Neue Player im Mobilitäts-Universum

Die globalen Automobilhersteller erlebten seit dem Jahr 2011 die wirtschaftlich besten Jahre der Automobilgeschichte. Der Gewinn der 17 wichtigsten OEM stieg 2017 auf die Rekordsumme von zusammen rund 106 Mrd. Euro (2011: 65 Mrd. Euro). Doch scheinen die „fetten Jahre“ in der Automobilindustrie vorerst einmal vorbei zu sein.

Das Universum der Car-Player verändert sich. Skizze: CAM

Vielmehr kündigen nunmehr technologische, wirtschaftliche und politische Veränderungen schwierigere Zeiten für die Branche an, die die Gewinne und Renditen in den nächsten Jahren deutlich schmälern dürften. Insbesondere werden künftig auch neue Akteure aus der Digital- und Mobilitätswelt den etablierten Automobilherstellern mit neuen Geschäftsmodellen zunehmend Konkurrenz machen.

Die im 14. Jahr in Folge erstellte Branchenstudie „AutomotivePERFORMANCE“ vergleicht die Leistungskraft und die Trends der 19 globalen Automobilhersteller in den Bereichen Markt-, Innovations- und Finanzerfolg. Für das Gesamtjahr 2018 prognostiziert das Center of Automotive Management (CAM) für alle großen deutschen Automobilhersteller einen niedrigeren Gewinn als im Vorjahr, so dass auch die EBIT-Margen spürbar sinken werden Einfluss haben hier Sonderbelastungen wie die Dieselkrise, die Umstellung auf den neuen Prüfzyklus WLTP und der Zollstreit der USA mit China. Auch auf den Fahrzeugabsatz hat dies Auswirkungen: Die ambitionierten Ziele noch zu Beginn des Jahres 2018, die Rekordwerte des Vorjahres noch zu übertreffen, können die deutschen Hersteller nicht erreichen. CAM erwartet z.B. für Volkswagen einen Absatz von etwa 10 Mio. Fahrzeugen für 2018, den Toyota leicht übertreffen und damit wieder zum Weltmarktführer werden könnte.

Grundsätzlich sind die Automobilhersteller künftig jedoch nicht mehr die einzigen relevanten Mobilitätsanbieter, zu denen natürlich auch die Luftverkehrs- und Bahnunternehmen zu zählen sind. „In das ‚Universum‘ der OEM im Segment Automotive drängen neue Mobility-Player, etwa Fahrdienstleister wie Uber oder Didi, außerdem Big-Data-Player wie Apple oder Alibaba. Entsprechend muss in Analysen diese ‚neue Welt‘ der Mobilitätsbranche Eingang finden. Entsprechend wird ab diesem Jahr die „Automotive PERFORMANCE“-Studie des CAM um diese wichtigen Akteure ergänzt“, so Studienleiter Stefan Bratzel.

Die Bedeutung und potenzielle Marktmacht der neuen Akteure werden besonders deutlich bei der Analyse der Gewinne bzw. Gewinnmargen. In absoluten Zahlen ähneln sich die Gewinner der Automobilhersteller und der neuen Player noch. Die erfolgreichen Konzerne wie Volkswagen, Daimler oder Toyota kommen für 2017 auf einen EBIT von etwa 15 bis 20 Mrd. Euro. Dasselbe gilt für Tencent, Facebook oder Alphabet/Google. Lediglich Apple stellt einen „Ausreißer“ dar mit einem außerordentlich hohen EBIT von 54 Mrd. Euro.

Betrachtet man allerdings die EBIT-Marge, also den Gewinn vor Zinsen und Steuern ins Verhältnis gesetzt zum Umsatz, so zeigt sich, dass die neuen Player in ganz anderen Regionen ‚zu Hause‘ sind. Während 2017 keine globale Herstellergruppe auf eine höhere Marge als etwa 10 % kommt, reichen die entsprechenden Werte der neuen Konkurrenten von 24 % (Google), 25 % (Baidu), 27 % (Apple), 31 % (Alibaba), 37 % (Tencent) bis hin zu außergewöhnlichen 50 % (Facebook). Das ist auch einer der Gründe, warum keiner dieser Akteure ein ernsthaftes Interesse daran haben kann, zu einem „normalen Autobauer“ zu werden. Sie beginnen vielmehr damit, sich auf das Geschäft der weit profitableren (Mobilitäts-)Dienstleistungen, von Daten und Software zu konzentrieren und werden hier zu immer ernst zu nehmenderen Konkurrenten der Automobilbauer.

In Bezug auf die Marktkapitalisierung sind einige Automobilhersteller für sich genommen durchaus erfolgreich. So kann etwa Toyota aktuell einen Marktwert von 188 Mrd. Euro für sich verbuchen, der Volkswagen-Konzern kommt auf rund 80 Mrd. und Daimler auf 66 Mrd. Euro

In das Universum treten aber immer mehr neue Player aus den Bereichen Digitalisierung, Mobilitätsdienstleistungen und Mobilfunk/Telekommunikation ein. So erreichen Uber oder Didi Chuxing bereits Marktbewertungen von ca. 50 bis 60 Mrd. Euro. Nimmt man die größten Player Web- und Mobile-Player hinzu ergeben sich nochmals andere Größenordnungen. Allein die Marktkapitalisierung von Alphabet (Google) ist etwa so groß wie die der zusammen genommen zehn größten Automobilhersteller. In ähnlichen Größenordnungen liegen sowohl Facebook und Tencent als auch Alibaba und Amazon. Nochmals darüber liegt der Marktwert von Apple, der kaum niedriger als die Marktkapitalisierung sämtlicher 19 hier betrachteter Automobil-OEM liegt. In den letzten Monaten bis August 2018 ist er sogar weiter auf über 900 Mrd. Euro gestiegen (> 1 Billion US-Dollar).

Hierzu Studienleiter Stefan Bratzel: „Die Automobilhersteller profitierten nach der Finanzkrise vom globalen Absatzwachstum mit ‚sieben fetten Jahren‘. Die Branche steht angesichts der Trends von CO2-Zielen, Elektromobilität, Autonomes Fahren und Mobilitätsdienstleistungen vor den größten Umbrüchen ihrer Geschichte. Vor dem Hintergrund des neu entstehenden ‚Universums‘ braucht es eine Neuorientierung der Denk- und Verhaltensmuster: Die Automobilhersteller dürfen sich künftig nicht mehr als dominanten ‚Platzhirschen‘ definieren, sondern müssen in die Rolle eines ambitionierten „Herausforderers“ der neuen Mobilitätswelt wechseln. Um in den neuen Geschäftsfeldern gegen die Big-Data-Player bestehen zu können, ist hierzu eine Veränderung des Selbstverständnisses der Entscheidungsträger und der Unternehmenskultur dringend erforderlich.“

Das Center of Automotive Management (CAM) analysiert seit dem Jahr 2004 die Performance der globalen Automobilhersteller. Auf Basis von Geschäftsberichten, von Markt- und Innovationskennzahlen wird die finanzielle und marktbasierte Leistungskraft der Automobilhersteller analysiert und in den quartalsmäßig erscheinenden AutomotivePERFORMANCE-Studien veröffentlicht. Info: https://cci.car-it.com/bestellung Quelle: CAM / DMM