S-Klasse mit Lebensversicherung

Staatsoberhäupter und Wirtschaftsführer leben mitunter nicht ganz ungefährlich. Vor allem dann, wenn sie „normale“ Fahrzeuge selbst steuern oder sich chauffieren lassen. Besser sind sondergeschützte Versionenen, denen diese spezielle Klientel beruhigt ihr Leben anvertrauen können. Dazu zählt der neue S 680 GUARD 4MATIC. Das Mercedes-Luxusgefährt erfüllt mit der Schutzklasse VPAM VR10 die höchste ballistische Prüfstufe für Zivilfahrzeuge und ist darüber hinaus besonders widerstandsfähig gegen Sprengladungen.

Für einen besonders schutzbedürftigen Personenkreis gedacht, die Mercedes-Benz S-Klasse S80 Guard 4Matic. Foto: MB

Interieur vom Feinsten und mit perfekten Kommunikations- und Arbeitsmöglichkeiten im S80 Guard 4Matic.

Die durch das Beschussamt Ulm durchgeführte Zertifizierung erfolgte erstmals mit sogenannten Biofidel-Dummys. Mit Knochen- und Weichteil-artigen Konstruktionen ahmen diese Versuchspuppen den menschlichen Körper besonders realistisch nach. Der S 680 GUARD 4MATIC ist die erste GUARD Limousine von Mercedes-Benz mit Allradantrieb und wird vom V12 (M279) mit 450 kW/612 PS angetrieben. Der Basispreis liegt bei netto 457.100 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer, also „etwas über dem Budget“ üblicher S-Klasse-Kunden.

„Der S 680 GUARD 4MATIC ist eines der am stärksten kundenorientierten Produkte von Mercedes-Benz. Denn dieses Sonderschutzmodell stellt den Menschen und seine Sicherheit in den Fokus“, so Dirk Fetzer, Leiter Produktmanagement S-Klasse. „Keine andere Serienlimousine erfüllt ebenso vollumfänglich die höchste Schutzklasse für Zivilfahrzeuge. Und gleichzeitig sind Qualität und Langlebigkeit dank umfangreicher Entwicklungs- und Erprobungsumfänge auf Serienniveau. Die neue Sonderschutzversion schützt, was wirklich zählt, sie ‚protects what matters‘.“

Seit 1928 baut Mercedes-Benz Sonderschutzfahrzeuge. Von dieser langjährigen Erfahrung profitieren die Kunden des neuen Modells. Das integrierte Schutzsystem (iSS) erreicht ein neues Niveau: Wurden bisher die entsprechenden Schutzmaterialien bei den GUARD Limousinen in die Serien-Rohbaustruktur integriert, wurde jetzt ein GUARD spezifischer Rohbau aus Schutzelementen entwickelt. Diese selbsttragende Schutzzelle ist der Kern des iSS. Die (Alu-)Außenhaut dient am Ende als Designhülle und sorgt für eine unauffällige Optik. iSS umfasst neben der Panzerung auch die Adaption von Fahrwerk, Motor und Getriebe, um ein seriennahes Handling sicherzustellen. Durch den parallelen Entwicklungsprozess zu den Großserienmodellen erreicht auch die Langlebigkeit der GUARD Fahrzeuge das Serienniveau.

Neben den nicht sichtbaren Panzerelementen ist der transparente Bereich der Scheiben ein fester und wesentlicher Bestandteil des Schutzkonzepts. Material und Dicke des mehrlagigen Scheiben-Sandwichs entsprechen den hohen Anforderungen der Sicherheitsklassifizierung VR10. Auf der Innenseite sind die Scheiben mit einem Polycarbonat-Splitterschutz beschichtet. Trotz ihrer umfassenden Schutzeigenschaften bieten sie sehr gute optische Eigenschaften. Und sie wurden so integriert, dass sie nicht beim ersten Blick auffallen – auch dies ein wesentlicher Vorteil des integrierten Schutzsystems.

