IAA Mobility 2023: Die Gefahr aus dem Reich der Mitte wird deutlich

Das Festival der Mobilität, die IAA MOBILITY 2023, war ein voller Erfolg. Sagen der VDA als Veranstalter und die Messe München als Lieferant der Location. Vom 05. bis 10. September wurde München zum Zentrum der Zukunftsmobilität – ein etwas zu hoch gegriffener Begriff, denn die großen Mobilitätsplayer Luftfahrt und Bahn waren ja nicht zugegen und auch nicht Teil des Konzepts. Selbstbewusst traten vor allem die Asiaten auf und da zuvorderst die Chinesen mit ihren Elektroautos, Batterie- und Softwareanbietern.

BYD hatte den wohl größten Autostand in der Messe München. Foto: G. Zielonka

Auch der weltgrößte und innovativste Batteriehersteller zeigte, was Elektroautos heute schon können. Foto: G. Zielonka

BMW präsentierte den Vorgeschmack auf die neue Klasse. Foto: G. Zielonka

Der Cupra Tavascan erscheint in 2024. Foto: G. Zielonka

Viel besucht waren die Stände des Openspace, verteilt in der Münchner Innenstadt. Foto: VDA

VW zeigte den ID.GTI-Concept. Foto: G. Zielonka

Besucher vor allem aus Asien, nur wenige aus Nordamerika, kamen zur Leistungsshow der Innovationen auf dem Messegelände und der Mobilitäts-Show unter freiem Himmel in der Innenstadt. Mehr als ½ Mio. Menschen, zählt man die vielen Münchner und Zuseher aus dem Münchner Umland hinzu, kamen zur IAA MOBILITY 2023. Allein am Samstag besuchten über 100.000 Menschen den Open Space.

„Die diesjährige IAA MOBILITY 2023 war ein großer Erfolg und wegweisend für die Mobilität der Zukunft. Die deutsche Automobilindustrie ist selbstbewusst und zeigt sich entschlossen – wir sind bereit für die Herausforderungen der Zukunft. Wir sind zuversichtlich, mit unseren Innovationen im weltweiten Wettbewerb die Standards zu setzen. Die IAA MOBILITY ist ein Aufbruchssignal, die Automobilindustrie zeigt die Willensstärke und die Innovationsfähigkeit, die es braucht, um die Transformation zu einer gemeinsamen Erfolgsgeschichte zu machen. Die Bilder, die in den letzten Tagen aus München in die Welt gesendet wurden, zeigen, dass wir mit Zuversicht in die Zukunft blicken können und dass die deutsche Automobilindustrie ihre Mission – mit Innovationen und Leidenschaft die Menschen für ihre Konzepte und Lösungsansätze zu begeistern – mit voller Kraft angeht. Sie dokumentieren zugleich, dass wir entschlossen sind, dass Deutschland auch in Zukunft Autoland bleibt. Autoland im Sinne des Klimas, der Menschen und des Wohlstands“, sagt VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Die Chinesen zeigten, wo es lang geht. Was uns und auch den deutschen Medienvertretern aufgefallen ist: Zum einen waren in den Messehallen die deutschen Autobauer VW-Konzern, BMW, Mercedes und Opel mit mehr oder weniger mickrigen Ständen präsent, wohingegen die Chinesen um Elektro-Weltmarktführer BYD, Leapmotor, MG und wie sie alle heißen vor Selbstbewusstsein nur so strotzten. Der Stand  von BYD war etwa doppelt so groß wie der von Mercedes. Und BYS-Europachef Michael Shu ließ in der PK keinen Zweifel daran, dass sein Unternehmen in Deutschland der führende internationale Hersteller werden möchte. Zum anderen wurde in München die großen Fehler der deutschen Autoindustrie sichtbar, dass die Chinesen den deutschen Herstellern aus Wolfsburg, Ingolstadt, München, Stuttgart etc. in Sachen E-Mobilität den Rang abgelaufen haben. BYD & Co. haben mit ihren Autos einen digitalen Erlebnisraum mit bezahlbaren Elektroautos geschaffen. Immerhin versuchten sie den Riesenfehler, zu spät auf bezahlbare Elektroautos gesetzt zu haben, ein klein wenig gut zu machen. VW z.B. kündigte nur einen Elektrowagen der Poloklasse an, der zum Einstiegspreis ab 25.000 Euro zu haben sein soll.

