut 2 Mio. zumeist arbeitslosen Migranten. Somit leben in Deutschland etwa 7 Mio. Menschen im erwerbsfähigen Alter auf Kosten der Steuerzahler.

Aufgrund der hohen Arbeitslosenzahlen zum Jahresende 2020 dürfte die Arbeitslosigkeit im Durchschnitt des folgenden Jahres trotz des prognostizierten starken Rückgangs der Arbeitslosigkeit ab dem zweiten Quartal in etwa dem Niveau des laufenden Jahres entsprechen. Im Jahr 2022 dürften im Schnitt noch 2,5 Mio. Personen (+ weitere 7 Mio.)  arbeitslos gemeldet sein. Die Arbeitslosenquote steigt von 5,0 % im vergangenen Jahr auf voraussichtlich 5,9 % im laufenden und im kommenden Jahr, ehe sie im Jahr 2022 wieder auf 5,5 % zurückgeht.

Zweite Infektionswelle dämpft privaten Konsum. Im Winterhalbjahr 2020/2021 dürften die privaten Konsumausgaben wieder sinken, da die zweite Infektionswelle neue Infektionsschutzmaßnahmen und einen zweiten harten Lockdown notwendig machte. Dieser zweite Shutdown unterscheidet sich aber maßgeblich von jenem aus dem Frühjahr, da bislang lediglich das Gastgewerbe und Dienstleister aus den Bereichen Kunst, Unterhaltung und Erholung von den Einschränkungen betroffen sind. Insbesondere im Einzelhandel ist die konjunkturelle Grundtendenz weiterhin intakt. So dürften die privaten Konsumausgaben im vierten Quartal 2020 insgesamt um 0,8 % sinken, was auch bereits von einigen Frühindikatoren signalisiert wird. So hat das Konsumentenvertrauen im November bereits das zweite Mal in Folge nachgegeben, und die Bereitschaft zu größeren Anschaffungen hat sich merklich abgekühlt. Aufgrund der eingeschränkten Konsummöglichkeiten geben die befragten Haushalte zudem an, ihre Ersparnisbildung wieder stärker ausweiten zu wollen.

Zum Jahresauftakt 2021 werden die Konsumausgaben der privaten Haushalte allenfalls stagnieren, da annahmegemäß die Infektionsschutzmaßnahmen erst im zweiten Quartal des kommenden Jahres gelockert werden. Mit der erwarteten allmählichen Aufhebung der Infektionsschutzmaßnahmen werden die privaten Konsumausgaben im zweiten Quartal 2021 um kräftige 3,1% ausgeweitet und auch im Anschluss mit überdurchschnittlichen Raten expandieren.

Unternehmensinvestitionen erholen sich mit vermindertem Tempo. Die Unternehmensinvestitionen dürften im Jahr 2020 wohl um 7 % gegenüber dem Vorjahr einbrechen, damit jedoch nur halb so stark zurückgehen wie während der Weltfinanzkrise 2009; insbesondere die privaten Ausrüstungsinvestitionen dürften mit einem Rückgang um gut 14 % deutlich glimpflicher durch die Krise kommen. Für die Jahre 2021 ergibt sich eine kräftige Erholung um 6,8 % und für das Jahr 2020 eine moderate Ausweitung um 3 %.

Historischer Einbruch der Weltwirtschaft. Das Bruttoinlandsprodukt der Welt wird in diesem Jahr voraussichtlich um 3,6 % sinken und in den Jahren 2021 und 2022 um 5,8 % bzw. 4,2 % zulegen. Das Produktionspotenzial wird insbesondere in den meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften aufgrund der Corona-Pandemie deutlich niedriger eingeschätzt als noch vor Ausbruch der Krise. Zwar wurden die gesundheitspolitischen Eindämmungsmaßnahmen vielerorts von staatlichen Maßnahmen zur Stützung des Unternehmenssektors begleitet, aber es wird wohl dennoch zu einem spürbaren Anstieg der Insolvenzen weltweit kommen. Die gesamtwirtschaftliche Produktionslücke dürfte sich im Euroraum, im Vereinigten Königreich und in den USA bis zum Ende des Prognosezeitraums weitgehend schließen.

Die Inflationsrate in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften dürfte im laufenden Jahr mit 0,8 % sehr schwach ausfallen. In den kommenden zwei Jahren werden die Preise etwas stärker anziehen, mit 1,1 % bzw. 1,4 % aber insgesamt weiter recht verhalten ausfallen. Zum einen werden höhere Lohnsteigerungen im Prognosezeitraum angesichts der zum Teil schon deutlich gestiegenen Arbeitslosigkeit eher unwahrscheinlich sein. Zum anderen dürften die Kapazitäten erst zum Ende des Prognosezeitraums wieder ansatzweise ausgelastet sein.

Der Welthandel wird sich im Winterhalbjahr 2020/21 wohl weiter erholen und im Sommer das Vorkrisenniveau wieder übertreffen. Damit dürfte der weltweite Warenhandel im Winterhalbjahr weniger stark vom Konjunktureinbruch betroffen sein als das globale Bruttoinlandsprodukt. Grund hierfür ist, dass die Infektionsschutzmaßnahmen den grenzüberschreitenden Austausch von Waren wenig einschränken dürften. Alles in allem wird der weltweite Warenhandel in diesem Jahr voraussichtlich um 6,1 % schrumpfen und in den Jahren 2021 und 2022 um 6,6 % bzw. 4,1 % steigen. Quelle: ifo / statista / DMM