Vom aufwändigen iSS-Konzept profitiert überdies das Platzangebot im Innenraum, denn die Komfortmaße entsprechen weitestgehend denen der langen S-Klasse. Wie beim Serienmodell konnten die Karosseriefugen minimal gehalten werden, was den „Seamless“-Anspruch der Designphilosophie der Sinnlichen Klarheit umsetzt. Und in puncto Komfort und Ausstattung steht die als Vier- und Fünfsitzer erhältliche Version ihren Modellbrüdern ebenso kaum nach: Über 80 Individualisierungsmöglichkeiten der S-Klasse sind möglich von A wie Aktive Ambientebeleuchtung über Media-Display mit OLED-Technologie bis First-Class-Fond und Fond-Airbag. Bei Zierteilen und Farbkombinationen gibt es fast keine Einschränkungen. Sonderausstattungen, die dem Schutzzweck widersprechen, etwa ein Schiebedach, sind allerdings nicht erhältlich.

Zertifiziert. Der neue S 680 GUARD 4MATIC ist nach Richtlinien der VPAM (Vereinigung der Prüfstellen für angriffshemmende Materialien und Konstruktionen) zertifiziert. Mitglieder der VPAM sind firmenunabhängige (neutrale) Prüfstellen und Institutionen. Die Prüfung erfolgte durch das Beschussamt Ulm, der einzigen Prüf- und Zertifizierungsstelle für Waffen-, Munition- und Sicherheitstechnik in Baden-Württemberg und einem der modernsten Institute dieser Art. Die neue S-Klasse GUARD erfüllt die Anforderungen der höchsten zivilen Schutzklasse VR10 nach der Richtlinie VPAM BRV Fassung drei (Bullet Resistant Vehicles). Karosserie und Scheiben müssen dabei einem Beschuss aus einem Sturmgewehr mit entsprechender Stahlhartkern-Munition standhalten. Den Anforderungen des Bundeskriminalamts (BKA) entspricht der S 680 GUARD 4MATIC ebenfalls.

Den Schutz vor Sprengangriffen dokumentiert die Erfüllung der jüngsten Fassung der Richtlinie VPAM ERV (Explosive Resistant Vehicles, gegen Explosion widerstandsfähige Fahrzeuge), deren Prüfkriterien nicht frei zugänglich sind. Der S 680 GUARD 4MATIC war nicht nur das allererste Fahrzeug, das die aktuellen Prüfungen absolvierte, er erreichte in allen drei Prüfungen (Dach, Boden und Seite) mit drei von drei Sternen auch die Bestwertungen. Prüfergebnis: „keine Beschädigungen“ an Dummys und Indikatoren gemäß Beurteilungsschema VPAM ERV.

Die Zertifizierung nach VPAM ERV umfasste hier erstmals Prüfungen mit sogenannten Biofidel-Dummys. Berücksichtigt wurden die Beschädigungen an den Dummys auf allen Sitzplätzen, die sich konstruktiv (je nach Testfall) unterscheiden. Das eingesetzte Modell Primus hat das Unternehmen CTS zusammen mit der TU Berlin und der HTW Dresden entwickelt und dabei Erkenntnisse der Berliner Charité mit einbezogen. Primus ist für diesen speziellen Einsatz besonders gut geeignet: So sind Knochendichte und -struktur dem menschlichen Skelett detailgetreu nachempfunden. Als Knochenersatz wird Epoxidharz-Aluminiumpulver verwendet, als Bänder und Sehnen dienen Gurtbänder aus Propylen. Gewebe und Weichteile bestehen bei diesem Biofidel-Dummy aus Silikon und Acryl. Dank des menschenähnlichen Aufbaus sind Verletzungen von außen leicht erkennbar. Die Bewertung erfolgte nach dem am meisten betroffenen Dummy beziehungsweise Sitzplatz.

