Hickhack um Klimaziele und Autoverkehr

Harte Klimaauflagen der EU bedrohen die deutschen Autobauer, titeln einige Medien und auch der VDA sowie Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer melden ihre Bedenken an. Volkswahegenschaf Diess indes sieht sich und seinen Elektrokurs bestätigt.

Die Europäische Union verschärft ihr Klimaziel für 2030 deutlich. Um mindestens 55 % soll der Ausstoß von Treibhausgasen unter den Wert von 1990 sinken. Die Verschärfung soll helfen, das Klimaabkommen von Paris umzusetzen und die gefährliche Erwärmung der Erde zu bremsen. Das neue Ziel soll noch vor Jahresende an die Vereinten Nationen gemeldet werden. Nötig sind u.a. eine schnelle Abkehr von Kohle, Öl und Gas, ein rascher Umstieg auf Ökostrom und abgasfreie Fahrzeuge

Umweltverbänden snd die neuen Maßgaben zu lasch, der Autoindustrie viel zu heftig. U.a. hatte auch Deutschlands Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat vor überzogenen neuen EU-Klimazielen gewarnt. Und der Verband der Automobilinstrie meint, ambitionierte EU-Klimaziele seien nur zu erreichen, wenn EU und Mitgliedsstaaten grundlegende Voraussetzungen für den Hochlauf alternativer Antriebe und Kraftstoffe schaffen. Mitbedacht werden müssten zudem Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung und Technologieoffenheit.

VDA: Ja zu Klimazielen, aber... Die deutsche Automobilindustrie steht zu den Pariser Klimaschutzzielen und unterstützt das Ziel der EU, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. „Der European Green Deal eröffnet daher grundsätzlich die Möglichkeit, Klimaschutzpolitik nicht nur ambitionierter, sondern auch effizienter, konsistenter und damit letztlich wirkungsvoller voranzutreiben“, sagt Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). Der nun vorgelegte ,2030 Climate Target Plan‘ der Kommission wirft aber eine ganze Reihe kritischer Fragen auf“, so die VDA-Präsidentin. „Er kann, gerade vor dem Hintergrund der Corona-Krise, zu schwerwiegenden wirtschaftlichen Belastungen führen und in der Folge die Wettbewerbsfähigkeit Europas gefährden. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise werden in den aktuellen Plänen zudem nicht berücksichtigt.“

Die EU-Kommission will die EU-weiten CO2-Emissionen bis 2030 anstatt wie bisher geplant um 40 % nun um mindestens 55 % senken. Zugleich sollen die erst vor zwei Jahren verabschiedeten CO2-Flottengrenzwerte für Pkw bis 2030 von minus 37,5 % auf minus 50 % verschärft werden. Das bedeutet, dass die Neuwagenflotte dann einen Durchschnittsverbrauch von etwas mehr als zwei Liter Kraftstoff haben darf. Erreichbar ist dieses Ziel nur, wenn der Anteil der Elektrofahrzeuge in zehn Jahren auf mindestens 60 % der Neuwagen ansteigt. „Damit das gelingt, müssen die erforderlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden“, sagt die VDA-Präsidentin. Die Klimaziele seien jedoch äußerst dirigistisch und nur zu schaffen, wenn EU und Mitgliedsstaaten für grundlegende Voraussetzungen eines Hochlaufs alternativer Antriebe und Kraftstoffe sorgen.

„Das ,1 Mio.-Ladesäulen-Programm‘ der Kommission ist für Europa bei weitem nicht ausreichend und müsste massiv aufgestockt werden, ebenso wie die Programme der Mitgliedstaaten“, so Hildegard Müller weiter. Während der Verkauf von elektrisch aufladbaren Fahrzeugen in der EU von 2017 bis 2019 um 110 % gestiegen ist, hat die Zahl der Ladepunkte im selben Zeitraum nur um 58 % zugelegt. Dazu kommt, dass der notwendige synchrone Ausbau der Erzeugungskapazitäten für erneuerbaren Strom nicht gesichert ist.

Synthetische Kraftstofe sind ökoligischger Wahrnsinn. „Bis 2030 setzen wir natürlich schon jetzt den klaren Fokus auf den schnellen Hochlauf der Elektromobilität. Gerade mit Blick auf das Ziel eines klimaneutralen Verkehrs 2050 werden wir aber alle Optionen brauchen, auch zum Beispiel E-Fuels und Wasserstoff. Diese benötigen wir zudem, um auch den Bestand zu adressieren. Mit E-Fuels kann der Verbrennermotor einen Beitrag zu klimaneutraler Mobilität leisten. Einen Abschied vom Verbrenner, wie ihn die EU-Kommission internen Überlegungen zufolge bereits für 2030 anvisiert, ist es daher zu früh“, unterstreicht die VDA-Chefin. Was sie respektive der Autoverband völlig ignoriert, ist indes die Tatsache, dass die Produktion von synthetischen Kraftstoffen nach heutigem Stand der Dinge höchst unwirtschaftlich und alles andere als umweltfeundlich ist. Laut Wissenschaftlern und Energieexperten werden für die Herstellung von synthetischen Kraftstoffen immens hohe Mengen Strom benötigt. So braucht bei gleicher Strecke ein Automobil mit synthetischen Kraftstoffen fünf bis sechs Mal mehr Strom als ein Elektroauto. Zudem werden synthetische Kraftstoffe mindestens drei- bis viermal so teuer als etwa Benzin. Unter 5 Euro pro Liter wäre synthetischer Kraftstoff gar nicht zu haben. Die Wissenschaft vertritt die Meinung, dass synthetische Kraftstoffe für den Pkw-Massenverkehr nie ein Thema werden können.

Warum baut nur VW ene Batteriefabrik? Im Zusammenhang mit dem ,2030 Climate Target Plan‘ der EU-Kommission stellt sich auch die Frage, warum in Deutschland nur amerikanische und chinesische Unternehmen riesige Batteriefabriken bauen, während sich die deutsche Industrie das nicht zutraut. Einzig Volkswagen plant zusammen mit   dem schwedischen Unternehmen Northvolt eine Batteriefabrik in Salzgitter.

In einem Interview mit der Wirtschaftswoche hat VW-Konzernchef Herbert Diess gesagt, er sei mit den deutschen Zulieferern zwar immer im Gespräch. Viele Zulieferer seien in Sachen Batterieentwicklung und -bau aber der Ansicht, es sei zu spät für einen Einstieg. Dies hingegen ist vom Gegenteil überzeugt. Wenn der Green Deal der EU so kommt, wie er von der EU-Kommission nun veröffentlicht wurde, dann decken die bislang angekündigten Batteriefabriken in Europa nur etwa 5 bis 10 % des Bedarfs. Es bräuchte dann in Europa 40 große Batteriefabriken. Diess meint, für die großen deutschen Zulieferer wäre das eine lösbare Aufgabe. Auch für die klassischen Anlagenbauer. Denn da gehe es um Maschinenbau, Verfahrenstechnik, Chemie. Alles Dinge, die deutsche Unternehmen beherrschen. Quelle: EU / VW / VDA / DMM