Neuwagenmarkt vor nächster Rabattwelle

Ausgelöst wird die neue Nachlasswelle durch die Umwelt- und Wechselprämien der deutschen Autobauer, die auf Druck der Berliner Regierungskoalition zustande kam. Renault und Opel sind bereits mit Rabattaktionen gestartet. Weitere Autobauer werden dem Druck von VW & Co. nicht allzu lange widerstehen können.

Eine neue Rabattwelle zieht Dieselgate nach sich. Foto: GZ

So wird der VW Golf Trendline in einer Belastungsregion bei Verschrottungs eines Altdiesel mit Spitzenrabatten bis zu 51 % angeboten. Ein neuer VW-Golf Trendline für 9.263 Euro statt 18.250 Euro zeigt, wie heftig die zweite Welle im Rabattrennen nach den Diesel-Fahrverboten Gestalt annimmt.

Ähnlich sieht es für den VW-Passat aus, der statt zu 31.675 Euro mit Verschrottungsprämie in einer Belastungsregion mit 14.330 Euro oder 45 % Nachlass zu haben ist. Nicht viel anders sieht es bei Ford beim Modell C-Max aus, der statt 17.900 Euro bei Altdieselverschrottung für 10.962 Euro, sprich mit 42 % Nachlass im Angebot ist. Oder bei Audi mit dem A4, der statt 36.800 Euro jetzt bei Altdiesel-Verschrottung für 24.625 Euro mit 35 % Nachlass zu haben ist. Der Startschuss zur zweiten Rabattwelle ist Ende September erfolgt.

Die Angebote rechnen sich durchaus auch für gewerbliche Kunden. Allerdings müssen sie sorgfältig nachrechnen, denn nicht immer kommen Umweltweltprämien vollständig beim Kunden an. Einige versuchen, die Prämien mit anderen Aktionen zu verrechnen und malen damit ein schöneres Bild. So werden bei Ford und Renault teilweise die Umweltprämien mit anderen Rabatten verrechnet. Bei den Wechselprämien zeigen Beispiele von BMW und VW, dass man bei den beiden Marken „fair“ in der Weise ist, dass der Wertverlust durch Dieselgate ersetzt wird. Voraussetzung ist allerdings, dass der Händler die Fahrzeuge auch zu diesen Restwerten eintauscht. Insgesamt herrscht Prämien-Wirr-Warr und damit hohe Käuferverunsicherung.

Einen Ausblick auf die nächsten Monate gibt das Rabatt- und Incentive-Geschehen im Oktober 2018. Internet-Rabatte und Kundenvorteile der Autobauer sind leicht gestiegen und die Eigenzulassungen sind nach der WLTP-Zulassungsdruck im September auf nach wie vor sehr hohem Niveau. Dabei sind die neuen Dieselprämien noch nicht in den Rabatten erfasst, denn „offiziell“ starten die meisten Prämien erst in diesem November.

Zusätzlich gilt, dass sich die Konjunktur verschlechtert und damit der Autokauf eher in die Zukunft verschoben wird. Und als wäre das nicht schon genug, kommen durch die Probleme bei der Umstellung auf die WLTP-Zertifizierungen weitere – diesmal Angebots verursachte - Engpässe im deutschen Automarkt dazu: Ein deutliches Bild sprechen die Eigenzulassungen bei einigen Fabrikaten: So haben Nissan 64 %, Hyundai und Fiat jeweils 55 % Eigenzulassungen und Opel 51 % Eigenzulassungen getätigt. Noch gravierender wird das Bild, wenn man sich einzelne, wichtige Modelle anschaut. Vom Nissan Micra gingen Dreiviertel aller Zulassungen auf Autobauer und Händler, bei Hyundai Tucson waren es 72 %, beim Fiat 500 und Nissan Juke 71 % und bei Opel beim Karl 65 %, beim Corsa 64 % und beim Hoffnungsträger Crossland X 61 %. Die Händlerhöfe müssen im November voll stehen von Tageszulassungen. Die Preis- und Rabattsysteme der Autobauer haben „Schieflage“.

Komplexe neue Diesel-Umtauschprämien für Schwerpunktregionen. Ende Oktober haben BMW, Mercedes, Opel und VW-Audi neue Umtauschprämien für Besitzer von Diesel-Fahrzeugen mit Wohnsitz oder Arbeitsstätte in und um die von der Regierungskoalition definierten „hoch belasteten“ Städte aufgelegt. VW-Audi und Opel haben zeitgleich die bereits im Sommer eingestellten, bundesweiten Diesel-Umtauschprämien wieder eingeführt. Bei BMW und Mercedes werden diese bundesweiten Prämien weiterhin angeboten.

