Geschäftsreise: TGV machen Fliegen vor 40 Jahren überflüssig

In einer Zeit mit wachsendem Autobahnnetz und einer tempomäßig abgeschlagenen Eisenbahn war der Start des TGV in Frankreich vor 40 Jahren eine Revolution: Als der „train à grande vitesse“, der seinerzeit orangefarbene Triebzug mit Tempo 260km/h, am 22. September 1981 den Verkehr zwischen Paris und Lyon aufnahm, rückten die rund 470 km voneinander entfernten Metropolen auf 2:40 Stunden Fahrzeit zusammen. Heute sind es sogar nur noch knappe zwei Stunden. Ein riesiger Zeit- und Komfortvorteil vor allem für Geschäftsreisende. Die Flugverbindung wurde überflüssig.

Die Problemlage der Bahn in Frankreich: In den Nachkriegsjahren wurde das Auto für jedermann erschwinglich, Schnellstraßen machten immer mehr Regionen flott erreichbar. Zwar verkehrten in Frankreich damals schon zahlreiche TEE-Züge mit Tempo 200 km/h auf den Altstrecken. Diese aber führten nur Wagen erster Klasse und waren für das breite Publikum kaum eine Alternative zur neuen Freiheit des eigenen Pkw.

Am 22. September 1981 wurde die Hochgeschwindigkeitsstrecke Paris - Lyon in Anwesenheit des damaligen Staatspräsidenten François Mitterrand offiziell eingeweiht. Der berühmte orangefarbene Zug, der sich fünf Tage später in Bewegung setzte, läutete die erste „TGV-Generation“ ein. Der 40. Geburtstag der TGV (train à grande vitesse) wurde an 13 SNCF-Standorten in ganz Frankreich im Rahmen der Europäischen Tage des Denkmals (Journées européennes du patrimoine, JEP) und des Europäischen Eisenbahnjahres gefeiert.

Der TGV wurde, kaum dass er auf den Schienen erschien, rasch zum Aushängeschild der Innovationskraft Frankreichs und galt Nachbarländern als Vorbild zum Bau eigener Hochgeschwindigkeitsstrecken. Denn mit dem Bau separater, neuer Bahntrassen für die schnellen Züge war Frankreich der Welt voraus. Während z.B. in Deutschland nur auf einigen wenigen Abschnitten bestehender Strecken Tempo 200 erreicht wurde, setzten die Franzosen für ihr wachsendes TGV-Netz auf neue Trassen für Tempo 300 und mehr. Und während Frankreich voll auf den Ausbau des TGV-Netzes mit einer Länge von inzwischen 2.734 km und 180 angebundenen Städten setzte, diskutierte Deutschland noch viele Jahre, bis auch hier 1991 die erste Neubaustrecke mit dem ICE 1 in Betrieb ging.

Frankreich hat unterdessen mit dem TGV auch nach dessen 40. Geburtstag weiter große Pläne. Bei der Feier zum 40. im Pariser Gare de Lyon präsentierte Staats-Präsident Emmanuel Macron den künftigen TGV M. „Avelia Horizon“. Laut Hersteller Alstom ermöglicht die neueste TGV-Generation eine Energieersparnis von rund 20 % bei einer gleichzeitig höheren Kapazität. Die Anzahl der Sitzplätze steigt auf 740 statt 600 im Vorgängertyp TGV Duplex, einem Doppelstock-TGV, der u.a. nach Frankfurt, Stuttgart und München kommt.

