Mal eben schnell laden? Schön wär‘s

So ein Elektroauto ist ja was Feines. Man fährt lokal emissionsfrei, ist demzufolge vor Ort umweltschonend unterwegs, und in Verbindung mit einem fulminanten Ansprechverhalten kommt auch der Fahrspaß nicht zu kurz. Geht es um das Aufladen, sieht es nicht selten anders aus. Von Freude kaum noch eune Spur. Denn mitunter ist es gar nicht so einfach einen Plug-in-Hybriden oder ein Elektroauto aufzuladen. Ein Erfahrungsbericht von nur einem Tag im Leben eines Autotesters.

Unser Testwagen ist ein Elektroauto – also ideal für das urbane Umfeld. Tagsüber fahren und nachts Stromzapfen. Daher sind auch die rund 20.000 öffentlichen Ladepunkte zumeist in den Großstädten angesiedelt. Idealerweise laden die meisten Fahrer von Elektroautos jedoch zuhause. Schließlich sollte eine heimische Tankstelle in Form einer Wallbox zur Grundausrüstung eines jeden E-Mobil-Besitzers gehören. Wohl dem, der ein Eigenheim besitzt.

Bei Mietern wird es hingegen schwieriger. Im besten Fall dient eine Garage oder Tiefgarage als zentrale Ladestation. Bei Laternen-Parkern sieht´s hingegen schlecht aus. Mal eben ein Ladekabel aus der Wohnung zum Auto ziehen, ist viel zu gefährlich. Was ist, wenn ein Fußgänger über das verlegte Kabel stolpert? Daher muss sich auch der Autor für seinen Test mit dem Elektroflitzer nach einer öffentlichen Lade-Alternative umschauen.

Die City bietet jede Menge freie Ladepunkte – oder? Pfingstwochenende 2020 – Die City ist wie leergefegt. Viele Mitmenschen haben die Corona-Lockerungen für einen Kurzurlaub genutzt und sind vereist. Ideale Bedingungen, um an einer der vielen Ladestationen Strom zu tanken. Die Chance, eine freie Zapfstation zu finden dementsprechend groß – könnte man meinen. Besonders, weil unser E-Mobil aktuell noch eine Restreichweite von 20 % aufweist. Doch gerade an Wochenenden oder Feiertagen kommt es häufig vor, dass die Ladepunkte rund um die Uhr belegt sind. Aber Geladen wird nicht. Reihenweise stehen dort E-Fahrzeuge mit eingestöpseltem Ladekabel. Vollgetankt sind die Fahrzeuge schon lange. Anderen Ladewilligen aber bleibt der Zugang auf diese Weise versperrt. Kein Einzelfall, wie Fahrer von Elektrofahrzeugen häufiger berichten. Mal eben das andere Fahrzeug einfach abstecken geht aber nicht, da sich der Stecker beim Laden automatisch verriegelt. Der Anschluss kann nur vom Fahrzeugbesitzer selbst wieder gelöst werden. So wird sicher gestellt, dass der Ladevorgang nicht von Fremden unterbrochen werden kann und das teure Ladekabel nicht gestohlen wird. Das freilich löst unser Problem nicht. Denn unser Stromer verlangt nach neuer Energie. Der Wagen will und muss geladen werden. Somit nimmt die Odyssee durch die Großstadt ihren Anfang.

Das Ladeproblem ist hausgemacht. Der Grund für die „vergessenen E-Fahrzeuge“ ist einfach. Das Laden seitens der örtlichen Stromversorger ist oftmals kostenlos. Steht ein vollgesaugter Elektroflitzer an einer Gratis-Ladestation, muss weder für die getankte Strommenge noch für die Standzeit gezahlt werden. Daher interessiert es die Besitzer wenig, ob andere die Zapfstelle nutzen müssen oder nicht. Inzwischen erkennen immer mehr lokale Stromanbieter die Problematik und wollen schon in naher Zukunft Geld verlangen – sowohl für die entnommene Ladeleistung als auch für die Parkzeit. Dadurch wäre die Problematik der blockierenden E-Autos bald gelöst. Die Tarife variieren jedoch ja nach Anbieter regional und schwanken zwischen gut 30 Cent pro Kilowattstunde bis hin zu 79 Cent für einen der Super-Charger an den Autobahnrastplätzen.

Smartphone-Apps helfen Lademöglichkeiten zu finden. Bei der Suche nach Alternativen helfen Navigationssysteme in den E-Mobilen. Gute Systeme zeigen sogar an, ob der vorgeschlagene Ladepunkt gerade besetzt oder frei ist. Standard ist das bei erschwinglichen Elektrofahrzeugen aber noch längst nicht. Daher gibt es reichlich Smartphone-Apps, die in Echtzeit und häufig zuverlässiger arbeiten, wenn auch nicht immer einwandfrei.

