Hunsrück-Airport Hahn ist insolvent

Nach langem Siechtum schlitterte der Hunsrück-Flughafen Hahn (IATA-Code HHN) in die Insolvenz. Der seit 1993 aus US-Militärverwendung konvertierte zivile Airport, 80 km westlich der Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz, Mainz, ist sechsgrößter Frachtflughafen Deutschlands und wurde in erster Linie von Ryanair bedient. Wirtschaftlich auf gesunden Beinen stand der ursprünglich „Rhein-Mosel-Flughafen“ genannte Flughafen nie.

Mit dem Untergang des Hauptanteilseigners HNA Group - den undurchsichtigen Riesenkonzern will die Regierung in Peking nun zerschlagen - war auch das Schicksal des Hunsrückairports Hahn besiegelt. Die Geschäftsleitung musste Insolvenz anmelden. Foto Frankfurt-Hahn Airport

Der Flughafen Frankfurt-Hahn in Rheinland-Pfalz hat Insolvenz angemeldet. Das teilte das Amtsgericht Bad Kreuznach heute mit. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Frankfurter Rechtsanwalt Jan Markus Plathner ernannt. Auswirkungen auf die Flüge von und zu dem Regionalflughafen, der überwiegend vom Billigflieger Ryanair bedient wird, dürfte das Insolvenzverfahren zunächst nicht haben. Seit August 2017 ist die HNA Airport Group GmbH )der chinesische Mutter-Konzern HNA Group ist seit Januar 2021 pleite und wird laut Regierung in Peking zerschlagen) als Mehrheitseigner mit 82,5 an der Flughafengesellschaft Frankfurt-Hahn GmbH beteiligt. Das Bundesland Hessen hält 17,5 %. Der Standort gilt als Jobmotor: Mehr als 2.000 Menschen sind direkt am Standort beschäftigt.

Frankfurt-Hahn, so darf sich der Airport seit einer gerichtlichen Entscheidung nennen,  befindet sich auf einer Höhe von 503 m auf einer Hochfläche des Hunsrück-Hauptkamms im Dreiländereck der Landkreise Bernkastel-Wittlich, Cochem-Zell und Rhein-Hunsrück zwischen Hahn, Lötzbeuren, Bärenbach, Lautzenhausen, Sohren und Büchenbeuren, überwiegend in der Gemarkung Lautzenhausen. Die nächstgelegenen Oberzentren sind Trier, Koblenz und Mainz. Sein größtes Manko: Es fehlte von Anfang an an schnellen Straßen- und Schienenanbindungen.

Nach dem Ende der militärischen Nutzung hatten die US-Streitkräfte die Airbase Hahn am 30. September 1993 der zivilen Verwaltung übergeben. Die Landesregierung Rheinland-Pfalz plante seinerzeit im Rahmen der Konversion einen internationalen Flughafen, der den Rhein-Main-Airport von Frankfurt entlasten sollte. Der erste zivile Flug vom Flughafen Frankfurt-Hahn, ein Charterflug zum Flughafen Palma de Mallorca, fand am 22. Mai 1993 statt. Am 24. August 1996 landete erstmals eine Concorde der Air France auf dem Flughafen. Mit FTI Touristik begannen ab November 1998 auch Charter-Flüge der Britannia Airways zum Flughafen Puerto Plata in der Dominikanischen Republik. Der Touristikkonzern TUI weitete ab Mai 1998 seine Charter-Flüge mit Air Europa nach Mallorca aus. Seit dem 7. April 1999 fliegt auch der irische LC-Carrier Ryanair von Frankfurt-Hahn aus.

Eigens für Cargo-Langstreckenmaschinen wurde die Start- und Landebahn von 3040 m auf 3800 m nach Westen hin verlängert. Naturschutzbund Deutschland und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatten gegen den Ausbau geklagt, sich dann aber außergerichtlich mit der Betreibergesellschaft geeinigt.

Betreibergesellschaft ist die Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH (FFHG), an der seit 03. Februar 2009 (rückwirkend zum 01. Januar 2009) das Land Rheinland-Pfalz zu 82,5 % und das Land Hessen zu 17,5 % beteiligt waren, nachdem Rheinland-Pfalz den 65 %igen Anteil der Fraport AG zum symbolischen Preis von 1 Euro übernommen hatte. 2017 wurde der Anteil von Rheinland-Pfalz an den chinesischen Mischkonzern Konzern HNA Group verkauft, für schlappe 15 Mio. Euro. Die chinesische Unternehmensgruppe, ein äußerst undurchsichtiges Konglomerat, das drittgrößter Flugzeugvermieter der Welt war, weltgrößtes Bodenabfertigungsunternehmen der Marktführer für In-Air-Catering. HNA besitzt oder besser besaß Flughäfen, Frachtunternehmen, Reisebüros und Hotels in mehr als 100 Ländern sowie Anteile an der chinesischen Online-Reise-Buchungs-Site Tuniu. Nachdem der Regierung in Peking das Treiben des HNA-Management zu bunt geworden war, meldete der Riesenkonzern am 29. Januar 2021 Insolvenz an. Vorstandschef Tan Xiangdong und Verwaltungsratschef Chen Feng wurden von der Polizei verhaftet und sitzen seitdem hinter Gittern. Peking treibt die Zerschlagung des Konzerns mit seinen Luftfahrt- und Tourismustöchtern voran. Mit der Pleite der HNA Group endeten auch Zahlungen an den Flughafen Hahn.

