Germanwatch fordert Renaissance des europäischen Bahnverkehrs

Anlässlich des Europäischen Jahres der Schiene 2021 hat die Umweltorganisation Germanwatch am Dienstag, 16.02.2021, einen Vorschlag vorgelegt, wie Deutschland die Renaissance der Bahn in Europa vorantreiben sollte. „Bahnfahren quer durch Europa muss attraktiv und einfach werden. Darin liegt ein enormes Potenzial für den Klimaschutz,“ so Lena Donat, Referentin für klimafreundliche Mobilität bei Germanwatch und Autorin des Papiers ‚Für die Renaissance des europäischen Bahnverkehrs: Was Deutschland jetzt tun sollte‘.

Für die EU ist die Verlagerung des Luft- und Straßenverkehrs auf die Schiene ein wichtiger Hebel zur Erreichung ihrer Klimaziele. Drei Viertel der Fluggäste von deutschen Flughäfen flogen zu Zielen im europäischen Ausland. Eine kürzlich veröffentliche Umfrage der Europäischen Investitionsbank zeigt, dass 85 % der Befragten in Deutschland nach der Covid-19-Krise weniger fliegen wollen und 79 % Flüge durch Züge ersetzen würden, wo eine Bahnverbindung mit einer maximalen Reisezeit von fünf Stunden verfügbar ist, um das Klima zu schützen.

Allerdings sei die Bahn über Jahrzehnte hinweg eher /von den jeweiligen Bundesregierungen und wenig bahnaffinen DB-Managern, Anm. der Red.)  stiefmütterlich behandelt worden, so Donat. Es wurde zu wenig investiert, gleichzeitig sind viele internationale Verbindungen eingestellt worden. Im Ergebnis gleicht Europa heute eher einem Flickenteppich aus nationalen Netzen als einem geeinten Kontinent. Germanwatch fordert deswegen schnellere und häufigere Direktverbindung zwischen Metropolen, ein Nachtzugnetz für größere Distanzen, einfache Buchungsmöglichkeiten, eine Ankunftsgarantie bei Auslandsreisen sowie faire Preise.

Donat: „Das Europäische Jahr der Schiene 2021 muss zum Wendepunkt werden, um dem europäischen Bahnverkehr zu einer Renaissance zu verhelfen. Und Deutschland spielt dabei eine Schlüsselrolle.“ Die deutsche Bundesregierung solle alle Hebel nutzen um schon kurzfristig mehr europäische Bahnangebote zu ermöglichen und Bahnfahren in Europa einfacher und attraktiver zu machen.

Einen wichtigen Hebel sieht Germanwatch in der Entwicklung eines europäischen Zielfahrplans. Die Bundesregierung solle die Idee des Deutschlandtakts nach Europa tragen. Europa brauche ein enges Netz an Langläufer-Strecken mit Tag- und Nachtzügen, aber auch kürzere Verbindungen im Stundentakt sowie eine gut vertaktete Anbindung an den Regionalverkehr.

Zweitens fordert Germanwatch eine Investitionsinitiative 'Züge für Europa' um Zuschüsse für mehrsystemfähiges Rollmaterial und Nachtzüge zu gewähren. Jeder EU-Mitgliedsstaat hat für den Schienenverkehr ein eigenes Signalsystem, Stromsystem, Sicherheitssystem, Feuerschutzsystem etc. Zwar versucht die EU, diese Regelungen und Systeme zu vereinheitlichen (Stichwort ETCS), die flächendeckende Umsetzung wird jedoch Jahrzehnte dauern. Diese Zusatzausstattung für mehrere Länder hebt die Kosten pro Zug deutlich und macht somit internationale Verbindungen für Bahnunternehmen wirtschaftlich oft unattraktiv.

Den dritten wichtigen Ansatzpunkt sieht Germanwatch in der Senkung der Trassenpreise. Die deutschen Trassenpreise seien im europäischen Vergleich sehr hoch und machten den Bahnverkehr insbesondere auf langen Strecken wirtschaftlich schwierig. Eine Senkung der Trassenpreise wäre schon kurzfristig möglich und würde einen starken Anreiz für den Bahnverkehr setzen, national und international.

Außerdem solle Deutschland die Kosten zwischen den Verkehrsträgern fair verteilen, Nadelöhre in der Schieneninfrastruktur ausbauen und Bahnunternehmen dazu verpflichten, Echtzeit-Daten und Fahrkarten-Daten offen zu teilen. Quelle: Germanwatch / DMM