Klimafreundlich fliegen auf Jahrzehnte hinaus kaum möglich

In den kommenden Jahrzehnten wird wohl keine einzelne Technologie ausschlaggebend für eine klimaschonendere Luftfahrt sein, heißt es in einer Studie des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). Keine derzeit mögliche Strategie sei für sich genommen ausreichend, um die Emissionsziele zu erreichen, heißt es in einer aktuell vorgestellten Analyse, in der innovative Antriebe für einen klimaverträglicheren Luftverkehr untersucht wurden. Nötig sei stattdessen ein Technologiemix, der die Potenziale unterschiedlicher Bereiche nutzte, und natürlich, dass weniger geflogen und innerhalb Europas mehr die umweltfeunliche Bahn genutzt wird.

Die Luftfahrt wird es kaum schaffen, bis 2050 klimaneutral zu sein. Foto: Unsplah - Bing Hui Yay

Die Kurzstudie gibt einen Überblick über technische Innovationsbereiche, die zu einer klimafreundlicheren Luftfahrt beitragen können. Darüber hinaus werden Maßnahmen skizziert, die eine wichtige Rolle für die Zukunft einer klimaneutralen Luftfahrt spielen. Fakt aber ist laut TAB: Schnelle Lösungen seien weder bei Antrieben noch bei neuen Kraftstoffen zu erwarten. 

Professor Stefan Gössling, schwedischer Wissenschaftler und Professor an der Linnaeus University School of Business and Economics in Kalmar (Schweden) und am Department of Service Management der Universität Lund, fehlt im Bericht eine klare Aussage als Fazit: "Das Ziel einer auch nur annähernd klimaneutralen Luftfahrt ist bis 2050 unerreichbar, sofern nicht deutlich drastischere Maßnahmen wie Kerosinbesteuerung oder Einspeisequoten getroffen werden." Forschung- und Entwicklungsförderung könne die Probleme nicht lösen und mache außerdem den Staat mitverantwortlich für die Lösung. "Verantwortlich aber ist die Luftfahrt allein." 

Laut der TAB-Untersuchung hat die internationale Luftfahrt einen Anteil von ca. 3,5 bis 5 % an der anthropogenen Erwärmung. Zudem haben sich die von nur einem kleinen Teil der Weltbevölkerung verursachten klimaschädlichen Emissionen durch den Luftverkehr in den letzten 20 Jahren etwa verdoppelt und könnten angesichts des angenommenen Wachstums der Luftfahrt weltweit und in Deutschland ohne entsprechende Maßnahmen 60 % mehr CO2-Emissionen verursachen als noch 2019. Dabei steht CO2 nur für rund ein Drittel der Klimawirkung des Luftverkehrs. Die Nicht-CO2-Effekte – Rußpartikel, Wasserdampf, Schwefel- und Stickoxide (NOX), die zur Bildung von Kondensstreifen und Zirruswolken führen – spielen sogar eine weitaus bedeutendere Rolle, sind allerdings wissenschaftlich noch nicht in Gänze verstanden. Die Klimawirkung variiert zudem in Abhängigkeit von den zurückgelegten Strecken, den Reiseflughöhen sowie den eingesetzten Flugzeugen. 

Gegenwärtige Aktivitäten auf europäischer Ebene, etwa die Verschärfung des Emissionshandels oder neue Anreize zur Nutzung nachhaltiger Kraftstoffe, sind wichtige Treiber zur Weiterentwicklung des internationalen politisch-regulatorischen Rahmens für die Reduzierung der Klimawirkung des Luftverkehrs. Für die Entwicklung einer klimaneutralen Luftfahrt kommt deshalb politischen Strategien des Bundes und entsprechender Regulierung und Innovationsförderung eine entscheidende Rolle zu, um technischen Innovationen zur klimaverträglichen Gestaltung des Luftverkehrs jetzt und in Zukunft zu unterstützen.  

Neben der Optimierung der Lenkung von herkömmlichen Flugzeugen in der Luft zählen hierzu insbesondere nachhaltige Flugkraftstoffe, wie Biokraftstoffe oder E-Fuels, etwa auf Basis von grünem Wasserstoff, sowie neue Antriebskonzepte, wie elektrische Triebwerke, Wasserstoffbrennzellen oder Hybridsysteme, aber auch neue Designs, um etwa die Anforderungen zu berücksichtigen, die durch neue Antriebskonzepte und nachhaltige Flugkraftstoffe entstehen.