Weitere technische Finessen. Höchstes Schutzniveau kombiniert mit bestmöglichem Komfort für Passagiere und Personal, das ist die GUARD Philosophie. Stellvertretend lässt sich das mit zwei Beispielen illustrieren. So verfügt der S 680 GUARD 4MATIC über neu entwickelte Türaktoren. Obwohl die Türen wegen ihrer Panzerung sehr schwer sind, erlaubt dieses elektro-mechanische System geringe Bedienkräfte beim Öffnen und Schließen. Das gilt nicht nur in der Ebene, sondern auch, wenn das Fahrzeug am Hang steht. Dort bewährt sich auch die stufenlose Türarretierung. Die Sensorik der Tür erkennt, wenn und wie sie bewegt oder festgestellt werden soll. Dabei werden Algorithmen aus der Menschen-unterstützenden Robotik (Cobots) verwendet. Das System erleichtert insbesondere den Personenschützern die Arbeit, gleichzeitig behalten sie eine Hand frei. Viel Intelligenz steckt ebenso in den hydraulisch (statt elektrisch) betätigten Fensterhebern. Auch bei Ausfall des Bordnetzes ist damit eine Notbetätigung möglich, im Fall eines Attentates also ein Schließen. In jeder Tür sitzt eine entsprechende Einheit aus Kompressor und Ventilblock samt Druckspeicher.

Zu den weiteren, speziell für den S 680 GUARD 4MATIC konzipierten Sonderausstattungen zählen eine Feuerlöschanlage mit selbständiger Auslösefunktion sowie ein Notfall-Frischluft-System, das Insassen vor eindringendem Rauch oder Reizgasen schützt und mit Frischluft versorgt. Weitere spezielle GUARD Optionen sind umfangreiche Behördenausstattungen wie Sirene, Blitzleuchten und Funkgeräte sowie ein Gefährdeten-Alarm-System.

Zum Serienumfang gehört die Notlaufbereifung Michelin PAX. Auch mit schadhaften Reifen ist damit das Verlassen der Gefahrenstelle bis zu einer Distanz von 30 km möglich.

Antrieb. Das V12-Biturbo-Aggregat wurde für seinen Einsatz in der neuen S-Klasse Generation umfassend überarbeitet. Abgasturbolader, Abgaskrümmer und Luftführung wurden angepasst. Neu ist ferner ein geregelter Otto-Partikel-Filter. Der V12 hat eine Leistung von 450 kW /612 PS und einen Hubraum von 5.980 cm3. Das maximale Drehmoment beträgt 830 Nm ab 2.000/min. Merkmale des erstmals mit dem Zwölfzylinder kombinierten Allradsystems sind ein niedriges Systemgewicht, bestmögliche Traktion und Fahrsicherheit und höchster Fahrkomfort und Fahrdynamik. Die Basis-Momentenverteilung liegt bei diesem Modell bei 31 % an der Vorder- und 69 % an der Hinterachse. U.a. mit stärkeren Seitenwellen wurde der Allradantrieb an das höhere Fahrzeuggewicht der GUARD Version angepasst.

Erfahrung. Schon beim Typ Nürburg 460 von 1928 hatte Daimler-Benz als erstes Unternehmen damit begonnen, Limousinen bereits ab Werk mit speziellen Schutzeinbauten zu versehen, die ihre Insassen gegen die Folgen von Beschuss und Sprengstoffanschlägen wirkungsvoll schützten. Auch von den nachfolgenden Oberklasse- und Repräsentationswagen wie dem „Großen Mercedes“ Typ 770 und dem Typ 500 entwickelte Mercedes-Benz sondergeschützte Varianten. Einen gepanzerten „Großen Mercedes“ wählte der japanische Kaiser Hirohito als standesgemäßes Automobil für sich persönlich aus. 1935 wurde dieses Fahrzeug ausgeliefert.

Viele Politiker und Staatsoberhäupter folgten dem kaiserlichen Beispiel und vertrauten auf die Sicherheit von Mercedes-Benz Sonderschutzfahrzeugen. Von 1965 an bot das Unternehmen zahlreiche sondergeschützte Modelle an. Neben dem legendären Mercedes-Benz 600 als Limousine und Pullman-Limousine zählten dazu in den 1970er und 1980er Jahren V8-Modelle der S-Klasse, wie der 280 SEL 3.5, der 350 SE/SEL und 450 SE/SEL sowie 380 SE/SEL bis 560 SEL. 2016 stellte das Unternehmen mit dem Mercedes-Maybach S 600 Guard das erste Modell vor, das mit der Widerstandsklasse VR10 die höchste Schutzstufe für Zivilfahrzeuge erfüllte. Quelle: Daimler / DMM