IATA: Neue Viruswellen können alle Vorhersagen zunichte machen

Das zögerliche Handeln der Politik gegen das mutierte Coronavirus wird furchtbare Folgen für die Bevölkerung haben, beklagt Melanie Brinkmann. Die Virologin fordert eine konsequente Eindämmungsstrategie, um einen Dauer-Shutdown zu vermeiden, der u.a. auch Dienstreisen stark beinträchtigt. Das spürt seit Wochen auch die Luftfahrt. Geschäftsreisende und privat fliegende Passagiere bleiben aus. Jetzt reagiert auch der Luftfahrt-Branchenverband IATA (International Air Transport Association) mit einem Worst-Case-Szenario für 2021.

IATA sorgt sich um die weitere Entwicklung der Luftfahrt. Foto: Kevin Hackert - unsplashed

2019 noch jubelte der Weltluftfahrtverband IATA über einen Erfolg: 2019 schrieb die Branche das zehnte Jahr in Folge Gewinne. Das gab es noch nie. 2020 wollte die Luftfahrtbranche insgesamt 35,5 Mrd. USD Gewinn schreiben, schätzte der Verband. Es kam anders. 2020 und auch 2021 gilt Tristesse. Im Spätsommer und Herbst 2020 sah es nach der viel zu frühen Lockerung der Maßnahmen ganz danach aus, also ob sich die Zivilluftfahrt schneller erholen könnte. Aber das mutierende Virus, sehr viel ansteckender und tödlicher als gedacht, macht allen optimistischen Prognosen einen Strich durch die Rechnung. Deutschland zählt mit jetzt schon über 61.000 Toten im Schnitt mehr Todesopfer als die noch vor wenigen Wochen „führenden“ USA.

Die meisten Unternehmen hier zu Lande trauen sich laut VDR-Beobachtungen einfach nicht, MitarbeiterInnen mit dem Flugzeug auf Dienstreisen zu entsenden, erst recht nicht zu Zielen, die nur transatlantisch oder transkontinental erreichbar sind. Das IATA-Management kalkuliert neuerdings mit dem schlimmsten aller denkbaren Fälle, dem nämlich, dass sich das mutierte Virus massiv auf allen Kontinenten rasch ausbreiten wird. Folge wird wahrscheinlich sein, dass viele Regierungen länger an harten Einreisebeschränkungen festhalten bzw. diese neu einführen.

Wenn es ganz schlecht läuft, kommt es zu einer nur marginalen Erholung und der Luftverkehr wird 2021 höchstens 38 % des Niveaus von 2019 erreichen. Laut dem scheidenden IATA-Generaldirektor Alexandre de Juniac bedeutet das für die Fluggesellschaften, dass sich ihre Situation zuspitzen statt entschärfen würde. De Juniac hatte noch im Herbst 2020 geglaubt, dass sich das Business in 2021 auf bis zu 50 % des Niveaus von 2019 erholen könnte. Die jüngste Vergangenheit beweist leider, dass das hoch gefährliche mutierte Virus auch per Flugzeug von Südafrika, Großbritannien etc. nach Kontinentaleuropa eingeschleppt worden ist.

Länder wie Australien haben ihre Grenzen für alle Ausländer bis 20222 dich gemacht. Finnland, Israel und Norwegen haben ebenfalls auf unbestimmte Zeit die Einreise aller Ausländer verboten. Es steht zu befürchten, dass dem Beispiel weitere Nationen folgen werden und damit die Luftfahrt noch tiefer heruntergefahren werden muss.

In ihrem Worst-Case-Szenario fürchtet IATA, dass die meisten Regierungen erst beim Erreichen der Herdenimmunität gegen Covid-19 ihre Grenzen wieder öffnen, das aber wird frühestens 2022 der Fall sein, für einige Länder vielleicht noch später, wird Brian Pearce, Chief-Economist bei IATA; unter Verweis auf medizinische Studien. Indes können neue Viruswellen auch die vorsichtig optimistischen Pläne in den kommenden Monaten zunichte machen, selbst wenn es zu einer besseren Versorgung mit Impfstoffen auch dank russischer Hilfe (Sputnik V) kommen sollte. Im Szenario der IATA heißt es, dass unter optimistischsten Annahmen zunächst die Verbindungen zwischen den entwickelten Industrieländern wieder aufgenommen werden, in erster Linie inländische bzw. Mittelstrecken, später sollen dann Langstrecken folgen, voraussichtlich als erste transatlantische. Quelle: IATA / DMM