Mithilfe der genannten Innovationen im Kraftstoff- und Antriebsbereich lässt sich das Maß des Emissionsanstiegs begrenzen und so eine klimaverträglichere Luftfahrt gestalten. Bei der Umsetzung der möglichen Lösungsansätze kann dabei auf eine innovationsfähige Akteurslandschaft zurückgegriffen werden. Dadurch kann die deutsche Luftfahrtindustrie aufgrund der vorhandenen Technologieführerschaft einer Vorreiterrolle bei der Entwicklung klimaneutraler Flugzeuge spielen.

Klar ist aber auch: Eine vollständig klimaneutrale Luftfahrt lässt sich ohne eine Kompensation der Emissionen, eine Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre sowie eine Vermeidung von Flügen bzw. eine Verlagerung von Flügen auf andere Verkehrsträger nicht erreichen. 

Und: Keine der betrachteten Konzepte und Strategien ist für sich genommen ausreichend, um die Emissionsziele zu erreichen, sondern es braucht eine Kombination unterschiedlicher Maßnahmen, die die jeweiligen Stärken und Schwächen der Innovationen sowie unterschiedliche Anwendungsbereiche berücksichtigt. Nachhaltige Kraftstoffe stellen dabei den wichtigsten Innovationsbereich mit kurzfristigem Zeithorizont dar, da sie bereits heute in der Bestandsflotte einsetzbar sind und Emissionen senken können.  

Kurzfristig realisierbare Maßnahmen zum sofortigen Einsparen von Emissionen könnten deshalb eine Reduzierung des Aromatenanteils im Kerosin und die Erhebung einer Kerosinsteuer sein. Zu Maßnahmen, die erst mittel- bis langfristig ihre Wirkung erzielen, gehören beispielsweise die Vereinfachung von Standards und Zulassungsverfahren, damit innovative Lösungen ihr Potenzial entfalten können, „Klimafreundlich-Labels“ zur Steuerung der Nachfrage von Fliegenden sowie die Schaffung eines verlässlichen Investitions- und Innovationsumfeldes durch die Politik.

Eindämmen  der Geschäftsluftfahrt und Vielfliegerei. Ein spezielles Augenmerk könnte auf das Segment der Privatflugzeuge gelegt werden, die insbesondere für Kurzstrecken genutzt werden", heißt es vom Büro für Technikfolgen-Abschätzung. "Hier zeigt sich in Deutschland eine erhebliche Zunahme der durchgeführten Flüge, verbunden mit einem unverhältnismäßigen Anteil an klimaschädlichen Emissionen."

Auch Professor Stefan Gössling, sieht es als wichtig an, bei Maßnahmen gezielt zu berücksichtigen, wer pro Kopf besonders viele Emissionen verursache - nämlich eine sehr kleine Gruppe von Vielfliegern mit mehr als zehn Flugreisen pro Jahr. Diese Gruppe fliege häufig in der Premium-Klasse, die wiederum drei- bis fünfmal höhere Emissionen verursache als die Economy Class. "Diese Gruppe einzuschränken beziehungsweise zu mehr Flügen in der Economy zu zwingen, hat ein sehr hohes Emissionsminderungspotenzial", ist Gössling überzeugt. "Hilfreich wäre hier auch ein Verbot von Frequent Flyer Bonusprogrammen, die zu weiteren Reisen und Upgrades ermuntern."

Die TAB-Kurzstudie Nr. 6 gibt vor dem Hintergrund der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einen Überblick über wesentliche technische Innovationsfelder, die zu einer klimaverträglicheren Luftfahrt beitragen können. Im Fokus stehen die beiden Innovationsbereiche Kraftstoffe und Antriebskonzepte, die hinsichtlich ihrer Potenziale und Risiken analysiert werden. Hinzu kommen weitere Ansätze wie die Kompensation von Emissionen, die Steigerung der Effizienz sowie die Vermeidung von Flügen. 

