Klimaschutzpaket mit schlimmen Folgen

Das aktuell vom Bundeskabinett verabschiedete Klimaschutzpaket ist mutlos und wird nicht zur Erreichung der Klimaziele führen, kommentiert Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des VCD: „Ein Klimaschutzpaket, das seinen Namen verdient, muss klare Ziele vorgeben, deren Einhaltung konsequent überwachen und bei Bedarf nachsteuern.

Die Chance, große Pflöcke einzuschlagen, hat die Bundesregierung aber vertan. Vor allem im Problemsektor Verkehr, der die größte CO2-Einsparung zu stemmen hat, muss dringend nachgebessert werden. Das darf nicht auf die nächste Bundesregierung abgewälzt werden. Besonders problematisch ist, dass ein Sektor, der seine Einsparziele nicht schafft, diese auf andere verschieben kann.

Größter Konstruktionsfehler aber bleibt: Ein CO2-Preis von 10 Euro ist zu wenig und startet mit 2021 zu spät. Das entfaltet keinerlei Lenkungswirkung und wird durch die Erhöhung der Pendlerpauschale konterkariert: Wer viel pendelt und viel verdient, bekommt am Ende sogar Geld heraus. Auch eine Verdoppelung des Bahnverkehrs kann mit diesem Klimaschutzpaket nicht gelingen. Priorität muss der Ausbau der Infrastruktur bei Bus und Bahn haben. Für den besonders umweltschädlichen Flugverkehr brauchen wir eine Kerosinsteuer. Hingegen müsste der komplett emissionsfreie Fuß- und Radverkehr stärker gefördert werden.

Mit diesem mutlosen Paket sind die Klimaziele nicht zu erreichen. Dabei war der Rückhalt in der Bevölkerung für mehr Klimaschutz noch nie so groß. Dieses Fenster sollte die Politik nutzen und im weiteren Prozess die zustimmungspflichtigen Teile des Pakets nachbessern. Gefordert sind nun Bundestag und Bundesrat. Sonst werden die Proteste auf den Straßen nicht aufhören.“

Die Stellungnahme des VCD im Wortlaut. „Mit dem Klimaschutzgesetz werden die Klimaziele und die damit zusammenhängenden Prozesse zur Einhaltung erstmals gesetzlich verbindlich verankert. Allerdings reichen die geltenden Klimaziele auf nationaler Ebene nicht aus, um die mit dem Pariser Klimaabkommen gemachte Verpflichtung einzuhalten, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 ° C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. In diesem Sinne vermissen wir das klare Bekenntnis, Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, wie es noch in einem früheren Entwurf zum Klimaschutzgesetz stand.

Generell bleibt das Klimaschutzgesetz vage, wann der Pfad für die Zeit nach 2030 festgelegt werden soll. Angesichts der Debatte auch auf EU-Ebene, Klimaneutralität in 2050 als Ziel zu verankern, darf dieser Prozess nicht auf die lange Bank geschoben werden. Aktuell gibt es außerdem Bestrebungen, bereits das EU-Ziel für 2030 zu erhöhen. Es muss sichergestellt sein, dass die Zielverschärfung auf europäischer Ebene möglichst schnell Eingang in das Klimaschutzgesetz sowie in die Aufstellung eins neuen Klimaschutzprogramms findet. Hier muss Deutschland aber bereits jetzt voran gehen. Kein Ressort darf sich aus der Verantwortung stehlen, indem Überschreitungen der sektoralen Jahresemissionen mit der Übererfüllung in anderen Bereichen kompensiert oder die Lasten auf die kommenden Jahre verteilt werden. Hierfür muss es eine klare Begrenzung geben, um den Druck auf die Zielerfüllung in allen Sektoren aufrecht zu erhalten.

Die Europäische Klimaschutzverordnung sieht zu Recht nur einen geringen Spielraum für eine Verschiebung von Emissionsminderungslasten in die Zukunft vor. Letztlich geht es auch um Planungssicherheit für die jeweiligen Akteure. Im Falle eines Ankaufs von Emissionszuweisungen bei Zielverfehlung muss auch für die Öffentlichkeit transparent gemacht werden, welcher Sektor dafür verantwortlich ist und welche Kosten für den Ankauf entstanden sind.

Mit dem aktuellen Gesetzesentwurf sind die Möglichkeiten der geplanten Expertenkommission für Klimafragen eingeschränkt worden. Statt der expliziten Berücksichtigung der Empfehlungen dieses Gremiums heißt es nunmehr lediglich, dass die Bundesregierung eine Stellungnahme einholt. Aus unserer Sicht muss die Bundesregierung begründen, wenn Sie von einer Empfehlung dieses Gremiums abweicht. Darüber hinaus muss die Expertenkommission für Klimafragen ein klares Initiativrecht haben, um z.B. auch eigene Maßnahmen und klare Hinweise für ein Nachjustieren vorschlagen zu können.

Ferner sollte die Expertenkommission – wie ursprünglich vorgesehen –, ein jährliches Gutachten erstellen, das die Wirksamkeit der beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen bewertet und öffentlich zugänglich ist.

Als das größte Problem sieht der VCD die Diskrepanz zwischen Klimazielen und der notwendigen Umsetzung von Reduktionsmaßnahmen. So setzt zwar das Klimaschutzgesetz den Rahmen, aber entscheidend sind die tatsächlich beschlossenen Maßnahmen. Das aktuell zu beschließende Klimaschutzprogramm reicht unserer Ansicht nach nicht aus, um die bis 2030 erforderliche CO2-Reduktion sicher zu stellen. Dies gilt insbesondere für den Verkehrsbereich, der die größte Reduktion zu stemmen hat. Bereits jetzt ist absehbar, dass im Verkehrsbereich nachgesteuert werden muss.

Anstatt mit dem aktuellen Klimaschutzprogramm einen großen Wurf vorzulegen, wird das Ergreifen von tatsächlich wirksamen Maßnahmen weiter in die Zukunft verschoben. Dabei haben wir keine Zeit mehr zu verlieren. Nach dem geplanten Prüfmechanismus und der entsprechenden Berichterstattung, wäre ein Nachjustieren frühestens in 2021und damit viel zu spät möglich. Dies erhöht den Druck, dann viel weitreichendere und zum Teil unpopulärere Maßnahmen zu ergreifen, um die erforderliche Reduktion sicherzustellen.

In 2021 endet regulär die Zeit der aktuellen Bundesregierung. Mit einer Verschärfung wäre dann eine neue Regierung konfrontiert. Dies ist nach unserer Meinung unverantwortlich. Denn klar ist: Maßnahmen des Sofortprogramms müssen umgehend wirken. Viele Maßnahmen im Verkehrsreich haben allerdings einen langen Vorlauf. Insofern erwarten wir uns ein starkes Klimaschutzgesetz, das den Ansprüchen gerecht wird und auch wirklich mit Leben gefüllt wird. Kern ist ein effektives Klimaschutzprogramm. Nur in der Kombination funktioniert die notwendige Reduktion der Treibhausgasemissionen. Das „Möglichkeitsfenster“ ist gerade unglaublich weit geöffnet, in der Mobilitätswende etwas anzustoßen, da die Mehrheit der Bevölkerung Klimaschutz als zentrales Thema sieht und klare Forderungen stellt. Genauso wie die Bereitschaft, etwas zu verändern. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Dynamik zu nutzen und das Klimaschutzgesetz sowie das zugehörige Klimaschutzprogramm in diesem Sinne nachzuschärfen.“ Quelle: Verkehrsclub Deutschland (VCD) / DMM