Pkw mit E-Fuel-Antrieb hochgradig ineffizient und viel zu teuer zu betreiben

Durchaus denkbar, dass es zukunfts- und beratungsresistente Mobilitätsmanager gibt, die ab 2035 lieber Verbrennerautos (die dann ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden sollen) statt batterieelektrische Fahrzeuge in ihre Fuhrparks einstellen werden. Firmen können sich vielleicht eher leisten, den Preis von 5 Euro und mehr für den Liter des synthetischen Kraftstoffs zu bezahlen, und das für laut Umweltbundesamt "hochgradig ineffiziente" und eben nicht schadstofffreie E-Fuels-betriebene Pkw. Aber wollen sie das wirklich?

 

Barbara Frenkel, Mitglied des Porsche Vorstandes, Beschaffung und Michael Steiner, Mitglied des Vorstandes, Forschung und Entwicklung bei der Eröffnung der eFuels-Pilotanlage in Chile. Foto: Porsche

Auch nach 2035 dürfen klassisch angetriebene Autos verkauft werden, sofern sie mit klimaneutralen Kraftstoffen betrieben werden. Das ist eine zwiespältige Nachricht für die Autofahrer, für den Standort Europa und für die Umwelt. 

Porsche preschte vor mit dem Thema E-Fuels. Und hatte mit Finanzminister Christian Lindner, seines Zeichens Porsche-Fahrer, und Verkehrsminister Wissing zwei Helfershelfer. Dass sich die EU-Kommission und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am späten Freitag Abend (24. März 2023) geeinigt haben, wonach auch nach 2035 die Neuzulassung von neuen Pkw mit Verbrennungsmotoren in der EU erlaubt sein soll. sofern deren Betrieb ausschließlich mit klimaneutralen E-Fuels erfolgt, ist ein massiver Schlag gegen alle Bemühungen Deutschlands, im Kampf gegen den Klimawandel. Bekannt ist, dass der Verkehrssektor in Deutschland ganz erheblich zum Schadstoffausstoß beiträgt, namentlich der Straßenverkehr und die Luftfahrt. Konkrete Verfahrensschritte und einen Zeitplan haben die Beteiligten bereits vereinbart, betont Wissing. Nach seiner Einschätzung sollte der Prozess bis Herbst 2024 abgeschlossen sein. 

FDP torpediert den Klimaschutz. Nach Expertenmeinung haben Wissing und sein Chef, Bundesfinanzminister Christian Lindner, den AutofahrerInnen einen wahren Bärendienst erwiesen und die Bundesrepublik in der EU zum unglaubwürdigen und unzuverlässigen Partner gemacht. Immerhin war auf EU-Ebene das Ende des Verbrennungsmotors in Europa fast besiegelt. Doch erklärtes Ziel der FDP ist das Torpedieren aller Bemühungen rund um das Thema Klimaschutz, indem sie, wie auch der Lobbyverband VDA, von Technologieoffenheit spricht, tatsächlich aber den Klimaschutz ausbremst. Denn E-Fuels für Pkw einzusetzen ist laut Wissenschaft ein ökologische Irrsinn, zumal die Nutzung von synthetischen Kraftstoffen keinerlei Vorteile bringt, dafür aber  höchst kosten- und energieintensiv ist und in Sachen Effizienz denkbar schlecht abschneidet.  

Im Dezember 2022 hat die VW-Tochter Porsche zusammen mit internationalen Partnern um die chilenische Betreibergesellschaft Highly Innovative Fuels (HIF) in Punta Arenas in der Pilotanlage „Haru Oni“ in der Provinz Magallanes im Süden Chiles mit der industriellen Produktion von synthetischem Kraftstoff begonnen. Zu Beginn soll die Produktion 130.000 Liter pro Jahr betragen. Bis 2027 möchte Porsche die Kapazität bis auf 550 Mio. Liter jährlich erhöhen. Zum Vergleich: In Deutschland wurden 2021 im Pkw-Verkehr täglich 8,2 Mio. Liter Benzin/Diesel verbraucht. Mit einer Produktion von 550 Mio. Liter/Jahr kommt man also nicht sehr weit.