In der Ausgestaltung der Prämien für die „Schwerpunktregionen“ gibt es aber deutliche Unterschiede. Während BMW und Opel die speziellen Angebote nur für Besitzer von Alt-Fahrzeugen der eigenen Marke anbieten, sind die Prämien bei Mercedes und VW für Besitzer aller Marken offen. Während BMW den Umkreis um die hoch belasteten Städte großzügig auf 70 km ausgeweitet hat, sind die Angebote der drei anderen Hersteller auf die Städte und die angrenzenden Landkreise beschränkt. Darüber hinaus gibt es auch Unterschiede bei der Einschränkung der geförderten Neu- und Gebrauchtfahrzeuge. Bei Mercedes müssen auch die jungen Gebrauchtwagen mindestens Euro 6c erfüllen, bei Opel wird sogar Euro 6d zur Bedingung gemacht. Bei VW und BMW gibt es diese Einschränkung nicht. Hier wird im Zweifelsfall ein Euro 4 oder Euro 5 Diesel, gegen einen „neuen Alten“ mit der nicht mehr aktuellen Euro 6b Norm eingetauscht.

Aktionsüberblick zu den Schwerpunkt-Regionen. Der starke Rückgang der Dieselverkäufe schlägt sich bei VW in zusätzlichen Dieselrabatten nieder. So gilt bei VW beim neuen bundesweiten Programm die Bedingung, dass Neufahrzeuge mit Dieselmotor ausgestattet sein müssen. Darüber werden Diesel-Neuwagen durch eine zusätzliche „Diesel-Auftragsprämie“ unterstützt. In den Schwerpunktregionen werden die Rabatte durch folgende Aktionen verstärkt:

Audi / VW:

  • Altfahrzeug: Inzahlungnahme von Euro 4 oder Euro 5 Diesel aller Marken
  • Geförderte Fahrzeuge: Neu-/Jahreswagen, mindestens Euro 6
  • Prämienhöhe Neuwagen: Von 500,- Euro (Up) bis 7.000,- Euro (Passat, Arteon, Sharan, Touareq)
  • Prämienhöhe Gebrauchtwagen: Modellabhängig 50% oder 75% der Prämie

BMW / Mini:

  • Einschränkung Region: Umkreis von 70 Km um belastete Städte
  • Altfahrzeug: Nur BMW oder Mini mit Euro 4 oder Euro 5 Dieselmotor Inzahlungnahme Euro 5, Inzahlungnahme oder Verschrottung Euro 4
  • Geförderte Fahrzeuge: Neuwagen, Vorführwagen, junge Gebrauchtwagen
  • Prämienhöhe: 6.000 Euro bei Neuwagen, 4.500 Euro bei Vorführwagen und jungen Gebrauchtwagen
  • Laufzeit: Bis 31.12.2019

Mercedes-Benz:

  • Einschränkung Region: Belastete Städte und angrenzende Landkreise
  • Altfahrzeug: Euro 1 bis Euro 5 Diesel aller Marken, Inzahlungnahme bei Euro 4 und Euro 5, Verschrottung und Wertausgleich für Euro 1 bis Euro 3
  • Geförderte Fahrzeuge: Neuwagen, Vorführwagen, „Junge Sterne“ Gebrauchtwagen ab Abgasnorm Euro 6c
  • Prämienhöhe Neuwagen: 3.000 Euro bei Kompaktwagen, 10.000 Euro bei S-/GLS-Klasse, 6.000 Euro bei sonstigen Modellen
  • Prämienhöhe Gebrauchtwagen:5.000 Euro bei E-/S-/GLS-Klasse, 3.000 Euro bei sonstigen Modellen

Opel:

  • Einschränkung Region: Belastete Städte und angrenzende Landkreise
  • Altfahrzeug: Euro 5 Diesel aller Marken, Inzahlungnahme (Bundesweite Umweltprämie in gleicher Höhe gilt bei Verschrottung Euro 1-4 Diesel!)
  • Geförderte Fahrzeuge: Neuwagen, Vorführwagen Euro 6d temp
  • Prämienhöhe Neuwagen: 2.000 Euro (Karl) bis 8.000 Euro (Insignia)
  • Prämienhöhe Gebrauchtwagen:2.000 Euro (Karl) bis 8.000 Euro (Insignia)
  • Laufzeit:31.12.2018

Mitunter nur Marketing-Gags. Bleibt die Frage, ob die Wechselprämien in den Schwerpunktregionen für die Dieselfahrer ein faires Angebot darstellen. Unter „fair“ soll dabei verstanden werden, dass der Wertverlust gegenüber der Zeit ohne Fahrverbote und Dieselgate – also vor 2016 - von der Prämie ausgeglichen wird. Was auf den ersten Blick nach Käuferparadies aussieht, entpuppt sich bei genauerem nachrechnen oft als „Marketing-Gag“. Das zeigen die nachstehenden Beispiele:

Beim Ford Fiesta kommt nur die Hafte der Umweltprämie beim Kunden an. Bei Ford wird zwar mit einer Verschrottungsprämie von 3.100 Euro geworben, aber gegenüber dem Basisrabatt beim Internetvermittler kommt bei Kauf eines Fiesta mit Umweltprämie nur die Hälfte des Prämienbetrags - exakt 1.580 Euro - beim Käufer an. Ford bzw. die Ford Händler „verrechnen“ damit einen Teil der Verschrottungsprämie mit anderen Rabatten, die der Hersteller gewährt. Das ist die nicht ganz elegante Art. In der heutigen Situation, bei der alle Autobauer durch die Dieselgate durch eine riesige Vertrauenskrise gehen sollte man so etwas nicht machen, sondern dann lieber gleich ehrlich sagen, dass man nur 1.520 Euro statt 3.100 Euro Prämie (Netto) gewährt.

