Mäßige Konjunkturperspektiven für das Restjahr 2019

Die Stimmung in den deutschen Chefetagen wird ungemütlich. Der ifo Geschäftsklimaindex ist im Juli 2019 von 97,5 (Saisonbereinigt korrigiert) auf 95,7 Punkte gefallen. Die Unternehmen waren weniger zufrieden mit ihrer aktuellen Geschäftslage. Zudem blicken sie skeptischer auf ihre zukünftige Geschäftsentwicklung. Die deutsche Konjunktur befindet sich in schwierigem Fahrwasser.

Im Verarbeitenden Gewerbe ist der Geschäftsklimaindikator im freien Fall. Der Lageindex sank deutlich. Ein stärkerer Rückgang wurde zuletzt im Februar 2009 beobachtet. Mit einer Besserung der Lage ist vorerst nicht zu rechnen, denn die Unternehmer blicken pessimistischer auf die kommenden sechs Monate. Die Kapazitätsauslastung sank von 85,3 auf 83,9 % und liegt nur noch knapp über dem langjährigen Mittelwert.

Im Dienstleistungssektor hat sich das Geschäftsklima eingetrübt. Die Dienstleister waren etwas weniger zufrieden mit ihrer aktuellen Lage. Bei den Erwartungen waren sie erstmals seit Juli 2009 leicht pessimistisch.

Im Handel ist der Index deutlich gesunken. Die Unternehmen bewerteten ihre aktuelle Lage spürbar weniger gut. Auch beim Ausblick auf die kommenden Monate zeigten sie sich merklich skeptischer. Der Rückgang des Geschäftsklimaindikators fiel im Großhandel stärker aus als im Einzelhandel.

Das Bauhauptgewerbe ist die positive Ausnahme in diesem Monat: Dort ist der Geschäftsklimaindex gestiegen. Während die Unternehmen die aktuelle Lage etwas weniger gut einschätzen, blicken sie optimistischer auf die kommenden Monate.

Der Arbeitsmarkt hat sich unter diesen Bedingungen zwar weiter gut entwickelt; die Arbeitslosenquote liegt nun saisonbereinigt knapp unter 5 %. Allerdings rechnet die Bundesregierung die Arbeitslosenzahlen seit Jahren schön: Erwerbslose, die krank sind, einen Ein-Euro-Job haben oder an Weiterbildungen teilnehmen, werden bereits seit längerem nicht als arbeitslos gezählt. Viele der Arbeitslosen, die älter als 58 sind, erscheinen nicht in der offiziellen Statistik. Und sind private Arbeitsvermittler tätig, zählt der von ihnen betreute Arbeitslose nicht mehr als arbeitslos, obwohl er keine Arbeit hat. Berlin respektive die Bundesagentur für Arbeit nennen im Juli 2019 als offizielle Arbeitslosenzahl 2.275.461. Nicht als erwerbslos zählt die Bundesagentur: Älter als 58, beziehen Arbeitslosengeld II: 170.598; 1-Euro-Jobs (Arbeitsgelegenheiten): 76.733; Förderung von Arbeitsverhältnissen: 4.488; Fremdförderung: 182.928; Teilhabe am Arbeitsmarkt (§ 16i SGB II): 21.187; berufliche Weiterbildung: 153.277; Aktivierung und berufliche Eingliederung (z. B. Vermittlung durch Dritte): 215.974; Beschäftigungszuschuss (für schwer vermittelbare Arbeitslose): 1.750; Kranke Arbeitslose (§146 SGB III): 77.492. Nicht gezählte Arbeitslose gesamt: 904.427. In Summ ergeben sich 3.179.888 Arbeitslose (Quelle: Bundesagentur für Arbeit: Monatsbericht zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt, Juli 2019, Tab. 6.7.).

Hinzu kommen über 6 Mio. Hartz IV-Bezieher (Kinder eingerechnet, die auf die Grundsicherung angewiesen sind. Von diesen sechs Millionen sind vier Millionen erwerbsfähig. In der Arbeitslosenstatistik tauchen aber nur zwei Millionen auf, weil die anderen beispielsweise Kleinkinder betreuen oder Angehörige pflegen. Der Grundsatz ist: Nur wer theoretisch arbeiten kann (und sich nicht in einer Maßnahme befindet), gilt auch als arbeitslos. Zählt man die 4 Mio, Erwerbsfähigen unter den Hartz IVlern hinzu, die aber keine Arbeit haben, beläuft sich die Summe der Arbeitslosen schon auf über 7 Mio. Menschen. Und zählt man noch die erwerbsfähigen aber nicht in Arbeitsverhältnissen stehenden ca. 1,5 Mio. Migranten und Flüchtlinge (derzeit halten sich in Deutschland nach US-Angaben etwa 2,5 Mio. Menschen überwiegend illegal in Deutschland auf und täglich kommen etwa 500 hinzu, die meist offiziell nicht registriert werden können), dann kommt man auf 8,5 bis 9 Mio. Arbeitslose, als mehr als das Dreifache, was die Bundesregierung vorgibt. Dazu muss man wissen: Die Bundesagentur setzt um, was in den Gesetzen steht - und diese Regelungen verschleiern in der Tat das Ausmaß der Arbeitslosigkeit in Deutschland, und das ganz massiv.

Die Konjunkturperspektiven für die nächsten Monate sind durch verschiedene Faktoren etwas eingetrübt. Die Industrie schwächelt im Moment; Produktion und Auftragslage dort sind gedrückt. Überdies halten eine Reihe politischer Unsicherheiten an. Belastend für die deutsche Wirtschaft wirken vor allem verschiedene Einflüsse von außen. Die Brexit-Frage ist nach wie vor ungeklärt. Ebenso droht weiterhin die Möglichkeit von US-Strafzöllen, die insbesondere die deutsche Autoindustrie treffen würden. Die jüngste Iran-Krise verunsichert zudem die Ölmärkte, trifft überdies auch die deutschen Exporteure. Das alles hat Auswirkungen auf das Businessklima. Die binnenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen bleiben für sich gesehen jedoch weiterhin relativ günstig. Bei weiter zunehmender Beschäftigung und realen Lohnzuwächsen sowie deutlichen Rentenerhöhungen steigt so die Kaufkraft und damit auch die Konsumnachfrage. Überdies scheint sich die Lage in der Autoindustrie zu stabilisieren, die mit für die Schwäche in der zweiten Jahreshälfte vergangenen Jahres ausschlaggebend war.

In dieser Prognose wurde davon ausgegangen, dass die aktuellen außenwirtschaftspolitischen Risiken, speziell Brexit und US-Strafzölle, begrenzt bleiben. Würden diese virulent, würde sich das nicht nur auf die Exportwirtschaft auswirken, sondern auch die Stimmung in der Binnenwirtschaft belasten. Eine Beeinträchtigung der Exporte würde zu zurückhaltenderen Dispositionen bei Unternehmensinvestitionen und Beschäftigung und damit auch zu einem geringeren Anstieg der Einkommen und des privaten Konsums und anderer Ausgaben führen. Wie stark die Dämpfung der Konjunktur ausfiele, hinge von der jeweiligen Konstellation der Ereignisse ab. Im ungünstigsten Fall wäre eine rezessive Entwicklung nicht auszuschließen. Quelle: ifo / Bundesagentur für Arbeit / HWWI / DMM