Angesichts gesellschaftlicher, ökonomischer, ökologischer und politischer Treiber und Hemmnisse im Umfeld der Luftfahrt sowie einer Stärken-Schwächen-Analyse des deutschen Luftfahrtinnovationssystems werden schließlich Handlungsfelder und -optionen aufgezeigt, die sich politischen Entscheidungsträgern bei der Gestaltung einer klimaneutralen Luftfahrt bieten. Eine ausführliche Zusammenfassung der Kurzstudie mit zentralen Ergebnisse im Detail ist auf der Projektseite (https://www.tab-beim-bundestag.de/projekte_innovative-antriebe-und-kraftstoffe-fur-einen-klimavertraeglicheren-luftverkehr.php#block4321) zu finden.

Ein zentrales Ergebnis der Studie ist die Erkenntnis, dass ein Technologiemix notwendig erscheint, um die unterschiedlichen Potenziale der Innovationsbereiche erschließen zu können. Auf dieser Einsicht aufbauend, werden gesellschaftliche, wirtschaftliche, ökologische und politische Treiber und Barrieren im Umfeld der Luftfahrt erläutert. Anschließend erfolgt eine Analyse der Stärken und Schwächen des deutschen Luftfahrtinnovationssystems.

Aktuelle und künftige Entwicklungen und Klimawirkung des Luftverkehrs. Weltweit steigt die Zahl der Flugreisen an. Angesichts des weltweit wachsenden Flugverkehrs im Passagier- und Frachtbereich stellt das Erreichen von Klimaneutralität eine große Herausforderung dar. Hinzu kommen regional unterschiedliche Entwicklungen, sodass die größte Zunahme an Flügen in Weltregionen verortet ist, die weniger strenge Klimaziele verfolgen.

Die internationale Luftfahrt hat Schätzungen zufolge einen Anteil von ca. 3,5 bis 5 % an der anthropogenen Erwärmung. In Europa verursacht die Luftfahrt ca. 4 % der gesamten jährlichen Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen), in Deutschland werden ca. 3,4 % der gesamtdeutschen CO2-Emissionen durch den internationalen Luftverkehr von und nach Deutschland und 0,33 % durch den inländischen Luftverkehr verursacht. Circa 1,5 % der gesamten seit 1940 durch Menschen verursachten CO2-Emissionen sind auf die Luftfahrt zurückzuführen. Allerdings steht CO2 nur für rund ein Drittel der Klimawirkung des Luftverkehrs. Die Nicht-CO2-Effekte – Rußpartikel, Wasserdampf, Schwefel- und Stickoxide (NOX), die zur Bildung von Kondensstreifen und Zirruswolken führen – spielen sogar eine weitaus bedeutendere Rolle, sind allerdings auch wissenschaftlich noch nicht in Gänze verstanden. Die Effekte von Kondensstreifen und Zirruswolken sind neben denen von CO2 als am stärksten einzuschätzen. Die Klimawirkung variiert zudem in Abhängigkeit von den zurückgelegten Strecken, den Reiseflughöhen sowie den eingesetzten Flugzeugen.
Historisch betrachtet sind der Passagier- und Frachtluftverkehr kontinuierlich angestiegen. Dieser Trend wird sich höchstwahrscheinlich auch in den nächsten rund 25 Jahren fortsetzen. Ohne entsprechende Maßnahmen steigen damit einhergehend auch der Kerosinverbrauch und die schädliche Klimawirkung weiter an. 2050 könnten bereits 60 % mehr CO2-Emissionen entstehen als noch 2019.

Innovationsbereiche. Die wesentlichen Innovationsbereiche sind bei innovativen Kraftstoffen und Antriebskonzepten verortet. Dies wird vor allem dann deutlich, wenn die international verfügbaren wissenschaftlichen Publikationen sowie die auf europäischer Ebene geförderten Forschungsprojekte analysiert werden. Maßgeblich für Innovationen für eine klimaverträglichere Luftfahrt sind elektrische Antriebe, nachhaltige Kraftstoffe aus Abfall bzw. Biomasse, grüner Wasserstoff (H2), die Optimierung von Kraftstoffen, ein nachhaltiges Flugzeugdesign sowie die Emissionsreduktion durch Effizienzsteigerungen.