Der Süden Chiles bietet ideale Bedingungen für die Produktion von eFuels: Dort weht der Wind an rund 270 Tagen im Jahr so, dass Windräder in Volllast laufen können. Zudem liegt Punta Arenas in unmittelbarer Nähe der Magellanstraße. Vom Hafen Cabo Negro aus lässt sich der synthetische eFuel analog zu herkömmlichen Kraftstoffen in alle Welt transportieren und über die bestehende Infrastruktur verteilen. „Mit Windenergie aus Wasser und Kohlendioxid hergestellte E-Fuels erlauben einen nahezu CO₂-neutralen Betrieb von Ottomotoren. Mit der E-Fuels-Pilotanlage nimmt Porsche bei dieser Entwicklung eine treibende Rolle ein“, sagt Barbara Frenkel, Vorständin Beschaffung der Porsche AG.

Autoxperte Professsor Dr. Ferdinand Dudenhöffer sieht den batterieelektrischen Antrieb im Pkw-Bereich als "konkurrenzlos" an. Alternativen gebe es keine, da es "geradezu dumm" sei, auf andere, weit ineffizientere Technologien wie etwa die e-Fuels zu setzen. 

Für die Herstellung von künstlichem Sprit sind ungeheure Mengen an regenerativem Strom die Grundvoraussetzung. Idealerweise handelt es sich dabei um überschüssigen Wind- oder Solarstrom, den das Netz nicht aufnehmen kann. Mit diesem Strom wird Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff (O₂) und Wasserstoff (H₂) gespalten. Letzterer wird mit Kohlendioxid (CO₂) verbunden, das z.B. als Abfallprodukt aus anderen industriellen Prozessen anfällt und sich auch aus der Umgebungsluft extrahieren lässt. Am Ende der Kette stehen Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren, die sich in ihren Grundeigenschaften nicht von erdölbasiertem Sprit unterscheiden, aber CO₂-neutral produziert werden.

Anders als bei Biokraftstoffen konkurrieren E-Fuels nicht mit der Nahrungsmittelproduktion. Der Literpreis von E-Fuels liegt in der Herstellung momentan weit über dem von Benzin- oder Dieselkraftstoff. Um wettbewerbsfähige Preise der E-Fuels zu erreichen, verlangt Porsche-Managerin Barbara Frenkel von der Politik geeignete Maßnahmen, die Preisdifferenz zu minimieren. Anreizen wie Subventionen würde sie gegenüber höheren Benzinpreisen den Vorzug geben. 

Tauglich nur für Luft- und Schifffahrt. Künstliche Treibstoffe werden bislang kaum produziert und gelten als knapp, superteuer und ineffizient. Die Effizienz eines mit E-Fuels betriebenen Pkw liegt bei weniger als 45 % eines batterieelektrischen Pkw. Daher sollen sie nach dem Willen der EU-Kommission vor allem für den Schiffs- oder Flugverkehr reserviert werden, der nicht direkt mit Strom betrieben werden kann. Einer Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) reicht die 2035 erwartete Produktionsmenge der synthetischen Kraftstoffe bei Weitem nicht aus, um allein den Bedarf in diesen Bereichen zu decken. Für Pkw bliebe dann ohnehin nichts übrig, selbst wenn alle erhofften Produktionskapazitäten ausgeschöpft werden könnten. Und wenn, dann müssen die Nutzer von Verbrennerautos, die mit E-Fuels betankt werden, mit Literpreisen von 5 bis 8 Euro rechnen. 

Regelung ab 2035. In der Realität könnte der Einsatz von E-Fuels ab 2035 dann beispielsweise so aussehen: Erkennt ein Neuwagen, dass er mit fossilem Benzin oder Diesel betankt wurde, müsste er seinen Motor automatisch abschalten. Denn rechtlich dürften neu zugelassene Autos ab 2035 nur noch mit klimaneutral hergestellten E-Fuels fahren.Denn im Jahr 2035 darf kein Auto mehr neu zugelassen werden, das Treibhausgase ausstößt. Das hatte das EU-Parlament am 14. Februar 2023 mit 340 Ja-Stimmen, 279 Nein-Stimmen und 21 Enthaltungen beschlossen. Schon bis zum Jahr 2030 soll der CO₂-Ausstoß im Pkw-Verkehr um 55 % gesenkt sein, so das Parlament. 

