Jetzt unbefristeter Streik bei der Bahn

Die Lokführergewerkschaft hat ihre Mitglieder zu einem unbefristeten Streik aufgerufen. Ab Mittwochmorgen 02 Uhr sollen für den Personenverkehr der Deutschen Bahn alle Signale auf rot stehen. Geschäftsreisende steigen entweder aufs Auto um, sofern es sich um innerdeutsche Reisen handelt oder sie verschieben Ihren Trip. Weitere Möglichkeit, sie fahren Risiko und warten, ob ein Zug fährt.

Ab Mittwoch früh 02 Uhr sollen nach dem Willen der GDL keine Personenzüge mehr fahren. Ende Ende des neuerlichen Streiks wurde nicht benant. Foto: DMM

Seit fast einem Jahr versucht die Deutsche Bahn die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) mit allen Mitteln in die Tarifeinheit zu zwingen. Die GDL hat jedoch das grundgesetzlich verbriefte Recht und nimmt es auch in Anspruch, um für ihre Mitglieder des Zugpersonals in den DB-Eisenbahnverkehrsunternehmen Tarifverträge zu verhandeln und vor allem auch abzuschließen, so die GDL. Sie wird sich mit ihren Tarifverträgen nicht dem Tarifdiktat der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und der DB unterziehen.

Die GDL hat im Vorfeld der von ihr initiierten Verhandlungen von Freitagmittag bis Sonntagabend sogar eine Schlichtung angeboten, wenn ihre grundgesetzlich garantierten Rechte gewahrt sind. Das hat die DB jedoch am Samstagnachmittag erneut abgelehnt und die Verhandlungen verlassen. Zuvor hat sie der GDL schriftlich mitgeteilt: "Die beiden letzten Tage haben gezeigt, dass es offenbar nicht möglich ist, in freien Verhandlungen zu einem Ergebnis zu kommen. Wir teilen Ihnen deshalb mit, dass wir keine weiteren Verhandlungen außerhalb eines Schlichtungsverfahrens führen werden."

Konträr klingt es beim DB-Management: Danach sei angeblich die GDL am Sonntag nicht zu Gesprächen erschienen. GDL-Bundesvorsitzender Claus Weselsky: "Auch die DB muss wissen, dass sie sich die Welt nicht machen kann, wie sie ihr gefällt. Alleiniges Ziel der DB ist es, im Gesamtpaket einer Schlichtung, die Tarifpluralität "weggeschlichtet" zu bekommen. Klappt das nicht, soll der Tarifabschluss durch end- und ergebnislose Verhandlungen bis zum Inkrafttreten des Tarifeinheitsgesetzes im Juli 2015 verschleppt werden, damit sie ausschließlich mit ihrer Hausgewerkschaft EVG arbeitgeberfreundliche Tarifverträge schließen und die Spaltung des Lokomotivführerberufes fortsetzen kann." Somit bleibt der GDL keine andere Wahl, als nach dem Ultima-Ratio-Prinzip erneut ihre Mitglieder zum Streik aufzurufen:

  • im Güterverkehr ab Dienstag, 19. Mai 2015, 15 Uhr
  • im DB-Personenverkehr ab Mittwochmorgen, 20. Mai 2015, 02 Uhr.
  •  Das Ende des Streiks wird die GDL gesondert 48 Stunden zuvor bekannt geben. Das ist somit kein unbefristeter Arbeitskampf, weil er ein von der GDL bekannt gegebenes Ende haben wird.

Noch während des achten Streiks vom 04. bis 10. Mai 2015 ließ der DB-Vorstandsvorsitzende Rüdiger Grube über die Medien seinen Plan A verbreiten. Die GDL sollte ihren Arbeitskampf abbrechen, weil die DB den ehemaligen brandenburgischen Ministerpräsident Matthias Platzeck als "neutralen Beobachter" im Tarifkonflikt benannte. "Das konnten wir nur als PR-Gag verstehen: Denn über die grundgesetzlich geschützte Koalitionsfreiheit darf kein Beobachter oder Schlichter vermitteln, moderieren oder auch schlichten", so Weselsky. Plan B, dass der GDL-Dachverband dbb die GDL in eine Schlichtung zwingen soll, war ein Rohrkrepierer. Vielmehr hat der dbb-Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt erneut klargestellt, dass der dbb hinter der GDL steht.