Die unterschiedlichen Innovationsbereiche sind durch verschiedene technologische Ansätze charakterisiert, wobei festzuhalten ist, dass keine einzelne Technologie allein ausschlaggebend für eine klimaneutrale Luftfahrt sein kann. Daher spielen auch über Antriebskonzepte und Kraftstoffe hinausgehende Innovationsbereiche eine wichtige Rolle.

Nachhaltige Flugkraftstoffe (Sustainable Aviation Fuels – SAF) sind nicht auf Erdöl basierende Kraftstoffe, die als Kerosinalternativen entwickelt werden, um die CO2-Emissionen aus dem Flugverkehr zu reduzieren und die wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit zu stärken. SAF können aus vielen Ressourcen gewonnen werden, deren chemische Bestandteile in die reinen Kohlenwasserstoffe umgewandelt werden können. Als Drop-in-Kraftstoffe können SAF mit bestehenden Kraftstoffen gemischt werden oder diese ersetzen, wobei keine oder nur kleine Änderungen an den Flugzeug- oder Motorkraftstoffsystemen, der Verteilungsinfrastruktur oder den Lagereinrichtungen erforderlich werden. Sie können in Biokraftstoffe und Elektrotreibstoffe (E-Fuels) unterschieden werden.

Ein Vorteil von Biokraftstoffen besteht darin, dass sich bei ihrer Verwendung keine Einschränkung der möglichen Reichweite ergibt, was sie insbesondere für Langstreckenflüge interessant macht, und dass sie der Luftfahrtindustrie die Möglichkeit bieten, ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren. Allerdings ist der Anteil an Biokraftstoffen bislang sehr gering, sodass geeignete Anreize und langfristige politische Maßnahmen notwendig sind, um eine Verwendung von SAF zu fördern.

E-Fuels ähneln in ihrer chemischen Zusammensetzung fossilen Kraftstoffen wie Kerosin. Sie werden durch Elektrolyse von Wasser (H2O) in Wasserstoff und die anschließende Umwandlung von Wasserstoff mit CO2 in synthetische Kraftstoffe hergestellt (Power-to-Liquid-Verfahren – PtL). Im Gegensatz zum auch dauerhaft nur als begrenzt verfügbar angesehenen Mengenpotenzial nachhaltiger Biokraftstoffe für den Luftverkehr wird das Mengenpotenzial von PtL-Kraftstoffen langfristig als ausreichend beurteilt. Sowohl für die Deckung des Strombedarfs von E-Fuels als auch von Elektroflugzeugen wäre ein massiver, zusätzlicher Ausbau der erneuerbaren Energien notwendig, um diesen nachhaltig decken zu können.
Darüber hinaus wird derzeit Wasserstoff sowohl in gasförmiger als auch in kryogener (flüssiger) Form als alternative Option für den Einsatz in kommerziellen Flügen erforscht. Da dieser Wasserstoff durch Wasserspaltung erzeugt wird, hängen die meisten der damit verbundenen Umweltauswirkungen mit der Art der verwendeten Elektrizität zusammen.

Neue Antriebskonzepte. Neben den Bestrebungen, klimafreundlichere Kraftstoffe zu entwickeln, gewinnen auch die Anstrengungen zur Entwicklung innovativer Antriebskonzepte weiter an Dynamik. Immer mehr Prototypen und Demonstrationsprojekte werden entwickelt und erprobt, um die Praktikabilität, Effizienz und Sicherheit dieser Technologien zu demonstrieren. Bei elektrischen (Propeller-)Triebwerken werden Elektromotoren verwendet, die von Batterien angetrieben werden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Düsenantrieben erzeugen sie keine direkten Emissionen. Bisher wurden nur wenige Konzepte für die kommerzielle Luftfahrt vorgestellt, die meisten davon mit geringer Nutzlast und sehr begrenzter Reichweite.

Wasserstoffbrennstoffzellen wandeln H2 und Sauerstoff (O2) in H2O um, wobei gleichzeitig elektrische Energie erzeugt wird. Die Wasserstoffbrennstoffzelle kann entweder als alleiniger Antrieb oder in Kombination mit anderen Antriebsquellen wie Elektromotoren eingesetzt werden. Bei Hybridsystemen werden herkömmliche Düsentriebwerke mit Elektromotoren kombiniert. 