Nichts spricht für E-Fuels, aber alles fürs E-Auto. E-Fuels gelten als bilanziell CO₂-neutral, die Herstellungskosten liegen Prognosen von Experten zufolge 2035 bei fünf bis acht Euro den Liter. Augenwischerei ist, was Porsche behauptet: Mit Anlagen wie der jüngst in Chile eröffneten, könnte 1 Liter synthetischen Sprits für weniger als 1,90 Euro hergestellt werden. 

Größter Kostentreiber für die Herstellung synthetischen Benzins ist der enorm hohe Energieaufwand. Berechnungen von unabhängigen Experten zufolge benötigt man zur Erzeugung von 1 E-Diesel 27 kWh Energie – aus regenerativen Quellen wohlgemerkt, sonst bringt es keine CO₂-Neutralität. Fahren mit E-Fuels braucht demzufolge etwa achtmal mehr Energie als batterieelektrische Autos. Zur Erzeugung der allein in Deutschland jährlich verbrannten 47 Mrd. Liter Sprit sind umgerechnet mehr als 1.250 Terawattstunden grünen Stromdvonnöten. Der Aufbau entsprechender Kapazitäten würde lange dauern und weitere CO₂-Emissionen verursachen, die konsequenterweise in die CO₂-Emissionen der E-Fuels eingerechnet werden müssen – wie sie ebenfalls bei der Herstellung der Batterien anfallenden. Zum Vergleich: Deutschland verbrauchte zuletzt etwa 565 Terawattstunden jährlich. Würden alle 47 Mio. Pkw in Deutschland elektrisch betrieben, bräuchte man dafür rund 140 Terrawattstunden Strom. Welche Treibhausgasemissionen der hohe Energieaufwand für E-Fuels zur Folge hätte, ist schwer zu prognostizieren. Berechnungen von Transport and Environment (T&E) zufolge würde ein mit E-Fuels betriebener Verbrenner pro Kilometer 95 Gramm CO₂ emittieren, ein E-Auto 48 Gramm.

„Alte“ Verbrenner nach 2035. Für alle bis ins Jahr 2034 in der EU zugelassenen Autos mit Verbrennungsmotor wird es einen Bestandsschutz geben. Es darf also sehr wohl über das Jahr 2035 hinaus mit klassischem Antrieb gefahren werden. Diesel und Benzin wird es selbst nach 2035 noch flächendeckend geben, aber zu sehr viel höheren Preisen als heute, u.a. zu verdanken der laufend steigenden CO2-Einpreisung und natürlich auch den verschärften Abgasnormen. Dabei geht es insbesondere um die Reduzierung von Feinstaub, Kohlenwasserstoffen, Kohlenmonoxid, Ammoniak und vor allem der Stickoxide. Die stoßen grundsätzlich auch Motoren aus, die E-Fuels verbrennen. Ein weiterer Teuerungsfaktor für herkömmliche Treibstoffe dürfte auch das dünner werdende Tankstellennetz mit sich bringen, wenn durch alternative Antriebe immer weniger Nachfrage nach klassischem Sprit besteht. 

Reform der Kfz-Steuer. Autos, die mit klimaneutralen synthetischen Kraftstoffen - den sogenannten E-Fuels - betankt werden, sollten künftig geringer besteuert werden als die derzeit mit Benzin oder Diesel betriebenen Fahrzeuge, sagte der FDP-Vorsitzende und Bundesfinanzminister Christian Lindner. „Wenn der Kraftstoff klimafreundlich ist, dann muss die Besteuerung von der Kraftfahrzeugsteuer bis zur Energiesteuer angepasst werden.“ Das Finanzministerium werde dazu ein Konzept vorlegen. Was Lindner gerne verschweigt: Die Produktion on E-Fuels ist teurer und weit umweltschädlicher als die Herstellung von Batterien für E-Autos, erst recht, wenn es sich um Feststoff-Akkus handelt, für die es kein Lithium und kein Kobalt mehr braucht. Das dürfte um das Jahr 2030 herum schon der Fall sein. Quelle: EU-Kommission / Porsche / ams / DMM