Die SNCF hatte im Juli 2018 insgesamt 100 dieser neue Hochgeschwindigkeitszüge bei Alstom bestellt. Der Auftragswert liegt bei etwa 2,7 Mrd. Euro. Die Superzüge sollen ab 2023 auf den französischen Rennstrecken fahren. Der Nachfolger der heutigen TGV wird übrigens schon seit 2020 in den USA getestet. Die dortige Bahngesellschaft Amtrak hat 28 neue Hochgeschwindigkeitszüge des Typs Avelia Liberty für den Nordostkorridor (NEC) zwischen Boston und Washington DC in Auftrag gegeben, die zurzeit getestet werden. Die Avela Liberty können ein drittel mehr Pasagiere befördern als die bisherigen Acela-Züge. Die Triebzug-Konfiguration umfasst einen kompakten Antriebswagen, ausgerüstet mit dem Energie- und Crashmanagement-System (CEM), und neun Fahrgastwagen, mit der Möglichkeit, drei weitere hinzuzufügen, sobald die Nachfrage wächst. Der Zug ist für Geschwindigkeiten von bis zu 300 km/h (186 mph) ausgelegt, wird aber zunächst mit 257 km/h (160 mph) basierend auf der Streckenbegrenzung eingesetzt werden. Die Gelenkbauweise des Zuges soll mehr Stabilität und Komfort für die Passagiere bieten und gleichzeitig die Sicherheit erhöhen. Die neuen Züge werden bei Alstom in Hornell, NY, hergestellt.

Staatspräsident Macron gab während der Feierlichkeiten zudem bekannt, dass Frankreich weitere 6,5 Mrd. Euro in den Bau zusätzlicher Hochgeschwindigkeitsstrecken investieren will, damit die Landesteile dichter aneinander heranrücken und alle Franzosen CO2-frei unterwegs sein können. Noch ans LGV-Netz angebunden werden sollen Toulouse, Perpignan und Nizza in Südfrankreich sowie die Normandie und auch eine Linie von Lyon ins italienische Turin ist in Planung. Im Ausbau befinden sich derzeit schon die neuen Schnellstrecken von Bordeaux nach Toulouse und von Montpellier nach Perpignan, wo der Anschluss an das spanische Hochgeschwindigkeitsnetz erfolgt. Macron hatte gleich nach seiner Wahl 2017 die Strecke zwischen Paris und Rennes eröffnet.

TGV ist die Bezeichnung für acht verschiedene Baureihen von Zügen des Herstellers Alstom, die für den Hochgeschwindigkeitsverkehr der französischen Staatsbahn SNCF eingesetzt werden. Das sind die TGV Sud-Est, Atlantique, Réseau, Class 173 (Eurostar), Duplex, PBKA (Thalys), POS und 2N2 (Duplex4). Zusammen 584 Einheiten. Die TGV, die in unterschiedlichen Mehrstromsystem-Versionen gebaut wurden, verkehren nicht nur auf den LGV, sondern auf weiteren 4.300 km des SNCF-Netzes, teilweise bis Barcelona, bis Zürich, bis Düsseldorf und Amsterdam.

Die Wortmarke TGV wurde von der SNCF bis 2017 auch als Zuggattung gebraucht. Um die Züge und den Service zu unterscheiden, werden Verbindungen mit dem TGV seither unter der Marke „inOui“ (beispiellos) vermarktet; Die Höchstgeschwindigkeit im Regelbetrieb beträgt, je nach Strecke und Baureihe, bis zu 320 km/h. Die Gesamtlänge der französischen Schnellstrecken – lignes à grande vitesse (LGV) – beträgt rund 2.734 km. Die Rennstrecke Paris-Lyon erwies sich von Anfang an als großer kommerzieller Erfolg. Zwischen den angebundenen Städten haben die Reisen per TGV aufgrund der Zeitersparnis die Flugreisen weitgehend verdrängt. Und im Zusammenhang mit der Ankündigung der Regierung, Inlandsflüge mit Ausnahme der Feederflüge zu verbieten, wenn dieselbe Distanz in zweieinhalb Stunden auch it dem Zug machbar ist, erleben die heute meist blausilbernen Flitzer (Thalys in Weinrot-Silber, Eurostar Blaugelb-Silber) einen neuerlichen Aufschwung. Quelle: SNCF / DMM