Hybride Antriebskonzepte gelten als Kompromisslösung, um einige der offenen Probleme von vollelektrischen Systemen zu überwinden. Sie könnten gewissermaßen eine Brücke zwischen herkömmlichen, fossilen Kraftstoffen und vollständig elektrisch oder mit Wasserstoff betriebenen Flugzeugen darstellen.

Da Turbofan-Triebwerke die am weitesten verbreitete Antriebstechnologie in Verkehrsflugzeugen sind, haben Effizienzsteigerungen in diesem Bereich ein sehr großes Potenzial, die Luftfahrt klimafreundlicher zu machen. Zu den Vorteilen der zuvor erläuterten Antriebstechnologien gehören die potenzielle Reduzierung von THG-Emissionen, die Diversifizierung der Energiequellen sowie die Lärmminderung. Daneben gibt es eine ganze Reihe von technologischen Herausforderungen und Barrieren bei der Implementierung. Die beschriebenen Antriebskonzepte, wie Elektroantriebe, Wasserstoffbrennstoffzellen und Hybridantriebe, befinden sich aktuell noch in der Entwicklungsphase.

Darüber hinaus spielt die Optimierung des Flugbetriebs eine wesentliche Rolle. So könnten beispielsweise nicht nur die hohen Kraftstoffkosten von E-Fuels abgefedert und die spezifischen CO2-Emissionen pro Fluggast reduziert, sondern auch die Reichweite von Flugzeugen mit alternativen Antriebskonzepten erhöht werden. Durch die aerodynamische Verbesserung, wie beispielsweise durch besonders glatte Oberflächenbeschaffenheit oder die Verwendung gebogener Flügelspitzen (Winglets), lässt sich ebenfalls der Kraftstoffverbrauch senken und die Reichweite erhöhen.
Eine weitere, derzeit untersuchte Option zur Verringerung des Gesamtkraftstoffverbrauchs auf Langstreckenflügen ist die Luftbetankung. Eine Alternative wären zusätzliche Zwischenstopps zur Betankung.

Eine optimierte Flugplanung auf der Ebene der Fluggesellschaften und des Flugverkehrsmanagements (Air Traffic Management – ATM) hat das Potenzial, die Emissionen bei der Durchführung von Flügen zu senken. Auch betriebliche Maßnahmen können erheblich dazu beitragen, die Effizienz zu erhöhen. Dazu gehören insbesondere ein verbessertes Luftraummanagement zur Vermeidung von Umwegen, effiziente Flugverfahren wie ein langsamerer Sinkflug, klimaorientierte Optimierung von Geschwindigkeit und Flugprofilen sowie eine erhöhte Flugzeugauslastung. Mithilfe fortgeschrittener Software und Algorithmen werden die effizientesten Flugrouten ermittelt, wobei Faktoren wie Wetterbedingungen, Luftverkehr und Treibstoffverbrauch berücksichtigt werden.

Um einen reibungslosen Betrieb an Flughäfen zu gewährleisten, ist eine Vielzahl an Bodenequipment notwendig. Der elektrische Betrieb von z. B. Flugzeugschleppern, Förderbändern, Gepäckwagen, Toilettenwagen, Trinkwasserwagen und Zubringertaxis könnte den ökologischen Fußabdruck der Luftfahrt reduzieren. Die Verbesserungen der Flughafeninfrastruktur, wie Rollwege, Start- und Landebahnen und Terminals, spielen eine entscheidende Rolle, um die Leerlaufzeiten von Flugzeugen zu minimieren und den Verkehrsfluss zu verbessern. Dadurch können der Treibstoffverbrauch am Boden reduziert, Emissionen verringert und Flughafenkapazitäten optimiert werden.

Digitale Simulationen von Flugzeugsystemen (digitale Zwillinge) helfen dabei, die Leistungen von Anlagen in Echtzeit digital zu simulieren, vorherzusagen und zu optimieren sowie neue Designs und Technologien virtuell zu testen, bevor physische Prototypen gebaut werden. Dies kann den Entwicklungsprozess beschleunigen, den Ressourcenverbrauch reduzieren und umweltfreundlichere Innovationen ermöglichen.

