Geschäftsreisen: Was war und was wird

Auf dem Höhepunkt der Covid-19-Pandemie verzeichneten Geschäftsreisen weltweit einen Rekordtiefstand. Seit Februar 2020 gaben die Corporate Travel 100 des Jahres 2021 von Business Travel News (BTN) nur noch einen Bruchteil ihrer ursprünglichen Budgets für Flugbuchungen aus- Das meiste Geld, so sagt es eine Handvoll US-amerikanischer Unternehmen, wurde für Rückführungsaktionen ihrer im Ausland befindlichen Beschäftigten ausgegeben.

Die meisten der Top 100-Unternehmen auf der diesjährigen BTN-Liste (Business Travel News Magazin, das weltweit bedeutendste Fachmedium für die Geschäftsreisebranche) haben 2020 den allergrößten Teil ihrer Dienstreisen gestrichen. Nur einige wenige Mitarbeitende von Infrastrukturprojektteams, auch solche, die kritische Kundenprojekte zu betreuen hatten, sowie Beschäftigte der Branchen Gesundheitswesen und Pharmazie traten Dienstreisen an, um den Betrieb bei ihren Kunden aufrecht zu erhalten. Viele wichtige Geschäftsabschlüsse konnten nur virtuell erfolgen. Dennoch meldeten etliche Unternehmen während der Pandemie erstaunlich gute Umsätze ohne dass es direkte persönliche Kontakte gab.

Die US-Nummer 1 bei Geschäftsreisen, Amazon, meldete nur 20 % seines 2019 in den USA gebuchten Flugvolumens, verdoppelte jedoch seinen Nettogewinn auf mehr als 21 Mrd. US-Dollar im Jahr 2020. Auch andere Unternehmen entwickelten sich gut. Nr. 2 Deloitte meldete für das Geschäftsjahr 2020 eine Umsatzsteigerung von 3,9 %. Die positive Entwicklung setzte im Geschäftsjahr 2021 (endete im Mai 2021) fort auf ein Plus von 5,5 %. Die Nr. 7 der Top 100, EY spricht von einem Umsatzplus von 4,1 % im  Geschäftsjahr 2020 und die Nr. 12, Microsoft, meldet für das Geschäftsjahr 2020 eine Umsatzsteigerung von 14 %. Allerdings waren längst nicht alle Unternehmen 2020 erfolgreich. Die Nr. 15 z.B., Siemens, meldet einen Umsatzrückgang von 2 % in 2020. Und obwohl die meisten Dienstreisen gecancelt waren, erholten sich die Umsätze im laufenden Jahr.

Funktioniert das Geschäft demnach auch ohne Geschäftsreisen? Auf den ersten Blick sieht es danach aus. Viele Unternehmenslenker und ihre Finanzvorstände drückten ihre Genugtuung darüber aus, dass sie hohe Ausgaben eingespart haben, weil sie die Geschäftsreisen stark reduziert hatten. Amazon CFO Brian Olsavsky nannte z.B. Einsparungen von 1 Mrd. USD im vorigen Jahr. Die meisten befragten Firmen wollten sich aber zu den Einsparungen dank weitgehend gestoppter Dienstreisen nicht äußern. Die Pandemie hat eine Situation geschaffen, in der fast alle Unternehmen weltweit ohne den Vorteil persönlicher Interaktionen agieren mussten. Das daraus ein Wettbewerbsnachteil zu schlussfolgern ist, lässt sich angesichts der Ergebnisse der Unternehmen nicht sagen. Tatsache ist, dass sich die erhoffte Erholung des Geschäftsreisemarkts bis jetzt nicht eingestellt hat, jedenfalls nicht im erhofften Umfang.

Prognosen. Der leider eingetretene Anstieg der Covid-19-Delta-Variante dämpfte im dritten Quartal 2021 die bereits eingesetzte Erholung der Geschäftsreisen. Verzeichnete z.B. die Airlines Reporting Corp. am 11. Juli 2021 eine Erholung von 48,5 % bei den Geschäftsreisebuchungen in Nordamerika im Vergleich zur entsprechenden Woche des Jahres 2019, so sah es in der Woche ab 19. September wieder etwas schlechter aus: Registriert wurden da nur noch 37 % im Vergleich zur entsprechenden Woche von 2019. Als ermutigendes Signal sieht der US-Geschäftsreiseverband Global Business Travel Association (GBTA) die bevorstehende Öffnung der US-Grenzen für internationale Reisende ab 01. November.

