Nationale Wasserstoffstrategie geht in die richtige Richtung

In Sachen Wasserstoff als wohl künftig bedeutendster Energieträger auch für das Verkehrswesen tut sich endlich etwas: Mit fast sechs Monaten Verspätung legte die Bundesregierung ihre Wasserstoffstrategie vor. Wie schon vorher bei der Elektromobilität tönte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, die Bundesregierung wolle, dass Deutschland bei den Wasserstofftechnologien die Nummer 1 in der Welt wird. Wie das funktioniert, zeigte sich schon bei der E-Mobilität. Da hinkt die deutsche Autoindustrie um Jahre Tesla hinterher. Und in Sachen Wasserstoff hat uns Japan längst abgehängt.

Wasserstoff als Energieträger gilt als unverzichtbar zum Erreichen der Klimaschutzziele. Wasserstoffstrategie sieht vor, dass bis 2030 in Deutschland Erzeugungsanlagen von bis zu fünf Gigawatt Gesamtleistung entstehen sollen. Der Einsatz von Wasserstoff soll neben der Industrie auch im Verkehr gefördert werden. Der Fokus liegt auf grünem Wasserstoff. Grüner Wasserstoff, also solcher, der aus Windenergie erzeugt wird, sei für sie das zentrale Thema im Energiebereich und zur Vermeidung von CO2-Emissionen.", unterstreicht Anja Karliczek, CDU-Ministerin für Bildung und Forschung.

Um den Energieträger zu erzeugen, - sprich: Wasser (H2O) in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten - muss viel Energie eingesetzt werden. Wenn Strom zu 100 % von Wind- oder Sonnenkraft stammt und zur Produktion von Wasserstoff eingesetzt wird,  spricht man von "grünem" Wasserstoff. Wird Strom aus Kohleverbrennung gewonnen und dann zur Produktion von Wasserstoff eingesetzt wird, spricht man vom grauen Wasserstoff. Strom aus Kohlekraftwerken ist aber für das Klima kontraproduktiv.

Allerdings: "Die Bundesregierung setzt mit großem Tamtam auf Wasserstoff, ohne zu erklären, wo der erneuerbare Strom herkommen soll, den man braucht, damit Wasserstoff klimafreundlich wird", kritisiert die Sprecherin für Energiewirtschaft der Grünen-Bundestagsfraktion, Ingrid Nestle, im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio. Dass im Strategiepapier nichts davon zu lesen ist, dass der grüne Wasserstoff der einzig nachhaltige ist und daher ausschließlich verwendet werden soll, ist fatal.

Als Energieträge soll Wasserstoff da eingesetzt werden, wo es zur Zeit keine Alternativen für den Verzicht auf fossile Brennstoffe gebe: neben dem Schwerlastverkehr in der Stahlproduktion, der Chemieindustrie, sowie der Luftfahrt.

Dazu ein Statement des Verbands der Automobilindustrie: „Die ambitionierten Klimaschutzziele können nur erreicht werden, wenn zusätzlich zur Elektromobilität mit grünem Strom auch nachhaltige, regenerative Kraftstoffe im Verkehrssektor zum Einsatz kommen. „E-Fuels und Wasserstoff, sollten deswegen ergänzend zur Elektromobilität vorangetrieben werden. Der VDA setzt sich für eine ambitionierte Verdrängung des fossilen Kraftstoffes durch regenerative Alternativen ein“, sagt VDA-Präsidentin Hildegard Müller. 

Die jetzt von der Bundesregierung beschlossene nationale Wasserstoffstrategie (NWS) ist ein erster und richtiger Schritt für einen Markthochlauf von auf grünem Wasserstoff basierenden Antrieben. Die NWS bietet aber aus Sicht des Verbandes der Automobilindustrie Licht und Schatten. 

Positiv ist, dass die Bundesregierung mit Verabschiedung einer solchen Strategie die Bedeutung des Themas Wasserstoff für klimaneutrale Mobilität erkannt hat. Die geplante Befreiung von Wasserstoff- und E-Fuels von der Erneuerbaren-Energie-Umlage (EEG) ist richtig, weil damit die Entwicklung der Wasserstoff-Technologie in Deutschland vorangetrieben wird.  Der VDA begrüßt außerdem, dass das Bundeskabinett mit der NWS eine Anwendung von Wasserstoff in allen Verkehrsbereichen vorsieht. Darüber hinaus ist die internationale Perspektive der Strategie ein wichtiges Element, weil grüner Wasserstoff in erheblichem Umfang in Ländern mit einem ausreichendem Angebot an erneuerbaren Energien hergestellt werden kann. 