Treiber und Barrieren für eine klimaneutrale Luftfahrt, Angesichts des aktuellen Stands der Technik kann Folgendes konstatiert werden: Keine der betrachteten Strategien ist für sich genommen ausreichend, um die Emissionsziele zu erreichen, sondern es braucht eine Kombination unterschiedlicher Maßnahmen, die die jeweiligen Stärken und Schwächen der Innovationen sowie unterschiedliche Anwendungsbereiche berücksichtigt. SAF stellen dabei den wichtigsten Innovationsbereich mit kurzfristigem Zeithorizont dar, da sie bereits heute in der Bestandsflotte einsetzbar sind und Emissionen senken können. Hybride Antriebskonzepte haben das Potenzial, ab 2030 auf Regionalstreckenflügen, ab etwa 2040 auf Kurzstreckenflügen und ab etwa 2050 auf Mittelstreckenflügen zum Einsatz zu kommen. Es ist davon auszugehen, dass es vermutlich noch mindestens 20 bis 30 Jahre dauern wird, bis die vorgestellten Innovationen in relevanter Größe zur Anwendung kommen, da die Technologien entweder noch nicht ausgereift oder die verfügbaren Mengenpotenziale der Kraftstoffe kurzfristig nicht ausreichend sind.

Gesellschaftliche Treiber und Barrieren sind durch einen regen gesellschaftlichen Diskurs zu den ökologischen Folgen gekennzeichnet, der bislang aber noch nicht in einen deutlich erkennbaren Wertewandel mündet und zu einer Nachfrageveränderung nach Flugreisen führt. Getrieben wird vielmehr eine steigende Nachfrage nach Flugreisen durch das weltweite Bevölkerungswachstum sowie ein steigendes Mobilitätsbedürfnis und positive Wohlstandsentwicklungen. Unklar ist allerdings gegenwärtig, inwiefern die steigende Nachfrage zukünftig durch das aktuell eher knappe Angebot bedient werden kann. Auf jeden Fall dürften die Ticketpreise für Flüge steigen, sodass die künftige Entwicklung der Luftfahrt von der Zahlungsbereitschaft der Kunden abhängig ist. Hinzu kommt, dass mit der Entwicklung und Einführung neuer Technologien Sicherheitsbedenken und Akzeptanzfragen verbunden sein können. Hier sind allerdings belastbare Erkenntnisse zu den unterschiedlichen Innovationsbereichen bislang nur eingeschränkt verfügbar.

Kurzfristige Maßnahmen. Um die stärkere Nutzung von SAF zu unterstützen, bieten sich als Optionen die Reduktion des Aromatenanteils im Kerosin sowie eine Anpassung der Besteuerung an.

  • Die Nutzung von SAF könnte durch Book-und-Claim-Konzepte, also Zertifikate für die Nutzung von SAF, die Fluggesellschaften erwerben können, unterstützt und die Wertschöpfungs- bzw. Lieferkette von SAF auf diese Weise nachhaltig gestaltet werden.
  • Ein weiterer Hebel ist die Anpassung der Besteuerung der Luftfahrt durch Erhebung einer Kerosinsteuer. Auch die Optimierung von Flugrouten kann durch zeitnahe Zulassung dabei helfen, Emissionen zu reduzieren.
  • Kurzfristig könnten die bestehenden Netzwerke von Innovationstreibern durch die Technologieförderung, insbesondere im Rahmen des LuFo Klima, gepflegt und ausgebaut werden.
  • Ein spezielles Augenmerk könnte auf das Segment der Privatflugzeuge / Businessavation  gelegt werden, die insbesondere für Kurzstrecken genutzt werden. Hier zeigt sich in Deutschland eine erhebliche Zunahme der durchgeführten Flüge, verbunden mit einem unverhältnismäßigen Anteil an klimaschädlichen Emissionen. Da es sich i.d.R. um Kleinflugzeuge handelt und überwiegend Kurzstrecken bedient werden, bietet sich dieses Segment an, um über eine Besteuerung bzw. den Emissionshandel und über die Einführung neuer Antriebskonzepte, wie etwa den batterieelektrischen Flugantrieb, die klimaschädliche Wirkung zu reduzieren. Quelle: TAB beim Bundestag.de / DMM