Im Kontrast zu BYD-Chef SHU der BMW CEO: Oliver Zipse nutzte die Messe, um vor dem brandgefährlichen Verbrenner-Verbot zu warnen, das die EU für 2035 beschlossen hat. Gleichwohl stellte BMW „Die neue Klasse“ vor, die sich vor der chinesischen Konkurrenz nicht fürchten muss, wohl aber nur zu sehr hohen Preisen zu haben sein wird. Und darin liegt die große Gefahr, dass sich viele Autokäufer, auch gewerbliche Kunden, von VW & Co. abwenden. Denn in München wurde auch deutlich, dass Elektromobilität nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein soziales Thema ist. Bezahlbare BEV aus den deutschen Autoschmieden gibt es kaum, wohl aber von den Chinesen. Die stoßen mit mindestens gleichwertigen E-Modellen in eine Lücke, die ihnen die deutschen Hersteller mehr oder weniger gedankenlos überlassen haben. 

Ein Beispiel dafür liefert Mercedes: Ola Källenius und seine Philosophie, hartnäckig auf Luxusautos zu pochen, dürfte den Chinesen in die Hand spielen. Dazu passt die Meldung, dass sich die Zahl der Mercedes-Händler mehrt, die jetzt auch chinesische Marken aufnehmen, weil sie mit Mercedes-Fahrzeugen allein nicht mehr am Markt bestehen können. Ähnlich könnte es Audi ergehen. Die Ingolstädter wollen sich ebenfalls von den kleineren Modellen trennen und damit von hunderttausenden Kunden. Ein superteurer Q6, so toll er werden mag, dürfte den Abschwung nicht bremsen. Denn private wie gewerbliche Kunden schauen immer mehr aufs Geld, das hörten wir in vielen Gesprächen in den Messehallen und an den Ständen im Open Space.

Hochzufriedene Messeleitung. Die CEOs der Messe München GmbH Stefan Rummel und Reinhard Pfeiffer freuten sich, dass die zweite IAA MOBILITY 2023 in München so gut und sicher verlaufen ist, und sich das veränderte Konzept in München weiter etabliert hat. „Sowohl der IAA Summit für die Fachbesucher als auch der Open Space in der Innenstadt haben viel Anklang gefunden. Die Messe München, die bayerische Landeshauptstadt und der Freistaat Bayern als Gastgeber haben einmal mehr gezeigt, wie internationale Großereignisse erfolgreich umgesetzt und damit einzigartige Erlebnisse geschaffen werden können.“

750 Aussteller, über 300 Weltneuheiten. Insgesamt präsentierten knapp 750 Aussteller (davon ca, 2/2 aus Asien (!) aus 38 Ländern über 300 Weltpremieren und Neuheiten. Fast 30 % der Besucher kamen aus dem Ausland (aus 109 Ländern). Mehr als 3.700 Journalisten aus 82 Ländern hatten sich akkreditiert. Erstaunlicherweise hatten sich unseren Recherchen nach nur wenige deutsche Fachbesucher eingefunden. Kein Wunder: Fehlte doch der Großteil der Autohersteller aus Europa, USA, Korea und Japan. 

Über 500 hochkarätige internationale Redner gaben auf der IAA Conference exklusive Einblicke in die Zukunft der Mobilität. Darunter viele führende CEOs aus der Mobilitäts- und Techbranche, aber auch internationale Persönlichkeiten wie Oscar-Preisträgerin Natalie Portman, Marsmission-Anwärterin Alyssa Carson oder Sophia Kianni, Gründerin einer Klimaschutzinitiative. 

Die IAA MOBILITY kam bei den Besucher sehr gut an, so das Ergebnis einer Befragung der Gelszus Messe-Marktforschung. Viele deutsche Medienvertreter waren auch diesmal nicht überzeugt. Für den Großteil der Besucher stand das Auto im Vordergrund des Interesses; mehr als ein Viertel der Befragten kam wegen der ausgestellten Fahrrad- und Mikromobilität. 

Ein Fokus der IAA MOBILITY war der offene Dialog und konstruktive Austausch mit der Öffentlichkeit. Das Citizens Lab auf dem Münchner Marienplatz lud zu 65 Panels und Workshops zur Zukunft der Mobilität und Städteentwicklung ein. Auch die Angebote für Familien und die Kulturveranstaltungen wie die kostenlosen Open-Air-Konzerte sind auf außerordentlich hohes Interesse gestoßen.

Ein besonderes Highlight waren die zahlreich durchgeführten Testfahrten. Über 8.500 Testfahrten mit Pkw ermöglichten es Interessierten, die neuesten Auto-Mobilitätsinnovationen hautnah zu erleben. Rund 4.000 Fahrten mit Fahrrädern und E-Bikes belegen, dass die Fahrradteststrecken im Englischen Garten ebenfalls ein voller Erfolg waren. Freilich spielte das Fahrrad auf der Messe eine kaum beachtete Rolle. Kein Wunder: hat doch erst vor wenigen Wochen die internationale Leitmesse Eurobike in Frankfurt stattgefunden. 

„Für die IAA MOBILITY 2025 sind wir in guten und konstruktiven Gesprächen mit der Messe München GmbH“, sagt Hildegard Müller. Quelle: VDA / DMM