Klageflut gegen die Airlines

Mehr als 70.000 Klagen gegen Airlines in Sachen Entschädigungen für ausgefallene oder verspätete Flüge liegen bei den Gerichten an den Standorten größerer Flughäfen Deutschland vor. Laut Deutschem Richterbund sind die Zahlen der Klagen 2022 um rund 40 % in die Höhe geschnellt. Auch die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) meldet einen starken Nachfrageanstieg.

Spitzenreiter unter den Gerichten ist das Amtsgericht Köln mit rund 18.000 Fällen, ist einer Umfrage der "Deutschen Richterzeitung" zu entnehmen. Auf den Plätzen 2 bis 4 folgen Frankfurt/Main (über 11.300 Fälle) und Düsseldorf (ca. 9.000 solcher Klagen) sowie das für den BER zuständige Amtsgericht Königs Wusterhausen (mehr als 7.000 Fälle). Laut AG Frankfurt sollen die  Flug- und Reiseklagen 2022 etwa 44 % sämtlicher neuer Zivilsachen ausgemacht haben. Bis die Kläger aber ein Urteil erwarten dürfen, vergeht nahezu ein halbes Jahr. 

Ein Großteil der Fälle wird professionalisiert eingeklagt, also durch spezialisierte Anwälte, oft von einschlägigen Flugrechteportalen. Das Problem: Viele Zivilgerichte würden durch Massenverfahren auch zum Dieselskandal oder durch eine Flut gleichförmiger Verbraucherklagen teilweise blockiert. 

Viele Verbraucher wissen noch nicht, dass sie im Konfliktfall die Schlichtung als ein für alle Beteiligten vorteilhaftes Verfahren der Streitbeilegung nutzen können. Diejenigen, die bescheid wissen und nicht gleich zu einem Anwalt rennen möchten, wenden sich auch an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP). Die meldet für das vorige Jahr mit 25.660 Schlichtungsanträgen zum Luftverkehr mehr als doppelt so viele wie 2021  mit 12.175 Fällen. Von allen bei der söp neu eingehenden Schlichtungsanträgen entfielen 2022 auf den Bereich Flug 85 %, Bahn 12 %, ÖPNV 2 %, Fernbus 1 %, Reise 0,5 %, Schiff < 0,1 %. 2022 gelang in rd. 85% aller Schlichtungsfälle eine einvernehmliche Streitbeilegung. 

Im Berichtsjahr 2022 stieg der Falleingang – nach einem noch verhaltenen 1. Halbjahr, das eher 2021 fortschrieb – infolge diverser Problemlagen im sommerlichen Reiseverkehr ab dem Spätsommer vehement an. Allein von September bis Dezember 2022 gingen mehr als 16.000 Schlichtungsanträge ein, d.h. in diesen vier Monaten des Berichtsjahrs verzeichnete die söp einen höheren Falleingang als 2021 in Summe. Insgesamt erreichten die söp 2022 annähernd doppelt so viele Schlichtungsanträge wie 2021. Damit ist 2022 das Jahr mit dem dritthöchsten Falleingang seit der Gründung der söp (2009), hinsichtlich des jeweils letzten Tertials sogar das Jahr mit dem historisch höchsten Falleingang. 
Im Segment Flug gingen im Berichtsjahr 25.660 Schlichtungsanträge ein (2021: 12.175). Der Anteil der Flugfälle am gesamten Antragsvolumen betrug 84,7 % (2021: 78 %) und entspricht damit annähernd dem der Jahre 2019 und 2020 (jeweils 84 %). Abgeschlossen wurden im vergangenen Jahr 15.466 Flug-Fälle. Knapp die Hälfte (43 %) drehte sich um Annullierungen, 23 % um Verspätungen und 9 % um Probleme mit dem Gepäck.

3.746 Schlichtungsanträge bezogen sich 2022 auf das Segment Bahn (Fern-/Regionalverkehr). 2021 waren es 2.504 Anträge. Bezogen auf das söp-Schlichtungsaufkommen insgesamt hatten Bahnfälle 2022 einen Anteil von 12% (2021: 16%). Quelle: Deutscher Richterbund / SÖP / DMM