  • Mehr digitale Meetings. Viele Unternehmen im Corporate Travel 100 von BTN sehen eine Zukunft, in der virtuelle Meetings zumindest einige Geschäftsreisen ersetzen werden. Das betrifft vor allem interne Meetings. Viele Firmen haben in verbesserte Technologien und Plattformen investiert, um bessere virtuelle Interaktionen zu ermöglichen.
  • Umweltverantwortung – Die Reduzierung von Geschäftsreisen und Strategien für virtuelle Meetings tragen ebenfalls zu einem verstärkten Fokus auf Nachhaltigkeit von Geschäftsreisen bei. Angesichts der wachsenden Besorgnis über den Klimawandel machen sich immer mehr Führungskräfte und Reisemanager Gedanken, wie Dienstreisen künftig umweltfreundlicher vonstatten gehen können.
  • Sicherheit und Wohlbefinden der Reisenden – Zumindest seit Beginn der Erholung von Geschäftsreisen konzentrieren sich viele Firmen auf das Wohlbefinden und die Fürsorgepflicht für ihre Reisenden. Einige wenige Unternehmen haben ihre Reiserichtlinien dergestalt gelockert, dass sie nun ihren reisenden Mitarbeitender erlauben, wieder mehr Premiumsitze nutzen zu dürfen, um die Abstandsregeln wenigstens einigermaßen hinzubekommen. Die Branche sieht möglicherweise auch mehr Spielraum bei den Hotelklassifizierungen, also Übernachtungen z.B. in 4- statt in 2- oder 3-Sterne-Häusern. Damit könnten sie sicherstellen, dass sich ihre Business Traveller mehr geschätzt und besser unterstützt fühlen. Generell werden Unternehmen unterschiedliche Ansätze verfolgen: Einige werden mehr Compliance mit den bevorzugten Lieferanten des Unternehmens fordern, andere lockern ihre Travelpolicies, wieder andere konzentrieren sich auf verbesserte Kommunikation bzw. Vernetzung mit ihren Reisenden und die Digitalisierung des Reiseerlebnisses.
  • Genehmigung vor der Reise. In den allermeisten Unternehme ist eine Genehmigung vor der Dienstreise Pflicht. Nur ganz wenige hatten in der Vergangenheit darauf verzichtet, werden davon aber abgehen. Generell wird die Notwendigkeit von Reisen genauer geprüft werden.
  • Beziehungen zu den TMCs. Eine ganze Reihe von Unternehmen wechselte 2020 seine Geschäftsbeziehungen betreffend die Geschäftsreisebüros. Google (Nr. 21) z.B. beauftragte AMEX GBT ebenso die Nr. 74 Eli Lilly & Company sowie die Nr. 98 PayPal. BP (Nr. 87) wechselte zu Egencia und FCM schnappte sich drei der Top 100. Die Wechselbeziehungen stehen im direkten Zusammenhang mit drastisch reduzierten weltweiten Reisevolumina, unter denen die TMCs ganz besonders leiden und die gezwungen sind, auf Teufel komm‘ raus neue Kunden zu akquirieren. Auch ohne einen Wechsel der Travel-Management-Partner teilten mehrere der Top 100-Unternehmen mit, dass sie Änderungen in ihren Geschäftsvereinbarungen mit den bestehenden Travel Management Companies durchgesetzt haben, nämlich weg vom Transaktionsgebührenmodell.

Die BTN-Rangliste der Top 100
1. Amazon
2. Deloitte
3. FedEx
4. Apple
5. KPMG LLP
5. The Walt Disney Co.
7. EY
8. Raytheon Technologies
9. PWC
10. Accenture
11. Lockheed Martin
12. Microsoft
13. The World Bank
14. Boeing
15. Siemens
16. McKinsey & Co.
17. IBM
18. Facebook
19. The Church of Jesus Christ of Latter-Day Saints
20. GE
21. Google
22. Comcast
22. ExxonMobil
24. Bank of America
24. JPMorgan Chase & Co.
24. Publicis Groupe
27. WarnerMedia (Formerly Time Warner)
28. UPS
29. General Dynamics
29. TPG
31. Roche
32. Johnson & Johnson
33. Boston Consulting Group
34. Abbott
35. Ebara
36. Wells Fargo
37. SAP
38. Oracle
39. UnitedHealth Group
40. Leidos
41. Dell Technologies
42. Cisco
43. Chevron
44. Goldman Sachs
45. Amgen
46. Honeywell
46. Royal Dutch Shell
48. Aon
49. Stryker
50. Citi
50. Koch Industries
50. Salesforce
53. PepsiCo
54. General Motors
55. Merck & Co.
55. Walmart
57. Toyota Motor North America
58. Marsh & McLennan Cos.
59. Bayer U.S.
60. Boston Scientific
61. Astrazeneca
61. Intel
61. Novartis
61. Samsung
65. Nike Inc.
66. AbbVie
67. Morgan Stanley
68. P&G
69. Corning
70. Jacobs
71. IPG
72. BAE Systems
72. Cognizant
74. Eli Lilly & Company
75. Sanofi
76. International Monetary Fund
76. Nestle
76. Pfizer Inc.
79. 3M
79. Epic
79. GSK
82. Omnicom Group
83. Edwards Lifesciences
84. Coca-Cola
85. Caterpillar Inc.
86. Takeda
87. BP
87. Emerson
87. Hewlett Packard Enterprise
90. Liberty Mutual Insurance
91. ITW
91. Barclays
91. Dow Inc.
94. UBS
95. Bloomberg
96. Airbus
97. PayPal
98. LG Electronics

Quelle: BTN / DMM