Keine messbaren Erfolge

„Der Deutsche ist der stärkste Mensch der Welt. Kein anderer bekommt so viele Bären aufgebunden und läuft noch aufrecht“ – dieser Spruch hat für viele Bereiche der deutschen Politik und erst recht bei der Klimadiskussion großen Wahrheitsgehalt. So schwadronieren die Koalitionspolitiker, was sie alles zum Schutz des Klimas tun wollen, ihre Handlungen aber sind diametral zu dem, was sie an Sprechblasen von sich geben. Beispiel Subventionen für fossile Brennstoffe: Die steigen nach wie vor, während die Investitionen in erneuerbare Energien kaum noch steigen.

Erneuerbare Energien – Strom und Wärme aus Sonne, Wind, Wasserkraft oder Geothermie: Erneuerbare Energiequellen sollen als umweltfreundlichere Alternative fossile Brennstoffe und Atomkraft mehr und mehr ersetzen – haben 2018 mehr als 26 % zur globalen Stromproduktion beigetragen. Damit setzt sich das Wachstum der klimafreundlichen Energien zwar fort, doch noch immer verläuft der Übergang zu sauberer Energie nicht schnell genug, um mit dem Paris-Abkommen in Einklang zu sein. Den Grund dafür sieht ein aktueller Bericht des Erneuerbaren-Netzwerks Ren21 (Experten mit 50 Vertretern von Industrie, NGOs, Regierungen und Wissenschaft) vor allem in falschen politischen Rahmenbedingungen und den immer noch enormen Subventionen für fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas, heißt es in einem Beitrag der Süddeutschen Zeitung.

Rana Adib, Generalsekretärin von Ren21: Weltweit ging die investierte Summe von 326 Mrd. US-Dollar auf 289 Mrd. zurückging, wurde das vierte Jahr in Folge bei erneuerbaren Energien deutlich mehr Stromerzeugungs-Kapazität installiert als bei Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken. Die gesamte Erneuerbaren-Kapazität legte um fast 10 % zu.
Allein die zusätzlich installierten Solarzellen würden demnach reichen, um ein Viertel des Strombedarfs von Frankreich zu decken. Inzwischen tragen die Öko-Energien zu mehr als einem Viertel zur Stromproduktion bei. Auch die Befürchtung, dass schwankende Größen wie Wind und Sonne sich nicht ins Netz integrieren lassen, ist eindeutig entkräftet: Seit dem Jahr 2000 hat sich die Stromerzeugung aus solchen variablen Quellen verzehnfacht. Neun Staaten, darunter Deutschland, Uruguay und Irland, decken mehr als ein Fünftel ihrer Stromerzeugung aus Wind und Sonne; in Dänemark beträgt der Anteil sogar mehr als 50 %.

Doch der Bericht enthält auch ein großes Aber: Auf den Strombereich, in dem die Erneuerbaren einigermaßen stetig - wenn auch nicht schnell - zulegen, entfallen nur rund 17 % des gesamten Energieverbrauchs. Viel mehr, nämlich rund die Hälfte der verbrauchten Energie, geht für Heizen und Kühlen drauf. Das verbleibende Drittel entfällt auf den Transportsektor. Und in diesen beiden großen Bereichen passiert noch immer nahezu nichts.

"Das ist sehr besorgniserregend, wenn man bedenkt, wie wenig Zeit übrig ist", sagt Adib - etwa mit Blick auf das im Paris-Abkommen festgelegte Zwei-Grad-Ziel, für das die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas eigentlich binnen weniger Jahrzehnte aufhören müsste. Zwar sieht sie im Verkehrsbereich durchaus ein Umdenken, immerhin werde der nötige Umbau diskutiert. Aber ähnlich wie in Deutschland, wo trotz aller Debatten der CO₂-Ausstoß des Verkehrs seit 1990 nicht zurückgegangen ist, haben sich die Überlegungen bislang nicht in messbaren Erfolgen niedergeschlagen. Lediglich 1/30 des Energiebedarfs im Verkehr wird mit den - ohnehin umstrittenen - Bio-Treibstoffen oder mit Ökostrom gedeckt.

Als Grund für die Stagnation sehen die Autoren Versäumnisse in der Politik. So ergriffen 135 Länder Maßnahmen zur Förderung von Solar-, Wind- oder Wasserstrom, aber nur 70 Staaten fördern Erneuerbare im Verkehr. Hinzu kommt: Im Jahr 2017 flossen 300 Mrd. USD in Subventionen für fossile Brennstoffe, etwa für verbilligtes Benzin. Das sind 11 % mehr als im Vorjahr und ungefähr doppelt so viel wie die Summe, mit der erneuerbare Stromerzeugung gefördert wird. Dabei sind diese Subventionen nur ein kleiner Teil der realen Kosten: Mindestens 5,2 Billionen US-Dollar (ca. 4.500 Mrd. Euro) kommen zusammen, wenn man auch die externen Kosten der fossilen Brennstoffe einrechnet - also etwa Kosten durch Luftverschmutzung. Sie werden nicht den Verursachern, sondern der Allgemeinheit aufgebürdet. Quelle: Süddeutsche Zeitung / DMM