Zahlungsunfähigkeit drohte schon 2012. Laut einem internen Bericht einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von 2012 drohte der Flughafengesellschaft Ende März 2013 die Insolvenz. Im Februar 2013 beschloss die Landesregierung von Rheinland-Pfalz, bis 2017 weitere 120 Mio. Euro für die Flughafengesellschaft bereitzustellen, um deren Zahlungsfähigkeit zu sichern. Durch die Bereitstellung des Geldes mittels Nachtragshaushalt wendete das Land Rheinland-Pfalz eine Insolvenz der Flughafengesellschaft ab.

Pläne, die Flughafen-Infrastruktur für 85 Mio. Euro an den Landesbetrieb Mobilität zu verkaufen und anschließend zurückzuleasen, wurden 2013 von der EU untersagt. Um einen Investor für den Flughafen zu finden, plante das Land Rheinland-Pfalz 2013, den Unterhalt von Straßen, Kanalisation und Gebäuden auf dem Flughafengelände in den Landeshaushalt zu überführen. Im November 2013 prognostizierte die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft bis 2017 einen jährlichen Verlust von 10 Mio. Euro.

Obskure Investoren. Angesichts von 132,8 Mio. Euro Schuldenlast (2014) leitete Rheinland-Pfalz eine Entschuldung ein und suchte nach einem neuen Betreiber. Als Käufer gab das Land am 06. Juni 2016 das chinesische Unternehmen Shanghai Yiqian Trading (SYT) bekannt, das einen Kaufpreis im niedrigen zweistelligen Millionenbereich zahle (DMM berichtete). Bei einer Pressekonferenz wurde auch die Shanghai Guo Qing Investment Company genannt. Dabei handle es sich um einen großen Baukonzern und den Investor hinter der SYT. Die genannten Unternehmen seien von der Prüfungsfirma KPMG geprüft. Laut dem vorgelegten Businessplan wollte der Käufer eine zweite Start- und Landebahn, ein Altenheim und ein Luxushotel auf dem Gelände bauen und die Hunsrückbahn wieder in Betrieb nehmen. Dann die große Überraschung: Der SWR fand jedoch heraus, dass die Unternehmen unbekannt seien. Am 29. Juni 2016 verkündete der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz, der Verkauf sei gestoppt, da die SYT mit einer Teilzahlung in Verzug sei. Dann kam heraus, dass mutmaßlich gefälschte Unterlagen bei der Ausschreibung vorgelegt worden waren. Ein im April 2017 veröffentlichtes Gutachten wies KPMG und Minister Roger Lewentz eine Vielzahl „grober und gröbster Versäumnisse“ nach. Die KPMG – die Berater hatten für ihre Bemühungen bis Mitte 2016 etwa 6,25 Mio. Euro kassiert - war auf einen Hochstapler hereingefallen.

Dann der nächste Hochstapler HNA Group. Nach dem geplatzten Verkauf des Flughafens wurde im Januar 2017 bekannt, dass nur noch mit einem Interessenten verhandelt werde, einer pfälzischen Firma und ihrem chinesischen Partner. Am 1. März 2017 bestätigte das Land Rheinland-Pfalz den Verkauf seiner Mehrheitsanteile an die chinesische HNA Airport Group, das Land Hessen dagegen sagte den Notartermin mit dem deutschen HNA-Partner, der ADC GmbH aus Deidesheim, kurzfristig ab. Am 31. Juli 2017 gab die EU-Kommission bekannt, dass die Richtlinien für Subventionen des Landes Rheinland-Pfalz bis 2024 durch einen soliden Wirtschaftsplan der HNA Airport Group gerechtfertigt sind, damit der Flughafenbetrieb ab 2023 wieder rentabel wird. Zu dem Zeitpunkt war im Reich der Mitte schon bekannt, dass es bei der zwielichtigen HNA Group finanziell nicht mit rechten Dingen zugeht.

Ende 2018 dementierte Ryanair Gerüchte, sich ganz vom Flughafen Hahn zurückziehen zu wollen. Gleichzeitig wurden zum Sommerflugplan 2019 mehrere Ziele gestrichen, darunter mit London-Stansted auch die über viele Jahre passagierstärkste Verbindung. Im Juli 2020 dann doch der Paukenschlag der Iren, als sie verkündeten, ihre Basis am Flughafen Hahn zum 1. November 2020 schließen zu wollen. Und jetzt meldete die Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH, die Betreibergesellschaft des Flughafens Frankfurt-Hahn, beim Amtsgericht Bad Kreuznach Insolvenz an. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte das Gericht den Frankfurter Anwalt Jan Markus Plathner. Letztlich ist die Insolvenz des Flughafens ein Ergebnis der Flughafenpolitik der Landesregierung, so Insider. Was aus den 300 Beschäftigten des Flughafens wird, steht derzeit in den Sternen. Quelle: wikipedia / DMM