Dass es in Deutschland rechtlich sehr wohl möglich ist, höhere Parkgebühren für größere Fahrzeuge wie SUVs zu verlangen, zeigt die Stadt Tübingen. Wer dort ein solches Auto fährt, muss für das Anwohnerparken im Jahr 180 Euro statt 120 Euro zahlen.
Das Straßenverkehrsgesetz bildet die Grundlage dafür, sagt Anna Leisner-Egensperger, Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Jena. Maßgebend ist dabei, dass SUVs mehr Parkfläche einnehmen als normalgroße Fahrzeuge. "Das wäre eben die Abschöpfung des in Anspruch genommenen Vorteils. Wenn man ein größeres Auto hat, hat man ja eine größere Verkehrsfläche, die man durch sein Auto in Anspruch nimmt und dann muss man auch für diese größere Verkehrsfläche mehr Geld zahlen."
Im Klartext: Wenn ein SUV anderthalbmal so groß ist, wie ein herkömmliches Auto, dürfen die Parkgebühren für den SUV maximal auch nur um das Anderthalbfache erhöht werden – mehr erlaubt das Gesetz nicht. Eine pauschale Verdreifachung wie in Paris wäre in Deutschland also nicht möglich.
Das zeigt auch das Beispiel der Stadt Freiburg im Breisgau, erklärt Henrik Karch, Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Dresden. "Die Stadt Freiburg wollte die Anwohnerparkausweise für größere Autos sehr viel teurer machen. Für lange Autos, also auch SUVs, sollte das Anwohnerparken doppelt so teuer werden, wie für einen Kleinwagen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht abgelehnt. Die Richter sagten: Diese Differenzierung sei eine unzulässige Ungleichbehandlung." Außerdem dürfen Kommunen auch nur für selbst betriebene Parkplätze die Gebühren festlegen. Die vielen privaten Parkhäuser beispielsweise entscheiden selbst über ihre Preise.
Nun wurde bekannt, dass Koblenz die Fahrer großer Autos beim Anwohnerparken mit höheren Anwohnerparkgebühren belasten will. Doch das Vorgehen der Stadtverwaltung könnte illegal sein, meint ein Verkehrsrechtler. Die Rheinland-Prälzische Metropole am Zusammenfluss von Rhein und Mosel hat sich nun ein System ausgedacht, das dem Fahrer eines großen Autos nahezu doppelt so viel Geld fürs Anwohnerparken aus der Tasche zieht wie dem Nachbarn mit dem Kleinwagen. Maßgeblich sind Länge und Breite des Autos laut Fahrzeugschein. Die Regeln sollen ab 01. März 2024 gelten. Zwar verweist Verkehrsrechtler Uwe Lenhart (55) auf eine angeblich einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung. So hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erst in anderen Fällen entschieden, dass für alle Autobesitzer trotz unterschiedlicher Fahrzeuggrößen das gleiche Gesetz gilt und sie nicht ungleich behandelt werden dürfen.
Beim Koblenzer Vorgehen, das die Fahrzeuglänge mit der Fahrzeugbreite multipliziert, sieht Lenhart das gleiche Problem. Der Verkehrsrechtler hält das Koblenzer System für illegal! Im Fall Frankfurt/M. wurde der Stadt untersagt, SUV-Haltern gar keine Anwohner-Parkausweise mehr auszuhändigen. Auf der anderen Seite erlaubt das Straßenverkehrsgesetz in Deutschland sehr wohl, dass unterschiedliche Parkgebühren verlangt werden dürfen.
Über viele Jahre waren die Gebühren für Anwohnerparkplätze gesetzlich streng geregelt gewesen. Aufgrund eines Bundesgesetzes durften Städte seit 1993 nicht mehr als 30,70 Euro pro Jahr erheben. Der ehemals bei 60 DM (Deutsche Mark) liegende Preis war fast drei Jahrzehnte lang nicht angepasst worden – bis im Juli 2020 der Bund das Straßenverkehrsgesetz änderte und die Obergrenze aufhob.
Die baden-württembergische Landesregierung nutzte alsbald die neue Freiheit und ermöglichte im Juli 2021 den Kommunen des Landes, in gewissen Grenzen über die Höhe der Gebühren selbst zu entscheiden. Die Stadt Freiburg erhöhte daraufhin zum 01. April 2022 die Gebühren für Anwohnerparkausweise deutlich – der knappe Parkraum müsse sich auch in den Preisen niederschlagen, so die Argumentation.
Seither lag die Parkberechtigung in Freiburg bei durchschnittlich 360 Euro im Jahr. Der Preis wurde je nach Platzbedarf der Fahrzeuge gestaffelt – auch um den Besitz großer, öffentlichen Platz beanspruchender Fahrzeuge unattraktiver zu machen: Autos mit einer Länge von weniger als 4,21 Meter mussten 240 Euro bezahlen, solche mit einer Länge von mehr als 4,70 Meter hingegen 480 Euro. Empfänger von Sozialleistungen und Personen mit Behinderung erhielten Preisnachlass.
Genau diese Punkte wurden der Stadt nun zum Verhängnis. Die mit diesen Sprüngen einhergehende „beträchtliche Ungleichbehandlung“ – also ein deutlicher Preissprung aufgrund von wenigen Zentimetern Unterschied in der Fahrzeuglänge – sei nicht zu rechtfertigen, so das Gericht. Für die Ermäßigung und den Erlass der Gebühren aus sozialen Gründen fehle ebenfalls eine Rechtsgrundlage. Quelle: MDR / taz / DMM