Plan C hörte sich zunächst ganz vernünftig an: ein Hintergrundgespräch zwischen GDL und DB, das sogar in Tarifverhandlungen von Freitag bis Sonntag mündete. Sie sind aus einem einzigen Grund gescheitert: der Tarifeinheit. Präzedenzfall sind dabei die 2.500 Lokrangierführer, die auf Strecke fahren, somit Streckenlokomotivführer sind. Sie müssen als solche entlohnt werden und dürfen nicht weiter als billiger Jakob eingruppiert werden. Die DB verschiebt immer mehr Leistungen der Streckenlokomotivführer zu den bisher insgesamt 3.100 Lokrangierführern, um billiger zu produzieren und um sie der GDL zu entziehen. In der Europäischen Union ist hingegen klar geregelt: Es gibt lediglich Lokomotivführer, die auf den Strecke unterwegs sind und jene, die nur im Bahnhof rangieren. Und in Deutschland ist diese Richtlinie bereits in der Triebfahrzeugführerscheinverordnung umgesetzt.

Das Zugpersonal ist hoch belastet.

1. Obwohl Lokomotivführer und Zugbegleiter nur 15 % der 200.000 DB-Beschäftigten in Deutschland ausmachen, entfallen auf sie 4 Mio. der insgesamt 7 Mio. Überstunden und Urlaubsrückstände. Allein die Lokomotivführer schieben 3 Mio. Stunden vor sich her, was rund 1.800 Vollzeitstellen entspricht. Lediglich 300 Lokomotivführer sollen zusätzlich eingestellt werden. Weselsky: "Das soll die Entlastung des gesamten Zugpersonals sein." Deshalb müssen die Überstunden auf 50 im Jahr begrenzt werden, damit mehr Zugpersonal eingestellt wird.

2. Durch den unregelmäßigen Schichtdienst kann das Zugpersonal Familie und Beruf ohnehin nur schwer vereinbaren. Daher sind Verbesserungen bei den Ruhetagen, der Schichtfolge sowie der Anrechnung der Arbeitszeit unabdingbar. Allein bei Nachtarbeit ist für die Gesundheit der stark belasteten Kollegen ein Zeitzuschlag allemal wichtiger als Geld. 

3. Die Wochenarbeitszeit ist um eine auf 38 Stunden zu verringern, das schafft Raum für Familie und Freunde.  Unsere Mitglieder haben klar aufgezeigt, dass für sie die Verringerung der Belastung erste Priorität hat. Dafür nehmen sie einen moderaten Entgeltabschluss unterhalb von fünf Prozent gerne in Kauf.

Hunderte Millionen für Streiks verpulvert. "Die DB muss endlich aufhören, hunderte Millionen für Streiks zu verpulvern, und schlicht und einfach mit uns über unsere Mitglieder unabhängig von ihrer Hausgewerkschaft verhandeln, so wie es viele andere Eisenbahnunternehmen schon getan haben", so Weselsky. Es gibt zig Bahnen, beispielsweise die Hessische Landesbahn, die Vogtlandbahn, die Albtal Verkehrsgesellschaft und die NordWestBahn, die für ein und dieselbe Berufsgruppe unterschiedliche Tarifverträge haben. Und die partiellen Anpassungen bei Personaleinsatzplänen sind im Verhältnis zu den Streikkosten ohnehin nur ein Klacks. Weselsky weier: "Aber auch über die Kosten des Streiks scheint sich der DB-Vorstand keine Gedanken zu machen, denn letztendlich steht dafür ohnehin der Steuerzahler gerade, weil die DB einfach weniger oder gar keine Dividende abführt. Deshalb muss der Eigentümer Bund nicht das Zugpersonal zur Mäßigung rufen, vielmehr sollte er dem Vorstand die Verschwendung von Steuergeldern untersagen."

Die Deutsche Bahn verurteilt den de facto unbefristeten Streik der GDL auf das schärfste als Schikane für viele Millionen Menschen und fordert erneut nachdrücklich zu einer Gesamtschlichtung auf. Gerade eine Streikankündigung über die besonders reisestarken Pfingsttage trifft Reisende in ganz Deutschland besonders hart, erklärte die DB. Erst am Wochenende wurden 20-stündige vertrauliche Gespräche geführt. Hierzu hatte die DB u. a. auch ein neues umfangreiches Angebot für die Berufsgruppe der Lokrangierführer vorgelegt, einem der Streitpunkte. Die GDL hatte die Vorschläge als durchaus einigungsfähig und intelligent bezeichnet, lehnte diese anschließend jedoch zur Überraschung der DB aus politischen Gründen ab. Die DB bereitet erneut einen Ersatzfahrplan vor und wird diesen am Dienstag in den Auskunftssystemen veröffentlichen. Ziel des Ersatzfahrplans ist die Sicherstellung einer stabilen Grundversorgung. Quelle: GDL / DB / DMM