Hotellerie weiter zwischen Hoffen und Bangen

Der Hotelmarkt ist nach zwei Jahren Ausnahmezustand noch weit vom Vorkrisenniveau entfernt. Die Hotellerie schwankt weiterhin zwischen Hoffen und Bangen, besagt ein Statement des Wirtschaftsforschungs- und Beratungsunternehmens Bulwiengesa AG.

 

Die deutsche Hotellerie tut sich nach wie vor schwer, ihre Häuser halbwegs voll zu bekommen. Foto: Unsplash

Vielerorts hat die touristische Nachfrage – wenn auch langsam – wieder angezogen. Entsprechend zeigten die Befragungen zum Immobilienklima zu Ende 2021 und Anfang 2022, dass sich die Stimmung in der Assetklasse Hotel nach rasanter Talfahrt im Jahr 2020 erholte. Doch bereits kurze Zeit später, mit Beginn des Krieges in der Ukraine, schwand bei vielen Akteuren die Hoffnung.

Dabei hat sich der deutsche Hotelmarkt aufgrund der hohen Professionalität aller Marktteilnehmer und der staatlichen Hilfspakete in der Krise bisher relativ gut behauptet. Die zu Beginn der Krise befürchtete Masseninsolvenz blieb aus, obwohl sowohl 2020 als auch 2021 die Übernachtungszahlen im deutschen Beherbergungsgewerbe um fast 40 % sanken. Gleichzeitig erzielten manche Ferienregionen in den Sommermonaten 2020 und 2021 höhere Tourismuszahlen als vor Corona, wovon auch der ein oder andere Hotelier profitiert haben dürfte. 

Gleichzeitig hat Corona große Teile des Hotelmarktes schwer getroffen. Und zwar besonders Hotels in deutschen Groß- und Mittelstädten, die vor Corona die touristische Nachfrage in Deutschland maßgeblich angetrieben haben und deshalb jahrelang bei Investoren hoch in der Gunst standen. In Städten mit über 500.000 Einwohnern lag der Übernachtungsrückgang 2021 im Vergleich zu 2019 bei 56 %. Bei genauerer Betrachtung einzelner Städte sind jedoch Unterschiede erkennbar. Während das Übernachtungsniveau in den zwölf Großstädten auch zu Beginn 2022 fast 50 bis 60 % unter Normal lag, war in kleineren Städten die Lage oftmals nicht ganz so dramatisch. Dies sorgt zunehmend dafür, das C- und D-Städte bei Betreibern und Investoren an Aufmerksamkeit gewinnen.

Mehr als fraglich ist auch, wie weltweit Unternehmen zukünftig mit Messen und Kongressen bzw. mit Geschäftsreisen im Allgemeinen umgehen werden. Diverse Befragungsergebnisse zeigen, dass viele Unternehmen ihre Reiseaktivitäten reduzieren werden. Entsprechend verlangt es schon einen gewissen Grad an Optimismus, um an ein baldiges Vor-Corona-Niveau und ein steigendes Ratenniveau zu glauben. Zumal der Wettbewerb in der Stadthotellerie in den letzten zwei Jahren nicht ab-, sondern zunahm, da vielerorts neue Hotels eröffneten und noch in Bau oder Planung sind. 

Die Hotellerie steht nicht nur auf der Erlösseite enorm unter Druck – die übrigens auch in den vergangenen Jahren nicht durch besonders hohe Zuwachsraten gekennzeichnet war. In den neun Jahren vor Corona stieg der RevPAR (Umsatz pro verfügbarem Zimmer) gerade mal um 29 %, in den beiden Corona-Jahren fiel er um 64 %, weshalb stützende Faktoren wie Liquiditätshilfen, Mehrwertsteuersenkungen, Kurzarbeitergeld oder Pachtsenkungen absolut notwendig waren, um Betriebe zu retten. 

Doch diese Maßnahmen sind größtenteils nur temporär, Hotelbetreiber belasten steigende Kosten. Allen voran die Löhne, die nun im Hotel- und Gaststättengewerbe endlich steigen, was angesichts der fehlenden Arbeitskräfte in der Branche und des erschreckend niedrigen Lohnniveaus im Hotel- und Gaststättengewerbe eine längst überfällige Maßnahme ist. Auf der Kostenseite stehen zudem steigende Energiekosten, steigende Waren- und Bezugskosten und steigende Baukosten, die durch die gegenwärtig hohen Inflationsraten nochmals befeuert werden. Dies gilt auch für Pachten bei Pachtbetrieben, die in der Regel indexiert sind.

Zudem müssen viele Betriebe in Digitalisierung und Nachhaltigkeit investieren, um zukunftsfähig zu bleiben. Beides kommt nicht überraschend, trifft die Branche jedoch zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt. Und auch am Thema ESG kommt die Hotellerie nicht vorbei, vor allem dann nicht, wenn sie investmentfähig sein will. 

Die Pandemie war nicht vorhersehbar, wohl aber die Notwendigkeit, Betriebe personalextensiver, digitaler und nachhaltiger sowie Portfolios mit höherer Diversität zu konzipieren, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Einige Betreiber, Investoren und Developer haben dies frühzeitig erkannt und sind deshalb bisher vergleichsweise gut durch die Krise gekommen. Entsprechend besteht derzeit vor allem Investoreninteresse an innovativen Hotelkonzepten, Serviced-Apartments oder betreiberfreien Objekten mit Restrukturierungspotenzial. Vielen Betriebe fehlen jedoch die Mittel, um jetzt zu investieren, weshalb der Weg, den der Hotelmarkt in den kommenden Monaten einschlagen wird, weiterhin unklar ist. 

Fazit. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind noch keine klaren Anzeichen zu erkennen, die für Entwarnung im deutschen Hotelimmobilienmarkt sprechen. Vielmehr ist damit zu rechnen, dass es in den kommenden Monaten zu weiteren Betriebsschließungen, Übernahmen und Umnutzungen von Hotelimmobilien kommen wird sowie zu sinkenden Immobilienpreisen und einem rückläufigen Neubauvolumen. 
Dies könnte mancherorts Probleme nach sich ziehen, da ohne attraktive Hotellerie kein Tourismus in Deutschland möglich ist. Der Tourismus trägt immerhin zu 7 % der Wertschöpfung Deutschlands bei und beschäftigt rund 9 % aller Erwerbstätigen in Deutschland. Die Zukunft der Hotelimmobilie hängt also nicht nur allein von der Rückkehr der touristischen Nachfrage ab, sondern von der Unterstützung aller, die direkt oder indirekt von einer attraktiven Hotellandschaft in Deutschland profitieren. Quelle: Bulwiengesa AG / Dierk Freitag / DMM