Lufthansa-Aufsichtsrat sagt nein zur Staatshilfe

Die Lufthansa nimmt die geplante Staatshilfe von 9 Mrd. Euro vorerst nicht an. Der Aufsichtsrat der Deutschen Lufthansa AG hat in seiner Sitzung vom Mittwoch, 27. Mai 2020 über die Annahme des vom Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) der Bundesrepublik Deutschland angebotenen Stabilisierungspakets inklusive notwendiger Einladung zur Hauptversammlung beraten. Zur Bundeshilfe sagte das Gremium nein. Die Vereinigung Cockpit wirft der EU-Kommission vor, unsinnige wettbewerbsverzerrende Vorgaben gemacht zu haben.

Der Aufsichtsrat hat die aktuell indizierten Auflagen der EU Kommission zur Kenntnis genommen. Brüssel verlangt die Abgabe von Slots (Start- und Landerechte) an den beiden Hubs Frankfurt und München zu Gunsten von Airlines, die keine Staatshilfen in Anspruch nehmen. Die Forderung der EU-Kommission würden nach Meinung des LH-Aufsichtsrats eine Schwächung der Drehkreuzfunktion an den Heimatflughäfen in Frankfurt und München zur Folge haben. Die daraus resultierenden wirtschaftlichen Auswirkungen auf das Unternehmen und die vorgesehene Rückführung der Stabilisierungsmaßnahmen sowie mögliche Alternativszenarien müssen intensiv geprüft werden.

Vor diesem Hintergrund hat der Aufsichtsrat dem Stabilisierungspaket in Zusammenhang mit den EU Auflagen nicht zustimmen können. Zur Aufrechterhaltung der Solvenz stuft der Aufsichtsrat Stabilisierungsmaßnahmen des WSF aber weiter als die einzig gangbare Alternative ein. Die Einladung zu der außerordentlichen Hauptversammlung für die Umsetzung der Stabilisierungsmaßnahmen erfolgt zunächst nicht.

Europas bedeutendstes Luftfahrtunternehmen ist seit Beginn der  Corona-Krise schwer unter Druck geraten, weil kaum noch Flugverkehr möglich ist. Abgesehen von der Gefahr einer Insolvenz – die LH verbrennt jede Stunde 1 Mio. Euro, so ihr CEO Carsten Spohr – Sind nach Aussagen des Konzernchefs auch um die 10.000 Jobs (von 138.000 Beschäftigten) in Gefahr.

Erst zum Wochenbeginn (25. Mai 2020) hatten Bundesregierung und Lufthansa bekannt gegeben, dass das staatliche Hilfspaket für die Fluggesellschaft stehe.

Die Vereinigung Cockpit kritisiert die Forderung Brüssels scharf und erwartet in diesem Zusammenhang von allen zuständigen Stellen, den Wettbewerb nicht zu verzerren. "Die rund 140.000 Arbeitsplätze bei der Lufthansa dürfen nicht durch unsinnige und wettbewerbsverzerrende Vorgaben gefährdet werden," sagt Markus Wahl, Präsident der Vereinigung Cockpit. "Es kann nicht das Ziel deutscher und europäischer Rettungspolitik sein, Unternehmen mit Milliarden an Finanzspritzen vor der Insolvenz zu bewahren und sie gleichzeitig durch Auflagen an anderer Stelle stark zu benachteiligen. Beim Wiederanfahren des Flugbetriebs müssen alle Marktteilnehmer dieselben Chancen haben, die sie vor der Krise hatten."

Einige Airlines aus dem Low-Cost-Bereich haben auch deshalb große finanzielle Reserven, weil sie jahrelang die Rechte von Mitarbeitern missachtet und zuletzt auch selbst finanzielle staatliche Hilfen in Anspruch genommen haben. Sie stehen nun besser da, weil sie ihr Geschäftsrisiko auf ihre Arbeitnehmer abgewälzt haben. Mitarbeiter in Scheinselbstständigkeit und anderen atypische Beschäftigungsverhältnissen können solche Unternehmen vom einen auf den anderen Tag loswerden.  Sollte die Lufthansa Slots an solche Airlines abgeben müssen, würde die EU direkt Sozialdumping, Scheinselbstständigkeit unter Piloten und eine Aushöhlung von Arbeitsstandards befördern. Die Vereinigung Cockpit fordert daher, auch soziale und qualitative Kriterien in Entscheidungen auf EU-Ebene mit einzubeziehen. Quelle: Lufthansa / DMM