Pünktlichkeit im Fernverkehr nimmt zu

Die Verspätungsdaten des vergangenen Fahrplanjahrs (Dez. 2018 – Dez. 2019) hat das Internetportal Zugfinder.de ausgewertet. Dabei wurden rund 2,5 Mio. Daten ausgewertet, die im Laufe des Jahres von Reiseauskünften in Deutschland und Österreich abgerufen wurden. Erstmals wurden nicht nur die Verspätungen einzelner Züge untersucht, sondern auch die Pünktlichkeit an deutschen Fernbahnhöfen.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass sich die Pünktlichkeit von ICE, Railjet & Co. gegenüber dem Fahrplanjahr 2018 statistisch verbessert hat. Nach nur 99 Fernzügen mit einer Pünktlichkeit von über 90 % im Fahrplanjahr 2018 waren es 2019 immerhin 215. Wie im Vorjahr nehmen Kurzstrecken-Züge in den neuen Bundesländern Deutschlands die Spitzenpositionen ein, im positiven Sinne. Der pünktlichste Fernzug Deutschlands war der  ICE 1531 von Eisenach nach Rostock, der zu 99,3 % fahrplanmäßig sein Ziel erreichte; seine durchschnittliche Verspätung liegt bei nur 40 Sekunden, das sind beinahe japanische Verhältnisse (In Nippon fahren die Shinkansen-Hochgeschwindigkeitszüge mit 99,99 %-Pünktlichkeit, und zwar echter Pünktlichkeit!). Dahinter liegen ICE 892 (Halle-Berlin; 98,2 % pünktlich) und ICE 1646 (Erfurt-Frankfurt; 97,9 % pünktlich).

Die größten Probleme bereitete wie schon in der vorherigen Fahrplanperiode die ICE-Linie 22 (Stuttgart-Hamburg). Gleich mehrere Züge, die meisten davon unter Einsatz des neuen ICE 4, rangieren am Ende der Pünktlichkeits-Tabelle. Im Durchschnitt kommt nur jeder zweite Zug auf dieser Linie pünktlich in Stuttgart oder Hamburg an, wobei pünktlich bei der deutschen Bahn heißt, 1 bis 15 Minuten später als Plan! Zur Erinnerung: Die Deutsche Bahn bezeichnet ihre Züge als pünktlich, wenn sie nicht mehr als sechs Minuten Verspätung haben. In einer weiteren Statistik werden auch Fahrten als pünktlich gewertet, die nicht mehr als 16 Minuten verspätet sind.

Betrachtet man nur die Ergebnisse des Fernverkehrs, so muss die DB eingestehen, dass in keinem Monat 2019 mehr als 80 % Pünktlichkeit erreicht wurden. Am schlimmsten war es im Juni – mehr als ein Drittel der ICE, IC und EC kam mehr als sechs Minuten zu spät. 14 % waren sogar mehr als eine Viertel Stunde zu spät.

Vorbild Japan. Kritiker fordern schon seit langem, dass die überaus großzügigen Zeitvorgaben der DB blanker Unsinn sind. In Japan, das in Sachen Bahnverkehr zu einem der weltweiten Vorreiter gehört, beträgt die Toleranz nur 5 Sekunden. Trifft ein Lokführer auch nur 1 Minuten später ein als ihm der Fahrplan vorgibt, muss er sich wegen der Schande einer Kommission stellen. Und auch die Vorstände der japanischen Bahngesellschaften dürfen sich Schluderei wie in Deutschland nicht leisten. Sie würden sofort aus ihren Ämtern gejagt. 

Die rote Laterne in Sachen Pünktlichkeit trug 2019 der IC 2226 (Passau-Kiel): Obwohl auch er von der allgemeinen Verbesserung der Pünktlichkeit profitieren konnte, erreicht nur rund jeder dritte dieser Intercity-Züge, die eine Strecke von mehr als 1.000 km zwischen Passau und Kiel (über Nürnberg, Frankfurt, Köln, Münster und Hamburg)  pünktlich sein Ziel. Besondere Erwähnung verdient auch der Nachtzug NJ 294 von Rom nach München. Seine durchschnittliche Verspätung am Ziel liegt bei außerordentlichen 53 Minuten.

Bahnhöfe. Bei den Bahnhöfen hat Frankfurt(Oder) die Spitzenposition erreicht: Von 1.737 Fernzughalten waren 1.652 pünktlich – eine Quote von 95,1 %. Darüber hinaus ist dieser Bahnhof deutschlandweit der einzige, der keinen einzigen Fernzugausfall zu beklagen hat. Am Ende der Liste befinden sich eher kleinere Bahnhöfe mit unter 1.000 Fernzughalten, so kamen in Oberstdorf von 292 Zügen lediglich 81 (27,7 %) pünktlich an. Unter den Großstädten hat Kiel die meisten Probleme, nur jeder zweite Fernzug kam hier pünktlich an.

Tipp für Mobilitätsmanager und Geschäftsreisende: Trotz der leichten Entspannung gegenüber dem Vorjahr bleiben Verspätungen für einen erheblichen Anteil der Reisenden ein kritisches Thema. Mithilfe des Einsatzes von künstlicher Intelligenz erhalten registrierte Nutzer von Zugfinder.de möglichst genaue Verspätungsprognosen. Die Beta-Version kann bereits Verspätungen für die kommenden drei Tage mit einer Zuverlässigkeit von rund 79 % vorhersagen; mehrere Experten arbeiten derzeit an dem System mit dem Ziel, über 90 % aller Prognosen korrekt zu treffen.

Das Internetportal Zugfinder bietet „Passenger Information as a Service“ (PIaaS): Auf der Webseite finden Reisende die aktuellen Positionen von Fern- und Regionalzügen graphisch aufbereitet, zahlreiche Verspätungsstatistiken zu deutschen Fernzügen und Bahnhöfen sowie einen Mailingdienst, der aktuelle Informationen über häufig genutzte Züge bereitstellt. Seit Dezember 2019 liefert darüber hinaus eine eigens entwickelte künstliche Intelligenz Verspätungsprognosen für die kommenden 3 Tage. www.zugfinder.de / Quelle: Zugfinder.de