Dennoch: Die Nationale Wasserstoffstrategie ist in mehreren Bereichen nicht konkret und ambitioniert genug. Dazu zählt zum Beispiel die geplante Umsetzung der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie „Renewable Energy Directive“ (RED II). Der VDA empfiehlt, dass es 2030 in Deutschland 23 % erneuerbare Energien im nationalen Kraftstoffmarkt geben muss, dazu eine Mindestquote von 5 % Wasserstoff und E-Fuels. Ebenso wurde bisher in der Strategie noch keine Energiesteuerbefreiung für E-Fuels festgeschrieben. Aktuell haben E-Fuels aus erneuerbaren Energien den gleichen Steuersatz wie fossile Kraftstoffe. Im Gesetzgebungsverfahren sollte an diesen Punkten konkret nachgearbeitet werden. 

Statement der Luftverkehrswirtschaft:  Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft: „Mit der Verabschiedung der Wasserstoffstrategie geht die Bundesregierung einen wichtigen Schritt auf dem Weg zum klimaneutralen Fliegen. Die Luftverkehrswirtschaft unterstützt diesen Prozess und bringt sich aktiv bei der Erarbeitung einer Roadmap für alternative Kraftstoffe im Luftverkehr ein. Denn wir können unser Ziel des CO2-neutralen Fliegens nur erreichen, wenn wir das fossile Kerosin durch alternative Kraftstoffe auf Basis von erneuerbaren Energien ersetzen. Die in der Strategie erwogene Beimischungsquote kann nur dann ein zielführendes Instrument sein, wenn bis zum Inkrafttreten überhaupt ausreichende Mengen des Kraftstoffs zur Verfügung stehen und wenn diese zu wettbewerbsneutralen Marktpreisen getankt werden können. Eine Quote müsste mindestens europäisch abgestimmt sein. Im nationalen Alleingang würde ein Quote aufgrund der vielfach höheren Kosten für alternative Kraftstoffe den Verkehr und CO2-Emissionen nur zugunsten ausländischer Wettbewerber verlagern.“ 

In der aktuellen Covid-19-Krise ist Luftverkehr weltweit fast komplett zum Erliegen gekommen. Die Nachfrage nach Luftverkehr wird weltweit wieder zunehmen, wenn auch nur schrittweise über einen längeren Zeitraum. Daher braucht es weiter große Anstrengungen, um den Luftverkehr stärker mit dem Klimaschutz in Einklang zu bringen. Die größten Hebel dafür sind die Modernisierung der Flugzeugflotten und der Ersatz des fossilen Kerosins durch alternative Kraftstoffe auf Basis von erneuerbaren Energien. 

Die deutsche Luftfahrt will erste sichtbare Erfolge beim Systemwechsel zu alternativen Kraftstoffen bis spätestens 2030. Dies erfordert eine große Kraftanstrengung, denn gegenwärtig gibt es noch keine Produktionsanlagen. Die Technologie ist erprobt und funktioniert, aber es müssen nun auch tatsächlich Anlagen gebaut werden. Die deutsche Luftfahrt bringt sich in diesen Prozess ein und arbeitet gemeinsam mit der Politik in Bund und Ländern, mit Anlagenbauern und der chemischen Industrie eine Roadmap für die Markteinführung. In diesem Prozess muss auch sichergestellt werden, dass die alternativen Kraftstoffe auch von den Fluggesellschaften abgenommen werden können, ohne dass dies zu Verwerfungen im Wettbewerb führt und ohne dass dies die wirtschaftliche Erholung der stark von der Krise getroffenen Luftverkehrsunternehmen abwürgt. 

„Die ökologische Transformation der Luftfahrt und die ökonomische Erholung der Luftverkehrswirtschaft sind unauflöslich miteinander verbunden. Damit wir tatsächlich Emissionen reduzieren können statt sie nur zu verschieben, braucht es leistungsstarke Unternehmen, die auch Klimaschutzinvestitionen stemmen können, und international abgestimmte Instrumente“, so von Randow weiter. Quelle: Bundesregierung / VDA / BDL / DMM