Mehr Sicherheit auf der Geschäftsreise

Bei einem Verkehrsunfall zählt jede Sekunde: Oft sind Fahrer oder Insassen jedoch so schwer verletzt oder stehen derartig unter Schock, dass sie selbst keine Hilfe anfordern können. Das von der Europäischen Kommission im April 2015 beschlossene automatische Notrufsystem eCall, kurz für `emergency call`, soll dieses Problem in Zukunft lösen und dabei helfen, die Anzahl an Schwerverletzten bei Unfällen um 15 % zu reduzieren. Stichtag für Neuwagen ist der 01. März 2018.

Für bestehende Automodelle wird die eCall-Nachrüstlösung empfohlen. Foto BoschbA

Jährlich sind mehr als 1/2 Mrd. Geschäftreisende mit dem Geschäftswagen, dem eigenen oder Mietfahrzeug unterwegs. Und oft genug werden auch sie in Verkehrsunfälle verwickelt. eCall stellt nach einem Unfall automatisch eine Verbindung zur Notrufzentrale her und überträgt zusätzlich zur Sprachverbindung einen Datensatz mit Informationen zum Unfallort. Die Gefahr auf deutschen Straßen steigt kontinuierlich. Das hängt mit der Raserei vieler unbelehrbarer Wirrköpfe zusammen und mit dem überbordenden katastrophalen Straßengüterverkehr. Gemäß dem statistischen Bundesamt erreichte 2017 die Zahl der Unfälle einen neuen Höchststand. Die Polizei nahm rund 2,6 Mio. Straßenverkehrsunfälle auf – 388.219 Menschen wurden dabei verletzt und 3.177 Personen verunglückten tödlich.

Zum 31. März 2018 tritt eine neue Verordnung des EU-Parlaments in Kraft: Diese sieht vor, dass in allen neuen Pkw-Modellen ein eCall- Notrufsystem installiert sein muss, das Rettungsdienste bei Autounfällen über die europaeinheitliche Notrufnummer automatisch benachrichtigt.  

eCall-Pflicht für neue Automodelle. Aktuelle Modellreihen können jedoch auch nach dem 31. März 2018 weiter ohne eCall gebaut und verkauft werden. Die eCall-Pflicht gilt nur für neue Automodelle, für die eine Typgenehmigung in der EU beantragt wird. Die EU-Kommission rechnet damit, dass sich mit dem europäischen eCall die Zeit zwischen einem Unfall und dem Eintreffen der Rettungskräfte in Städten um 40 % und in ländlichen Gebieten sogar um 50 % reduziert. Dies gilt aber nicht, wenn der Straßengüterverkehr weiter zunimmt, betonen Experten.

Auch die Bundesregierung unterstützt die europaweite Einführung des automatischen Notrufsystems, das wesentlich dazu beitragen soll, dass Rettungskräfte in 95 % der Fälle innerhalb von zehn Minuten am Einsatzort sind – um so Menschenleben zu retten.  

Eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag von CosmosDirekt hat ergeben, dass 69 % der Autobesitzer in Deutschland den eCall für sinnvoll erachten und 35 % fühlen sich dadurch sicherer beim Autofahren. Nach Berechnungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wird es jedoch fast zehn Jahre dauern, bis auch nur die Hälfte aller Autos tatsächlich einen integrierten eCall an Bord haben wird.  

Keine Fahrzeugüberwachung. Die Datenschutzklausel der EU-Verordnung wurde verschärft. Alle Hersteller müssen gewährleisten, dass die eCall-Technologie die vollständige und dauerhafte Löschung aller Daten erlaubt. So soll verhindert werden, dass Fahrzeuge ständig verfolgbar sind. Ausschließlich bei der Registrierung eines Unfalls und beim Auslösen des Notrufs werden Daten übermittelt. Um die Rettungsmaßnahmen ausführen zu können, werden lediglich Daten bezüglich des Fahrzeugs und Unfallorts übertragen. Rückschlsse auf die Fahrweise oder die Erstellung von Bewegungsprofilen sind nicht möglich, da ältere Daten kontinuierlich gelöscht werden. Dritte erhalten keinen Zugang zu den Daten der Unfallbeteiligten – einzig die Rettungskräfte und autorisierte Dienstleister, die beispielsweise einen Abschleppwagen organisieren, erhalten die zu diesem Zweck nötigen Informationen.  

