ITB im Zeichen von Pleiten und mangelhafter Nachhaltigkeit

Es ist eine unangenehme Frage für die Tourismusbranche: Muss nicht endlich die Bremse betätigt werden und muss nicht in Zukunft viel weniger geflogen werden, um den Klimawandel zu bremsen? Muss Fliegen nicht sehr stark verteuert werden? Die globale Erwärmung soll in diesem Jahrhundert maximal 1,5 °C betragen, aber vielerorts ist die Messlatte bereits gerissen mit schlimmsten Folgen. Noch so ein heißer und trockener Sommer wie 2018 in Deutschland, und so mancher Touristiker wird langsam aufwachen, denken Experten.

Entscheidend ist, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Jeder einzelne Bürger, Urlauber, geschäftsreisende Vielflieger usw. trägt aber besonders durch die boomenden Flugreisen sowie die schlimme Umweltverpestung durch Kreuzfahrtschiffe genau zu diesen Emissionen bei - ein Dilemma. Auf der einen Seite das Negieren der Entwicklungen in der Umwelt, auf der anderen Reisen als Wirtschaftsfaktor und zur Völkerverständigung.

Nachhaltigkeit ist auf dem ITB-Kongress ein Schwerpunktthema. Die Kernfrage lautet: Können wir in Anbetracht der internationalen Klimaziele in Zukunft noch so reisen wie bisher? Wissenschaftler erläutern auf der Reiseshow den Status quo und mögliche Maßnahmen. Bei Letzteren aber fehlt der Wille, sie auch durchzusetzen. Eine kurzfristige Verhaltensänderung ließe sich wohl nur durch massive Preissteigerungen beim Flugverkehr erreichen. Aber das wird wohl erst dann angegangen, wenn es auch in Deutschland zu großen Klimakatastrophen kommen wird. Bis dahin will kaum ein Verantwortlicher in der geschäftlichen wie privaten Touristik das Erlebnis Reisen einschränken ganz nach dem Motto "Nach uns erst die Sinntflut".

Ein weiteres Thema auf der ITB ist der Brexit. Verlässt nun Großbritannien die EU oder nicht? Wenn ja, harter oder weicher Brexit? Welche Folgen zu erwarten sind, dazu weiß niemand eine konkrete Antwort. Fakt ist: Der Brexit dürfte auch große Auswirkungen auf den Reiseverkehr haben. Die größte Unsicherheit betrifft die Flüge (siehe auch DMM Ausgabe März-April): Die EU-Kommission hat einen Notfallplan vorgelegt, wonach der Flugverkehr bei einem harten Brexit für eine Übergangsfrist bis Ende 2020 aufrechterhalten werden soll. Wie es längerfristig aussieht, weiß niemand. Von den Stornierungen sind potenziell nicht nur Flüge von und nach Großbritannien betroffen. Innereuropäische Flüge sind dann für UK-Airlines bei einem harten Brexit nicht mehr möglich. Deshalb hat beispielsweise Easyjet bereits eine Tochter in Österreich aufgebaut.

Ein weiteres heikles Thema: Die Airline-Pleiten und das Flugchaos, von dem viele glauben, dass es noch nicht überwunden ist. Nach Air Berlin, Small Planet, Azur Air, Germania, Flybmi werden auch 2019 noch einige folgen, die finanziell abstürzen und abertausende Kunden ihr Geld kosten. Denn wenn Fluggesellschaften pleite gehen, bleiben viele Kunden auf dem Geld für ihre gebuchten Tickets sitzen. Das betrifft Passagiere, die keine Pauschalreise gebucht haben. Der Frust darüber ist groß, Verbraucherschützer erwarten Lösungen. Auch der Deutsche Reiseverband (DRV) fordert nach den Airline-Pleiten der letzten Monate eine Insolvenzabsicherung für Airlines, so wie es sie in etlichen anderen Ländern schon gibt. Ob und wann diese jedoch auch in Deutschland kommt, ist völlig offen.
Hinzu kommt die Sorge, wie stabil der Flugverkehr im Sommer sein wird. 2018 waren unzählige Flüge ausgefallen oder verspätet. Die betroffenen Kunden warteten teils vergeblich auf rechtmäßige Entschädigungen. Andere - wie beispielsweise Direktkunden bei der Germania - haben ohnehin kaum Chancen auf eine Erstattung der stornierten Flüge.

Tipp: Vom 06. bis 10. März 2019 präsentiert sich das forum anders reisen, Dachverband für nachhaltigen Tourismus, auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin. Der Verband engagiert sich mit seinen mittlerweile knapp 140 Mitgliedern für die Förderung und Entwicklung von nachhaltigen Reiseformen und hat dafür eigenständige Kriterien aufgestellt. Am Messestand in Halle 4.1 können sich Besucher über die Arbeit des forum anders reisen in der nachhaltigen Tourismusentwicklung informieren. Dabei stehen aktuell die Themenfelder Klimaschutz, nachhaltiges Wirtschaften, Meeresschutz, CSR-Zertifizierung, umweltfreundliches Reisen, sozialverträgliche Destinationsentwicklung sowie Reisen ohne Plastik im Fokus der Reiseveranstalterorganisation. Auch hält der Verband den aktuellen Gemeinschaftskatalog Reiseperlen 2019 sowie einige Mitgliedskataloge mit nachhaltigen Reiseangeboten bereit. Quelle: ITB / DMM