Ist Zurückrudern bei der neuen StVO inakzeptabel?

Die vom Bundesverkehrsministerium getätigte Einschätzung, die in der StVO-Novelle festgelegten Sanktionen für zu schnelles Fahren seien „unverhältnismäßig“, kritisiert der ACE, Deutschlands zweitgrößter Autoclub, in aller Schärfe. Einer Abschwächung der Strafen für Raserei erteilt der ACE damit eine klare Absage. Der Bundesverkehrsminister sieht das anders.

Stefan Heimlich, Vorsitzender des Auto Club Europa: „Rasen ist kein Kavaliersdelikt, sondern gefährdet die Verkehrssicherheit und setzt Menschenleben aufs Spiel! Es ist inakzeptabel, wenn Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer jetzt die Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden den Wünschen einzelner Lobbyisten opfert. Die massive Verlängerung des Bremsweges sowie der Reaktionszeit bei zu hoher Geschwindigkeit sprechen eine unmissverständliche Sprache: Verkehrssicherheit darf kein Spielball von politischer Taktik sein!“

Der ACE befürwortet die Verschärfung der Bußgelder für Raserei in der kürzlich in Kraft getretenen Novelle der Straßenverkehrsordnung. Mit Blick auf die Steigerung der Verkehrssicherheit und für die Realisierung der „Vision Zero“ sind harte Sanktionen für schwere Verstöße gegen die StVO unabdingbar. Auch mit Blick auf die Sanktionen für Raserei in den Nachbarstaaten fordert der ACE deshalb, die Bußgelder und Strafen für eine erhebliche Geschwindigkeitsübertretung unverändert bestehen zu lassen. Wer rast, nimmt empfindliche Sanktionen und die Gefährdung anderer bewusst in Kauf und muss die Konsequenzen für sein Fehlverhalten tragen.

Auf der Website des Bundesverkehrsministeriums heißt es in einer aktuellen Stellungnahme des Bundesverkehrsministers: „Die letzte Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung war und ist ein Erfolg, weil wir die schwächeren Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger oder Fahrradfahrer besser schützen. Und wir haben in der letzten Zeit einfach Auffälligkeiten: viel mehr Unfälle, vor allem bei den Fahrradfahrern. Deswegen haben wir die Straßenverkehrsordnung angepasst. Und alle sind auch sehr zufrieden, vor allem auch diejenigen, die im Straßenverkehr die Partnerschaft suchen, vor allem in einer Stadt. Es ist nicht ein Gegeneinander, sondern ein Miteinander. Und wir müssen eben diejenigen besser schützen, die weniger Schutz um sich haben. 

Auf der anderen Seite haben die Bundesländer im Verfahren viele Anliegen (100 Anträge) gehabt. Da kam es an einer einzigen Stelle zu einer Verschärfung, die aus meiner Sicht unverhältnismäßig ist. Deshalb bitten wir die Bundesländer, dies wieder in den alten Stand zurückzubringen. Das bezieht sich auf die Geschwindigkeitsbeschränkungen innerorts von 21 km/h und außerorts 26 km/h. Jeder muss sich an die Regeln halten. Das ist klar. Aber manchmal kommt es zu Härten, die an dieser Stelle wieder in eine Verhältnismäßigkeit gebracht werden müssen. Deswegen bitten wir die Bundesländer an nur dieser einen Stelle - sonst bleibt alles andere gleich, was wir geregelt haben - das einmonatige Fahrverbot wieder auf den alten Stand zurückzubringen. Somit haben wir die Verhältnismäßigkeit wiederhergestellt. Und somit können wir mit einer neuen modernen Straßenverkehrsordnung auch dem gerecht werden, dass Schutz zum einen und eine Verhältnismäßigkeit zum anderen gewährleistet ist.

Die neue Straßenverkehrs-Ordnung bringt viele Verbesserungen für mehr Verkehrssicherheit. Sie schützt die schwächeren Verkehrsteilnehmer und stärkt Radfahrende. Die StVO hilft auch den Rettungskräften - das Blockieren von Rettungsgassen wird teurer. Die Bundesländer haben allerdings im Bundesrat zahlreiche Verschärfungen und Fahrverbote in die StVO eingebracht. Diese sind vereinzelt unverhältnismäßig. Zahlreiche Bürger, die auf ihr Auto angewiesen sind, haben uns geschrieben. Sie haben Angst, ihren Führerschein und damit ihren Job zu verlieren. Das BMVI arbeitet derzeit an einer Änderung und ist bereits auf die Bundesländer zugegangen, um deren für die Umsetzung notwendige Zustimmung zu erhalten.“ Quelle: ACE / BVMI / DMM