Knoten Stuttgart wird leistungsfähiger

Der baden-württembergische Landesverkehrsminister Winfried Hermann (MdL) und der Vorstand für Infrastruktur der Deutschen Bahn AG, Ronald Pofalla, haben den Finanzierungsvertrag für das zweite Gleis der Wendlinger Kurve unterzeichnet. Damit entsteht an der Schnittstelle zwischen der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm und der Neckartalbahn in Richtung Reutlingen/Tübingen die sogenannte Große Wendlinger Kurve.

Die Große Wendlinger Kurve ist bereits im Projekt Stuttgart 21 optional jedoch noch ohne bauliche Vorkehrungen vorgesehen. Das zweite Gleis ergänzt nun einen eingleisigen Abschnitt für die Züge zwischen Tübingen/Reutlingen und Stuttgart-Flughafen. Damit können die Züge in Richtung Stuttgart kreuzungsfrei in die Neubaustrecke Stuttgart-Ulm einfahren. Durch die zweigleisige Anlage der Wendlinger Kurve kann das Angebot im Schienenpersonenverkehr ausgeweitet werden. Mit der künftigen Angebotsgestaltung können die Kapazitäten sowie die Betriebsqualität erhöht werden. Dies wirkt sich positiv auf die weitere Entwicklung des Schienenverkehrs im Knoten Stuttgart aus.

Gebaut werden soll eine parallel zur Kleinen Wendlinger Kurve verlaufende zweite Verbindungskurve. Sie soll am Ortsrand von Oberboihingen aus der Neckartalbahn ausfädeln und dann in einem Tunnel die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm unterqueren. Dazu müssen auch einzelne bereits in Bau befindliche Anlagen der Neubaustrecke und der Kleinen Wendlinger Kurve angepasst werden. Mit der Großen Wendlinger Kurve werden Planungsüberlegungen des Verbandes Region Stuttgart einer S-Bahn-Verlängerung vom Flughafen in Richtung Kirchheim baulich offengehalten. Durch den Einbau einer Weichentragplatte kann die Dauer der Sperrung der NBS bei einer späteren Realisierung dieser Planung minimiert werden.

Das Projekt wurde aufgrund des Bau- und Planungsfortschritts bei der NBS und der Kleinen Wendlinger Kurve in zwei Abschnitte aufgeteilt. Abschnitt 1 umfasst die Einschleifung in die NBS und deren Unterquerung. Für diesen Abschnitt liegt mit der Zulassung des Eisenbahn-Bundesamtes vom 16. April 2019 bereits Baurecht vor und erste Arbeiten werden in Kürze beginnen. Der zweite Abschnitt umfasst den Tunnel von der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm bis zur Ausschleifung aus der Neckartalbahn in Oberboihingen. Hier laufen derzeit die Entwurfsplanung und die Erkundung des Baugrundes und mit einem Zulassungsantrag ist Ende des Jahres 2019/Anfang 2020 zu rechnen. Im Rahmen dieses Verfahrens erfolgt auch eine formelle umfangreiche Beteiligung der Öffentlichkeit.
Vorhabensträgerin für das Gesamtprojekt ist die DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH im Auftrag der DB Netz AG, die auch bereits für den Bau der Kleinen Wendlinger Kurve und der NBS verantwortlich ist. Die Finanzierung der erwarteten Gesamtkosten von rund 100 Millionen Euro erfolgt zunächst komplett durch das Land Baden-Württemberg.

„Nur eine kreuzungsfreie und damit zweigleisige Wendlinger Kurve stellt eine leistungsfähige Schienenverbindung der Region Reutlingen/Tübingen an den Großraum Stuttgart sicher, anderenfalls wären die Züge von Tübingen an der Einmündung auf die Schnellfahrstrecke regelmäßig von ICE-Zügen ausgebremst worden“, kommentiert VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb die quasi in letzter Sekunde getroffene Entscheidung der Projektpartner.

Der Verband Region Stuttgart, zuständig für den S-Bahn-Verkehr in der Region, gibt vor, in welchem Takt die S-Bahn rollt und kümmert sich um die Finanzierung. In dieser Funktion verfolgt er das Ziel, das Angebot in der Region kontinuierlich zu verbessern und zu steigern. Daher wurde bereits im Januar von der Regionalversammlung eine finanzielle Beteiligung des Verbands am Ausbau der Großen Wendlinger Kurve in der Höhe von maximal 12,5 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Die Voraussetzung hierfür sei aber eine gleichwertige Beteiligung der Region Neckar-Alb. In derselben Sitzung wurde zudem die Beschaffung von 58 weiteren S-Bahn-Zügen sowie die finanzielle Beteiligung an der Digitalisierung des Schienenknotens beschlossen. Das Land beteiligt sich mit einer Kofinanzierung der Fahrzeuge und durch die Erhöhung der Regionalisierungsmittel um 0,8 % an dieser Investition für die Zukunft.
Mit Hilfe von ETCS, einem europaweit standardisierten, digitalen Zugbeeinflussungssystem soll die Digitalisierung der Schiene gelingen. ETCS ermöglicht höherer Geschwindigkeiten und eine kürzere Zugfolge bei der S-Bahn. Daraus ergeben sich zeitliche Puffer, die für den Abbau von Verspätungen im bestehenden Fahrplan oder auch für längere Haltezeiten genutzt werden können - alternativ auch für bis zu 20 Prozent mehr Kapazität mit zusätzlichen S-Bahn-Fahrten. Quelle: BW Verkehrsministerium / DB / VRS / DMM