Meine Meinung zum Thema Autokaufprämie

Die Aktien von Tesla legten zu nach der Entscheidung des Koalitionsausschuss – Keine Kaufprämie für Verbrenner-Autos, dafür mehr Förderung von E-Autos, Hybriden und Brennstoffzellenautos – die Aktien von BMW und Daimler aber nicht. Spätestens jetzt muss auch der letzte Ewig Gestrige erkennen, dass sich die deutsche Autoindustrie bei der Wende zur Elektromobilität wenig intelligent angestellt und Jahre verschlafen hat, um es ganz vorsichtig zu formulieren. Aber die Hoffnung begraben müssen wir nach der Entscheidung pro alternative Antriebe nicht. Denn unsere Automobilindustrie ist schon auf dem richtigen Weg, nur hinkt sie halt Vorreiter Tesla um einige Jahre hinterher.

Zwar ist in den Monaten Januar bis Mai 2020 der Absatz von BEV und PHEV gestiegen, doch hatten immer noch 84 % der abgesetzten Pkw einen Benzin- oder Dieselmotor unter der Haube. Das hat u.a. den plausiblen Grund, dass das Angebot von Audi, BMW, Ford, Mercedes, Opel, Porsche und Volkswagen nach wie vor sehr dürftig ist. Und wenn, dann handelt es sich i.d.R. um viel zu teure Karossen, die noch dazu im Vergleich zu Tesla-Modellen eine beschämende Effizienz aufweisen. Dabei sollten es die deutschen Hersteller eigentlich besser können. Von Audi gibt es als batterieelektrisches Fahrzeug nur den sehr teuren e-tron, von BMW nur den i3 und den Mini Electric, von Mercedes den sündhaft teuren EQC und den Kleinstwagen Smart, von Opel den neuen Corsa-e (der tatsächlich ein hoch attraktives Elektroauto ist), von Porsche den Taycan, den sich kaum jemand leisten kann und von Volkswagen den e-Up. Das war’s. Jedenfalls im Juni 2020.

Okay, Ankündigungen künftiger Elektroautos gibt es viele, doch noch immer hält die Industrie am Verbrenner fest. Dabei sollt auch den Automanagern dämmern – VW-Chef Herbert Diess nehme ich da mal aus, dass gerade Benziner und Diesel unseliger Bestandteil des dramatischen Klimawandels sind. Dazu führen triebgesteuerte deutsche Automedien gerne an, dass Elektroautos in Sachen Ökobilanz keinen Deut besser seien als Verbrenner. Aber das mag die längste Zeit so gewesen sein. Schon jetzt kündigen die großen Batterieproduzenten in China und Korea an, Akkus ohne Kobalt und in absehbarer Zeit ohne Lithium bauen zu können. Und wenn dann noch der Strom tatsächlich überwiegend aus Windkraft und Solarenergie gewonnen wird – technisch und kapazitätsmäßig heute längst möglich – sollte niemand mehr dem Verbrenner auch nur eine Träne nachweinen. Noch dazu vor dem Hintergrund, dass uns künftige Generationen verfluchen werden als größte Ausbeuter der wichtigsten Ressourcen dieser Erde. Aber daran verschwenden Ewig-Gestrige, wie z.B. der Daimler-Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht offensichtlich keinen Gedanken. Im Gegenteil: Er beschimpft die die SPD-Spitze, die angeblich schuld daran sein soll, dass sich die Politik verstärkt auf Ökoantriebe konzentriert. Dass Brecht zu feige ist, sich auch mit der Kanzlerin und der CDU/CSU anzulegen, die sich ebenfalls zum guten Teil gegen die Verbrenner-Bezuschussung ausgesprochen hatten, zeigt die Geisteshaltung des Daimler-Betriebsratschefs. 

Es ist schlichtweg falsch zu behaupten, die SPD würde die Autoindustrie im Regen stehen lassen mit ihren mehr als 1 Mio. Arbeitsplätzen. Wenn, dann sollte Brecht auch mit den Vertretern der anderen Parteien streiten. Und Brecht sollte sich wirklich mal fragen, warum Autos made in Germany (wenn man’s genau nimmt, sind sie das gar nicht mehr), auf die wir jahrelang stolz sein durften, an Glanz verloren haben. Jetzt geht es nicht darum, den Autoherstellern den Spiegel vorzuhalten und ihre Fehler und Versäumnisse aufzuzählen. Denn den allermeisten ist klar, dass unser aller Wohlstand immer noch vom Automobil abhängt, aber nicht mehr vom Verbrenner.

Ich finde, dass sich die neue Präsidentin des VDA in der problematischen Geschichte „Kaufprämie für alle Antriebsarten“ so schlecht nicht geschlagen hat. Zwar bedauert sie, dass die Vorschläge der Automobilindustrie für einen breitangelegten und unmittelbar wirksamen Konjunkturimpuls nur zum Teil aufgenommen wurden. Doch erkannte sie auch die positiven Seiten des Koalitionsbeschkusses: „… die auf ein halbes Jahr beschränkte Absenkung der Mehrwertsteuer sowie die Verdopplung des staatlichen Anteils am Umweltbonus für den Kauf von Elektroautos setzten aber positive Impulse und werden einen Beitrag leisten können, die derzeit sehr schwache Nachfrage am Automobilmarkt in Teilen wieder anzukurbeln.
Brecht hingegen droht mit einer Rationalisierungswelle, die auf die deutsche Autoindustrie zurollt und die massiv an die Arbeitsplätze herangeht. Wenn Brecht darauf verweist, dass 95 % der Beschäftigten in der deutschen Autoindustrie an Fahrzeugen mit konventionellen Antrieben (von gestern) arbeiten und es nur begrenzte Kapazitäten für Elektroautos gebe, dann zeugt das von der Ignoranz eines Betriebsratsboss, sich der Zukunft der Mobilität nicht öffnen zu wollen. Aber genau das braucht es. Wenn vor mehr als einem Jahrhundert die Erfinder neuer Formen von Mobilität genau so gedacht hätten wie Brecht, dann säßen wir heut nicht in einem Dreamliner oder A350, in einem ICE oder TGV, in einem Tesla oder Toyota Mirai, wir würden tatsächlich nicht mit der Pferdekutsche reisen.

Im Übrigen ist nicht so recht zu verstehen, warum die Konzernspitze von Daimler dann das beschlossene Konjunkturpaket als „guten Kompromiss“ gelobt hat. Verständlich aber ist die Reaktion der von Brecht angegriffenen SPD: „Die Autokonzerne forderten, dass der Steuerzahler als Ausfallbürge bei Boni für Bosse und Dividenden für Aktionäre herhalten soll", sagte Walter-Borjans der Augsburger Allgemeinen. Und weiter: Es könne nicht sein, dass eine Branche dem Staat diktiert, auf welche Weise die Förderung zu erfolgen hat. Gernot Zielonka