Reiseveranstalter zur Zahlung verdonnert

Ein Reiseveranstalter wurde vom Landgericht Frankfurt wegen falscher Angaben zum Rückflug von vier Reisenden zur Zahlung neu gebuchter Flüge verdonnert.

Eine vierköpfige Familie, Ehepaar mit Sohn und dessen Frau, flog nach Jamaika. Geschuldete Reiseleistungen des Reiseveranstalters waren die Unterbringung im gebuchten Hotel und der Transfer vom Flughafen ins Hotel und umgekehrt. Hin- bzw. Rückflug hatte die Familie selbst gebucht. Am Vorabend des Rückflugs bat die örtliche Reiseleiterin des Reiseveranstalters die Familie in ihr Büro und teilte ihr mit, dass sich die Abflugzeit geändert hätte. Statt um 11:35 Uhr sollte die Maschine erst um 14:10 Uhr abfliegen. Daher wurde auch die Abholzeit am Hotel auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, nämlich statt 6:20 Uhr auf 10:30 Uhr. Zum angegebenen Zeitpnkt wurden die vier vom Hotel abgeholt und zum Flughafen gebracht. Dort angekommen wurde ihnen allerdings mitgeteilt, dass das Flugzeug, in dem alle vier Reisenden reservierte Plätze hatten, bereits abgeflogen sei. Außerdem gab es auch keinen Flug um 14:10 Uhr, wie von der Reiseleiterin mitgeteilt. Es gab lediglich einen Flug, der um 14:05 Uhr abfliegen sollte. Die Informationen der Reiseleiterin waren also komplett falsch.

Aus diesem Grund buchten der spätere Kläger und seine Frau als Ersatz jeweils zwei Flugtickets für einen Flug über Philadelphia nach Frankfurt/Main, der am selben Tag um 14:00 Uhr startete. Die Kosten der Rückreise i. H. v. 8.799,92 Euro wollte der Kläger schließlich vom Reiseveranstalter ersetzt haben. Dies lehnte der Reiseveranstalter aber mit dem Hinweis ab, dass er lediglich den Transfer und nicht den Rückflug schulde. Daher kam es zum Prozess.

In der Verhandlung vor dem Landgericht (LG) Frankfurt/Main gab der Richter dem Kläger recht und verurteilte den Reiseveranstalter zur Zahlung der kompletten Kosten für den Ersatzflug, obwohl er lediglich den Transfer und nicht die Flugbeförderung schuldete.R Der Richter stellte in seinem Urteil fest, dass der Reiseveranstalter dem Kläger Schadensersatz i. H. d. Rückflugkosten zahlen muss, da eine Nebenpflicht aus dem Reisevertrag nach §§ 280 Abs. 1, 651a, 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verletzt wurde. Das bedeutet, dass den Reisenden im Rahmen des organisatorischen Ablaufs keine falschen Informationen, wie hier die falsche Abflugzeit und daraus folgend die falsche Abholzeit, erteilt werden dürfen. Dabei muss sich der Reiseveranstalter das Verhalten der durch ihn eingesetzten Reiseleiterin als so genannte Erfüllungsgehilfin i. S. d. § 278 BGB zurechnen lassen, da er diese zur Erfüllung der eigenen reisevertraglichen Pflichten eingesetzt hat. Das Verschulden der Reiseleiterin liegt darin, dass sie von sich aus auf die Familie des Klägers zugegangen ist und eine Falschauskunft bezüglich der Rückflugzeit gegeben hat. Wenn es nämlich keine Pflicht zur Auskunft der Abflugzeit gibt, aber trotzdem diesbezüglich eine Auskunft erteilt wird, darf diese Auskunft auf keinen Fall falsch sein.

Der Richter sah auch kein Mitverschulden beim Kläger, indem er auf die Auskunft der Reiseleiterin vertraut hat und nicht selbst die Abflugzeit des Rückflugs nochmals überprüft hat. Da es im Flugverkehr üblich sei, dass es zu Verschiebungen der Flugzeiten komme, musste der Kläger nicht an der Aussage der Reiseleiterin zweifeln und folglich auch nicht misstrauisch werden. Er durfte sogar davon ausgehen, dass die Informationen, die von der Reiseleitung weitergegeben wurden, vorher überprüft worden sind.

Im vorliegenden Fall musste der Kläger vor Buchung des Ersatzfluges auch kein Abhilfeverlangen an den Reiseveranstalter richten. § 651d Abs. 2 BGB ist hier nicht anwendbar. Da der Reiseveranstalter die Flugbeförderung nicht geschuldet hat, liegt keine mangelhafte Reiseleistung vor. Es wurde lediglich eine reisevertragliche Nebenpflicht verletzt, bei der keine Verpflichtung des Reisenden besteht, dem Reiseveranstalter zunächst die Möglichkeit zu geben, den Schaden anderweitig abzuwenden.

Das Besondere in diesem Fall ist, dass der Reiseveranstalter die Kosten des Ersatzfluges der Familie übernehmen muss, obwohl er aus dem geschlossenen Reisevertrag lediglich den Transfer vom Hotel zum Flughafen schuldete und nicht den Rückflug. Dies musste er aus dem Grund, da seine Reiseleiterin der Familie von sich aus eine falsche Abflugzeit genannt hat, daraufhin die Abholung im Hotel später organisiert hat und der Flug aufgrund dieses verspäteten Transfers verpasst wurde. LG Frankfurt/Main, Urteil v. 06.06.2014, Az.: 2-24 O 125/13 / DMM