Der nächste angesteuerte Ladepunkt wurde im Handy als vakant angekündigt, beim Eintreffen tanken hier jedoch gleich zwei Fahrzeuge. Aufladen? Keine Chance! Eine dritte Lademöglichkeit ist ermittelt. Nur hat sich durch das viele Hin- und Herfahren unsere Situation inzwischen verschlimmert. Mittlerweile ist die Batteriekapazität unseres Stromers auf unter 20 % gesunken. Wir brauchen händeringend frischen Saft. Denn wenn ein Elektroauto mit leeren Akkus stehenbleibt, dann steht es wirklich. Mit einem Reservekanister mal eben Nachtanken, funktioniert zwar bei Autos mit herkömmlichem Verbrennungsmotor, in unserem Fall jedoch logischerweise nicht. Sind die Lithiumionen-Zellen leer, hilft da nur noch Abschleppen bis zum nächsten Ladepunkt.

Aufladen beim Discounter. Der liegt nur 3,6 km weit entfernt. Das schafft unser Elektromobil noch locker. Hier wurde jedoch so unsäglich dumm von anderen Verkehrsteilnehmern geparkt, dass das Ladekabel nicht an die Säule heranreicht. Es fehlen 15 cm, die uns scheitern lassen. Besonders ärgerlich, doch vom Ehrgeiz angespornt ist bereits eine neue Stromtankstelle ausgesucht. Bei der Ankunft folgt dann die nächste Überraschung. Der gewählte Ladepunkt befindet sich auf einem Discounter-Parkplatz. Eigentlich praktisch, Einkaufen, Laden und weiter surren. Aber es ist Pfingstsonntag. Der Supermarkt folglich geschlossen und ein Aufladen außerhalb der Geschäftszeiten ist hier unmöglich. Laden mit 50 kWh, doch der Zugriff misslingt.

Warum zeigt die Handy-App nicht im Vorfeld an, dass es sich um einen Discounter handelt und hier und heute nicht geladen werden kann? Wir verstauen das Ladekabel erneut und suchen nach weiteren Alternativen. Eine erscheint prompt auf dem Handy und ist nur 1,6 km entfernt.  Während wir uns auf den Weg dorthin begeben mahnen die Warnlampen im Auto weiterhin, alsbald ans Stromnetz zu gehen. Langsam rinnt uns der Angstschweiß von der Stirn, aber unser Fahrzeug schafft auch diese Etappe. Dementsprechend groß ist die Hoffnung. Die nächste Ladestation ist eine von der schnelleren Sorte und powert mit einer Leistung von bis zu 50 kWh. Also müsste der Vorgang dementsprechend fix vonstattengehen. Erneut Kofferraum auf, Kabel raus und anstöpseln. Noch eben schnell den QR-Code an der Ladesäule mit dem Smartphone einscannen. Sofort erscheint auf dem Display der Hinweis, dass eine Verbindung mit dem Auto aufgebaut wird. Völlig normal, da der Zapfpunkt vor dem eigentlichen Ladevorgang zuerst mit dem Auto kommuniziert. Hierbei werden wichtige Informationen ausgetauscht, wie etwa der aktuelle Akkuzustand oder die derzeitige Batterietemperatur. Eine Verbindung kommt aber selbst nach drei Minuten nicht zustande. „Ladeprozess verweigert“, antwortet das Display der Ladestation. Darum wiederholen wir den Vorgang erneut. Selbst nach dem fünften Versuch wird uns der Anschluss verwehrt. Ein Mercedes-Fahrer, der nebenan gerade seinen Plug-in-Hybriden ansteckt, beobachtet unseren Misserfolg. Der nette Herr hat Mitleid und bietet seine Hilfe an. Nun scannt er mit seinem Smartphone den QR-Code ein und wir verfolgen gemeinsam, was passiert. Aber auch ihm wird der Ladeprozess verweigert und nun gibt es zwei Personen, die sich vor der Säule fragend und achselzuckend ansehen. Na, wenigstens wurde sein Fahrzeug anstandslos befüllt, denke ich und mache Schluss für heute.

Feierabend! Der Autor dieser Zeilen hat die Nase gestrichen voll und beschließt sein Vorhaben endgültig abzubrechen. Mit nur noch 20 Kilometern Restreichweite, völlig resigniert und im Eco-Modus kriecht er als Verkehrshindernis nach Hause. Morgen ist auch noch ein Tag. Und siehe da: Die selbe Ladestation, die gestern noch den Zugriff verweigert hatte, lädt unseren Testwagen nun auf, als wäre nichts gewesen. Dieses Phänomen konnte nicht einmal der Stromanbieter auf Nachfrage erklären. Mal eben schnell Laden? Von wegen, flott geht anders. Quelle: Guido Borck - ampnet / DMM