Beim Renault Clio kommt nur ein Drittel der Umweltprämien beim Kunden an. Bei Renault wiederholt sich, was bei Ford schon zu sehen war. Netto kommen von 3.000 Euro beworbenen Umweltprämien nur 1.000 Euro beim Kunden an. 2.000 Euro werden wieder mit anderen Aktionen beim Clio „verrechnet“. Zusätzlich gilt hier, dass es sich um eine Eintauschaktion handelt und der Händler wenig Interesse haben dürfte, einem gebrauchten Diesel in Zahlung zu nehmen.

Im Gegensatz zu Ford und Renault kommen die Umweltprämien bei VW im Beispiel mehr als vollständig auch beim Käufer an. Zusätzlich zur Verschrottung hat der Kunde bei Ford, Renault, VW die Möglichkeit, seinen alten Diesel einzutauschen, wenn er Euro 4 oder Euro 5 erfüllt. Die Frage ist, welche Gebrauchtwagen-Ankaufswerte die Händler hier ansetzen. Die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Ankaufswert vom Händler sehr niedrig angesetzt wird; dann nämlich verliert der Kunde viel. Der Kunde sollte sich also genau – etwa bei DAT, Schwacke oder beim ADAC – über den Restwert seines gebrauchten Diesels informieren, sonst macht er einen schlechten Deal.

Überwiegend dürften die Autohändler kein Interesse haben, gebrauchte Diesel anzukaufen, denn die Fahrzeuge sind kaum als Gebrauchte weiter zu verkaufen. Also wird man den Kunden eher den Basisrabatt vorschlagen und die Wechselprämie ausreden.

Prämien-Wirrwarr. Der Gedanke, dem Diesel-Kunden zu helfen und die hohen Wertverluste seines Fahrzeuge durch Dieselgate abzupuffern, ist nachvollziehbar, aber es bleibt eben meist bei einem Teil des Wertverlusts. Nach wie vor bezahlt der Autofahrer den Großteil der Dieselgate-Zeche, daran ändern auch die schönsten Bzeichnungen für die Prämien nichts. Und es bleibt festzustellen, dass die Bundesregierung in Berlin mehr als drei Jahre die Autofahrer und die Städte hat im Regen stehen lassen. Wir könnten heute gut 50 % der Euro 5 Diesel mit SCR-Nachrüstungen auf der Straße haben und möglicherweise auch bei Euro 4 Diesel. Damit wären Fahrverbote vom Tisch, damit wären die Wertverluste beim Handel vom Tisch und damit wären auch die großen Probleme der Dieselfahrer vom Tisch. Mit Dieselgate hat die Automobil-Branche sehr viel Vertrauen verspielt. Wenn jetzt im Handel noch zusätzlich Spielchen mit der Autokäufer getrieben werden ist das doppelt schlecht für die Branche.

Dieselgate hat zu einer fundamentalen Verschiebung im deutschen Automarkt geführt. Noch nie wurden flächendeckend Autos so stark entwertet als durch Dieselgate. Zweiter Effekt von Dieselgate sind die großen Rabattwellen, die den deutschen Automarkt erschüttern. Dieser zweite Effekt wurde zusätzlich durch die WLTP-Zertifizierungen, die auch aufgrund Dieselgate zu spät umgesetzt werden konnten, verstärkt. Die zweite große Rabattwelle rollt an, die im Vergleich zum Ausgangsjahr des CAR Rabatt-Indexes erneut wieder Rabattniveaus von 50 % über dem Ausgangszustand bringen dürfte

Zählt man die Rabatt- und WLTP-Verluste bei Autobauer und Autohändlern zusammen wäre wohl in vielen Fällen die Hardware-Nachrüstung der preisgünstigere und bessere Weg für die Autobauer gewesen. Die Wertverluste der Autohändler und Niederlassungen durch Dieselgebrauchtwagen dürfte in den Bilanzen der Autobauer auch im Jahr 2018 und 2019 zu spüren sein. Von daher kommt man zur alten Börsenweisheit zurück - der erste Verlust ist der Beste – oder anders formuliert „aussitzen“ wird teuer. Auch das zeigen die Daten des neuen Rabattberichts. Quelle: CAR / DMM