Probleme über Probleme - Wer wird wirklich Erstkunde der neuen B777X?

Es sieht ganz danach aus, als ob Boeing seine Produktions- und Auslieferungspläne für das neue Flaggschiff B 777X überarbeiten muss. Der Hersteller, der finanziell zwar gerettet ist, muss Tausende Arbeitskräfte entlassen, zumal es viele Abbestellungen von Flugzeugen, insbesondere der B737 Max-Familie gibt und eine Reihe großer Fluggesellschaften um Lieferaufschub gebeten hat. Das betrifft auch den B 777X-Erstkunden Emirates. Die Scheichs sollen ihre erste neue Tripleseven nicht vor 2022 bekommen.

Ihren Jungfernflug absolvierte die B777X im Januar 2020 (DMM berichtete). Seitdem wurden bereits zahlreiche Testflüge mit zwei fertigen Jets dieses Typs unternommen. Eine dritte soll in Kürze folgen. Und weil Emirates erstaunlicherweise finanziell auch nicht mehr auf Rosen gebettet ist, überlegt das Management des Golfcarriers, ob es wirklich beim Auftrag über 115 der neuen Langstreckenjets bleiben muss, so COO Adel Al Redha. Emirates verhandelt zurzeit mit Boeing über die Umwandlung eines Teils der 777X-Order in die etwas kleinere B787. Der Dreamliner passt wohl besser zur geänderten Nachfrage, heißt es in Dubai.

Am Fertigungsstandort Everett macht sich Boeing Gedanken darüber, die Produktionsrate der 777X herunter zu fahren; denn die meisten Kunden haben zurzeit keine Möglichkeit, die bestellten Riesenflieger entsprechend den Verträgen und Übergabezeiten abzunehmen, weil ihnen die Nachfrage weggebrochen ist. Das gilt z.B. auch für die Lufthansa. Al Redha kann in diesem Zusammenhang ohnehin nicht erkennen, dass Boeing noch in 2021 eine der bestellten B 777X liefern kann. Seitens Boeing heißt es, dass der Hersteller eng mit den Kunden zusammenarbeitet, um zu vernünftigen Lösungen für beide Seiten zu kommen.   

Eigentlich sollte Emirates als Erstkunde ihre erste B777X noch in 2020 erhalten. Diese Absicht durchkreuzten aber Probleme mit den Triebwerken von General Electric (DMM berichtete). Deshalb war der Übergabetermin im Spätherbst 2020 ohnehin nicht mehr haltbar. Bei Boeing weiß im Moment auch niemand, ob Emirates tatsächlich Erstkunde bleiben wird oder ob nicht doch eine andere Fluggesellschaft ihre B 777X als erste erhalten wird.

Sollte Emirates eine raschere Auslieferung von Dreamlinern wünschen, würden die Araber dem Flugzeugbauer über eine finanzielle Durststrecke hinweg helfen. Zuletzt hatte Boeing eine Halbierung der Produktionsrate für die B787.8-10 angekündigt. 

Die 777-9 ist länger als der aktuelle Jumbo B747-8, der jetzt definitiv eingestellt wird, und bietet eine ähnlich große Sitzplatzkapazität. Offiziell soll die 777-9 „nur“ 442,2 Mio. USD nach Liste kosten. Das Problem: Weil weltweit die Nachfrage nach derart großen Maschinen zusammengebrochen ist und niemand weiß, ob und wann es eine Erholung gibt, passt der neue Flieger nicht so recht zum Markt. Das beweisen die Neustrrukturierungspläne z.B. von Qatar Airways, Cathay Pacific Airway sodern auch der Lufthansa. Kann Boeing die neuen Grooßraumjets nicht in einer bestimmten Größenordnung produzieren, gerät die Profitablität des 777-Programms in Gefahr. 

Emirates hat übigens auch bei Airbus einen Teil der noch ausstehenden A380-Bestellungen gestrichen. Das war u.a. der Grund für das Aus des Doppelstöckers. Derzeit betreibt die in Dubai ansässige Fluggesellschaft 115 der weltgrößten Maschinen. 60 % davon sollen bis Dezember wieder im Einsatz sein, so Al Redha. Die Widebodies sollen nach und nach mit neuen Economy-Sitzen ausgestattet und die Premium Economy erweitert werden. Quelle: Boeing / Airbus / Emirates / DMM