Luftfahrtgipfel: Die eigentlichen Probleme werden nicht angegangen

Die "Spitzen" des deutschen Luftverkehrs haben sich am Freitag (05.10.2018) im Hamburger Rathaus auf ein Maßnahmenpaket geeinigt. Flugzeuge sollen künftig pünktlicher und insgesamt zuverlässiger unterwegs sein. Das klingt gut, doch unterm Strich sind die Ergebnisse eher mager. Es wird wohl bis auf Weiteres so bleiben, dass nirgendwo in Europa Flugreisende Anspruch auf mehr Entschädigungen aufgrund von Flugverspätungen und -ausfällen haben als in Deutschland.

Der 25-Punkte Katalog, wie in Deutschland das Fflugchaos bekämpft werden soll, geht voll an den Ursachen vorbei. Foto FRI

Die Luftfahrt-Branche hat im Rathaus der Hansemetropole Hamburg 25 Maßnahmen vereinbart, um massive Störungen im Flugverkehr wie in diesem Jahr künftig zu verhindern. Bis dato wurde nur „Schwarzer Peter“ gespielt: Fluggesellschaften beschuldigten die Flughäfen, die Flughäfen schoben den Schwarzen Peter weiter an die Flugsicherung und die Flugsicherung reichte ihn zurück an die Airlines. Nichts scheint mehr zu klappen, was auch  DMM bei seinen Geschäftsreisen in 2018 mit zahlreichen Flugausfällen und teils massiven Verspätungen und miserabler Informationspolitik erleben durfte. Irgendwie scheinen alle Teilnehmer überfordert. Das Wetter alleine kann es ja wohl nicht sein.

Nun soll
•    die Flugsicherung personell besser ausgestattet werden
•    Lufthansa & Co. Wollen ihre Flugpläne verbessern
•    Die Airlines wollen künftig frühzeitig die Passagiere informieren
•    Die Flughäfen wollen Engpässe bei Sicherheitskontrollen vermeiden.

Das Hauptproblem aber wurde nicht angegangen: Das Massenfliegen dank irrsinnig niedriger Flugpreise, die viel zu kurzen Umschlagzeiten (eine Airline verdient dann am meisten, wenn ihre Maschinen in der Luft sind) und die damit eingehgehende Enge im Luftraum und Kapazitätsengpässe an den Flughäfen. Hinzu kommt, dass  viele Flughäfen nur Billigstpersonal bei den Sicherheitskontrollen einstellen mit möglichst knappem Personalbestand. Verkehrsminister Andreas Scheuer erklärte nach dem Spitzengespräch, die Erklärung sei ein guter erster Schritt. Ein weiteres Branchentreffen ist für März 2019 vereinbart worden.

Horrorzahlen. Das Ergebnis einer Analyse des weltweit führenden Fluggasthelfer-Portals, AirHelp (http://ots.de/OoVj91), anlässlich des Luftfahrt-Gipfels in Hamburg liest sich aus Sicht der Airlines wie eine Horrorgeschichte: Demnach schulden Fluggesellschaften Flugreisenden in Deutschland insgesamt rund 823 Mio. Euro aufgrund von Flugproblemen, die die Airlines selbst verursacht haben. Das sind über ½ Mrd. Euro mehr als im Vorjahreszeitraum. Im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2017 gab es in 2018 allein mehr als doppelt so viele Flugausfälle in Deutschland. Waren es zwischen Neujahr und dem 22. September 2017 noch rund 6.870 gestrichene Flüge, fielen in diesem Jahr bereits 14.000 Flüge aus - Höchstwert in Europa.

Großbritannien: Mehr Flüge als in Deutschland, weniger Entschädigungen. So stehen Fluggästen in Großbritannien beispielsweise rund 110 Mio. Euro an Entschädigungen weniger zu, obwohl es im Vereinigten Königreich in diesem Jahr über 60.000 Passagierflüge mehr gab als in Deutschland. Auch in Spanien, wo es bislang nur knapp 40.000 Flugbewegungen weniger gab als in Deutschland, schulden die Airlines ihren Passagieren insgesamt rund 311 Mio. Euro weniger aufgrund von ausgefallenen Flügen oder solchen, die ihr Ziel mindestens drei Stunden verspätet erreichten. In beiden Ländern verursachten die Airlines also deutlich weniger Flugprobleme, obwohl es ähnlich viele Flugbewegungen gab.

Laura Kauczynski, Expertin für Fluggastrechte von AirHelp, analysiert die Gründe für die vielen Flugprobleme in Deutschland: „In diesem Jahr gab es in Europa ein Flugchaos wie nie zuvor und deutschen Reisenden wurde der Urlaub besonders häufig vermiest. Nirgendwo in Europa schulden die Airlines ihren Passagieren mehr finanzielle Entschädigungen als hierzulande. Das ist neben den vielen Streiks vor allem auf den extremen Marktkampf im Zuge der Insolvenzen von Air Berlin und Niki zurückzuführen.
Einige Airlines sicherten sich im Zuge dessen im großen Stil die vakant gewordenen Start- und Landerechte an Flughäfen, die sogenannten Slots, selbst wenn die nötigen Maschinen samt Besatzung zur Nutzung nicht vorhanden waren. Da aufgrund der hohen Nachfrage an Flugzeugen jedoch das Angebot an gebrauchten oder Leasing-Maschinen zu gering ist, lassen viele Fluggesellschaften lieber Flüge ausfallen und legen aufeinanderfolgende Verbindungen zusammen. Dadurch können die Airlines ihre Slots zwar halten, doch ihre Passagiere sehen sich mit Verspätungen und Flugausfällen konfrontiert und das ist so nicht tragbar. Quelle: OTS / Presseportal / NDR / DMM