Mehr als fragwürdige Ryanair-Ausbildung

Für den TV-Sender RTL schickte der als Enthüllungsjournalist bekannte Günter Wallraff eine Mitarbeiterin als Auszubildende zu Ryanair. Deren Mitschnitte erwecken den Eindruck, dass der Billigflieger deutlich mehr Wert auf das Verkaufstraining legt als auf die Sicherheitsausbildung. Und der Arbeitsvertrag, den sie anschließend erhält, verstößt gegen deutsches Recht.

Undercover begab sich die Reporterin zunächst als Bewerberin auf ein Flugbegleiter-Seminar, anschließend absolvierte sie eine sechswöchige Ausbildung. Die Ausbilderin machte gleich am ersten Tag deutlich, was sie unter Ausbildung versteht: "Ich bin bekannt dafür, dass ich sehr harsch bin. Sie werden mich hassen", sagte sie.

Als Sicherheitstraining absolvierte die Reporterin eine eintägige Schulung in Hahn und zudem einen Erste-Hilfe-Kurs. Bei einer Notlandeübung wurden insgesamt sieben Szenarien durchgespielt, allerdings absolvierte jeder Azubi nur eines davon. Eine Nachbesprechung zur Analyse fand nicht statt. Dennoch erfüllen offenbar alle Übungen die behördlichen Anforderungen. Die Ausbildung zur Flugbegleiterin absolvierte die Journalistin bei einer Leiharbeitsfirma, nicht bei Ryanair direkt. Die Fluggesellschaft erklärte dazu gegenüber dem TV-Sender auf Anfrage, alle Kabinenpersonalschulungen seien von der irischen Luftfahrtbehörde gemäß Bestimmungen der europäischen Luftfahrtbehörde Easa genehmigt.

Anders als das Sicherheitstraining nahm das Thema Verkauf einen großen Raum im Rahmen der Ausbildung ein. Die Azubis lernten, dass sie mindestens 50 Euro pro Flug mit Getränken, Snacks, Parfüms oder Gewinnspiellosen umsetzen sollen. Ihre Ausbilderin verdeutlichte: "Wenn Du keine 50 Euro einnimmst, dann musst Du Dich erklären."

Nach sechswöchiger Ausbildung erhielt die Reporterin einen Arbeitsvertrag, in dem 18 Tage Urlaub sowie eine Kündigungsfrist von null Tagen in der Probezeit festgeschrieben sind. Laut Bundesurlaubgesetz sind in Deutschland mindestens 24 Urlaubstage vorgeschrieben. Am Ende ihrer Zeit bei Ryanair erhielt die journalistische Flugbegleiterin anstelle ihres Gehalts von rund 2.300 Euro nur rund 100 Euro. Die Differenz begründete Ryanair laut RTL mit einer Steuernachzahlung.

Auch die Warnung, nach der Ryanair-Angestellte besser nicht krank werden sollten, wurde für die Reporterin traurige Realität. Nach einer mehrtägigen Erkrankung wurde sie zum Rapport in die Firmenzentrale nach Dublin beordert. Dort wurde ihr verdeutlicht, dass man sie wegen ihrer Krankschreibung im Blick habe. Auch im Hinblick auf die Verkaufserlöse erfüllte die Reporterin die Erwartungen nicht. Die Vorgesetzte sagte, man müsse nun "gucken, wie es mit Dir bei uns weitergeht". Quelle: RTL / DMM