Großer Donnerhall aus Brüssel

Der Umweltauschuss des Europäischen Parlaments (ENVI) hat am Donnerstag, 18. Oktober 2018, über die künftige europäische CO2-Regulierung für schwere Nutzfahrzeuge abgestimmt. Wie schon bei der Regulierung bei Pkw bahnt sich auch in Sachen Nutzfahrzeuge ein heftiger Streit an. Denn der VDA will weiterhin auf die umweltzerstörenden schweren Nutzfahrzeuge statt der tausendmal besseren Schiene setzen.

Eine Mehrheit aus S&D, Linken, Grünen, Liberalen und Populisten hat für eine Verschärfung der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Minderungsziele votiert, mockiert sich der Autoverband. Die europäischen Nutzfahrzeughersteller sollen nach Auffassung des Umweltausschusses die CO2-Emissionen neu zugelassener schwerer Nutzfahrzeuge bis 2025 um 20 % senken. Bis zum Jahr 2030 sollen eine Reduzierung von 40 % erreicht werden. Nach Vorstellung der EU-Kommission sollen die CO2-Emissionen ab 2019 um weitere 15 % bis 2025 und um insgesamt 30 % bis 2030 sinken. Außerdem haben sich die Parlamentarier faktisch für eine Quote von Null- und Niedrig-Emissionsfahrzeugen ausgesprochen und die schon im Kommissionsvorschlag vorgesehenen existenzbedrohenden Strafzahlungen bei Nichterfüllung beibehalten. Eine Anrechnung von E-Fuels soll nicht möglich sein. 

Dazu Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA): „Die Nutzfahrzeughersteller arbeiten seit Langem erfolgreich daran, den Kraftstoffverbrauch immer weiter zu reduzieren. Nutzfahrzeuge leisten ihren Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen in Europa. Der Umweltausschuss will die Latte nun allerdings so hoch legen, dass sie nicht mehr übersprungen werden kann. Die Vorstellung, dass man beispielsweise bis 2025 EU-weit auf einen Marktanteil von 50 % batterieelektischer Nahverkehrsbusse kommen könnte, ist realitätsfern. Schon die Vorstellungen der Kommission sind überambitioniert. Die europäischen Nutzfahrzeughersteller halten Minderungsziele von 7 % bis 2025 und 16 % bis 2030 für immer noch sehr anspruchsvoll, aber realistisch. Die EU-Parlamentarier schießen nun weit über das Ziel hinaus. 

Sehr kritisch zu bewerten ist auch die Höhe der Strafzahlungen, die mit 6.800 Euro pro überschrittenem Gramm pro Tonnenkilometer selbst große Nutzfahrzeughersteller in ihrer Existenz bedrohen könnten. Die Mischung aus unrealistischen Zielsetzungen, unverhältnismäßigen Strafandrohungen und faktischen Quoten für Niedrig- und Nullemissionsfahrzeuge wird für die Branche, aber auch für die gesamte Logistikindustrie ein massiver Kostentreiber sein.

Die Nutzfahrzeugindustrie hat mehr Transparenz und eine realistische Regulierung für schwere Lkw im Grundsatz immer unterstützt. Anders als bei Pkw gibt es bisher für schwere Nutzfahrzeuge noch keine belastbare Datenbasis für konkrete CO2-Ziele. Zudem unterliegt der Nutzfahrzeugmarkt eigenen Bedingungen. Die Betreiber von Lkw haben selbst das größte Interesse an einem niedrigen Kraftstoffverbrauch und fordern als Kunden immer sparsamere Fahrzeuge. Umweltschonendem Transport aber stehen alle ablehnend gegenüber, obwohl bekannt ist, dass der Lkw-Verkehr in Deutschland Jahr für Jahr mehrere hundert Mrd. Euro an Schäden verursacht und zu den Klimakillern gehört.

Nutzfahrzeughersteller bringen laut VDA immer effizientere Fahrzeuge auf den Markt, schon allein, um langfristig am Markt erfolgreich sein zu können. Außerdem werden Nutzfahrzeuge in einer Vielzahl von unterschiedlichen Varianten ausgeliefert, die jeweils enorme Auswirkungen auf die CO2-Emissionen des Fahrzeugs haben. Kaum ein Lkw läuft so vom Band, wie er anschließend auf der Straße in den Einsatz geht. Hinzu kommt, dass alternative Antriebe – anders als im Pkw-Segment – gerade für den schweren Langstreckenverkehr noch nicht marktfähig sind. Im Güterfernverkehr ist der effiziente Dieselmotor auf absehbare Zeit schwer zu ersetzen. Der Versuch, die CO2-Regulierung für Pkw und jene für Lkw in Gleichklang zu bringen, zeigt, dass in Brüssel nach wie vor zu wenig Verständnis für die Eigenheiten des europäischen Nutzfahrzeugmarktes herrscht.“ 

Darüber hinaus forderte Mattes eine innovationsfreundlichere Regelung für die Anrechnung von besonders umweltfreundlichen Fahrzeugen, wie z.B. Elektro-Busse oder elektrische Lkw für den urbanen Verteilerverkehr, und von klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffen. Mattes betonte: „Kommission und Parlament wollen hier deutlich zu enge Grenzen setzen. Gerade wenn die CO2-Regulierung starke Anreize für alternative Antriebe setzen soll, müssen solche Fahrzeuge mit niedrigen Emissionen und hohen Reichweiten wesentlich stärker berücksichtigt werden.“ Quelle DMM / VDA