Ein klein wenig mehr Sicherheit zum Nachrüsten. Bei Fahrzeugen älterer Modellreihen steht es Autoherstellern frei, einen eCall zu installieren. Laut aktueller Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) beläuft sich der Pkw- Bestand auf rund 46,5 Mio. Fahrzeuge. Zudem ist ein Pkw in Deutschland im Schnitt 9,3 Jahre alt, so dass viele Autofahrer noch lange auf Nachrüstlösungen angewiesen sind. Fahrer von Gebrauchtfahrzeugen können jedoch ohne Werkstattbesuch mit einem Unfallmeldestecker nachrüsten. Dieser lässt sich ganz einfach in den Zigarettenanzünder einstecken. Der Halter erhält von seiner Kfz-Versicherung den Unfallmeldestecker und lädt sich die Unfallmelde-App auf sein Smartphone – zusammen bilden sie den Unfallmeldedienst (UMD). Die Frage ist, was passiet, wenn der Fahrer kein Smartphone hat.

Für die Entwicklung des Unfallmeldesteckers hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) eng mit dem Technologie-Unternehmen Bosch zusammengearbeitet. Die GDV Dienstleistungs-GmbH ist Betreiber des Unfallmeldedienstes. Diese verfügt als Dienstleister der Versicherungsbranche über langjährige Erfahrung bei der Notrufbearbeitung. Seit der Markteinführung im April 2016 hat der UMD mehr als 100.000 Kunden gewonnen. Laut GDV hat der Unfallmeldedienst allein im vergangenen Jahr bei 280 Unfällen schnelle Hilfe organisiert, insgesamt gingen 2017 über den UMD mehr als 600 Pannen- und Unfallmeldungen in der Notrufzentrale der Autoversicherer ein.  

Kunden des Unfallmeldedienstes setzen deutlich weniger Notrufe ab, als es statistisch zu erwarten wäre – sie sind also sicherer unterwegs als durchschnittliche Autofahrer. Und auch hier müssen sich Autofahrer keine Sorgen machen: Der Unfallmeldestecker sammelt keine Daten über den Fahrer oder dessen Fahrverhalten. Zu einer Übertragung von Daten durch die App kommt es ausschließlich dann, wenn ein automatischer oder manueller Hilferuf ausgelöst wird. Die App zeichnet nur die letzte vom Smartphone ermittelt Position auf, ohne sie zu senden – ältere Daten werden kontinuierlich überschrieben. Die vom System bei einem Unfall abgesetzten Daten enthalten nur Informationen zum Fahrzeugtyp, zum Unfallzeitpunkt und zur Fahrzeugposition. Ebenso werden keinerlei Daten aus dem Datensatz zur Rekonstruktion eines Schadens oder der Klärung der Schuldfrage verwendet. Gesichert wird der Datenverkehr dabei durch die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifizierte Trusted German Insurance Cloud (TGIC).   Rettungskräfte sind schneller am Unfallort. Ein großer Vorteil der Nachrüstlösung ist, dass der Unfallmeldestecker – im Gegensatz zum gesetzlich vorgeschriebenen eCall – auch leichtere Kollisionen erkennt und schnelle Hilfe organisiert.

Eine Statistik des GDV belegt, dass 2016 alle zehn Minuten Pannen- und Rettungsdienste über Autobahn-Notrufsäulen angefordert wurden. Insgesamt wurden dabei 53.000 Anrufe von Notrufsäulen abgesetzt. Doch da diese nicht an jeder Strecke zu finden sind und tendenziell im Zuge der Digitalisierung eher weniger werden, kann der Unfallmeldedienst hier Abhilfe schaffen.  

Beim Verkehrsunfall erkennen intelligente Algorithmen und Beschleunigungssensoren im Unfallmeldestecker die Schwere der Kollision und klassifizieren den Schweregrad des Unfalls auf einer Skala von 1 bis 4. Diese reicht von leichten Blechschäden ohne Verletzung der Insassen bis zu hohen Aufprallgeschwindigkeiten mit wahrscheinlich schwer verletzten Passagieren. Sobald ein Unfall registriert ist, wird dies per Bluetooth an die Unfallmelde-App auf dem Smartphone des Autofahrers gesendet (sofern er eines mit sich führt). Daraufhin übermittelt die App ohne Zeitverzögerung die Informationen an das GDV Servicecenter. Dabei wird ein Minimaldatensatz übertragen, der neben des Schweregrads des Unfalls u.a. auch die genaue Position und die Fahrtrichtung des Unfallfahrzeugs enthält. Das Servicecenter kann anhand der Schwere des Unfalls so schneller entscheiden, ob der Rettungsdienst losgeschickt werden muss. Gleichzeitig wird eine Sprechverbindung zwischen dem Fahrzeug und dem Servicecenter aufgebaut. Ist der Fahrer nicht ansprechbar und die übermittelten Daten weisen auf einen schweren Unfall hin, leitet das Servicecenter sofort Rettungsmaßnahmen ein. Mehr Informationen unter <link http: www.bosch-connectivity.com>www.bosch-connectivity.com Quelle: Bosch / DMM