Stau kostet fast 400 Euro

INRIX, Inc., führender Anbieter von Verkehrsanalysen und Connected-Car-Services, hat die Global Traffic Scorecard 2022 vorgestellt. Die Staustudie identifiziert und bewertet Stau- und Mobilitätstrends in mehr als 1.000 Städten in 50 Ländern. Für das Jahr 2022 zeigt sich: Das Verkehrsaufkommen nähert sich wieder dem Vorkrisenniveau von 2019 an, in Deutschland liegt es sogar darüber.

Diese Entwicklung spiegelt sich in den Zeitverlusten für deutsche Autofahrer wider. In fast allen der zehn staureichsten Städte in Deutschland war der Zeitverlust durch verstopfte Straßen um einige Stunden höher als noch 2021. Dabei bleibt München mit 74 Staustunden die staugeplagteste Stadt Deutschlands, gefolgt von Berlin mit 71 Staustunden (65 Stunden in 2021) und Hamburg mit 56 Stunden (47 in 2021). Potsdam, wo der Umbau des Leipziger Dreiecks in der Innenstadt den Verkehr auch 2022 zum Stocken brachte, erreicht wieder Platz vier und steigert seinen Zeitverlust auf 55 Stunden (46 Stunden in 2021). Auf den Plätzen fünf und sechs folgen Darmstadt und Leipzig mit 47 bzw. 46 Stunden Stauzeit.

Es gibt aber auch gute Nachrichten für Münchener Autofahrer: Obwohl die Stadt weiterhin auf dem ersten Platz landet, verbrachten Pendler dort im Jahr 2022 durchschnittlich fünf Stunden weniger im Stau als noch 2021 (74 Stunden im Vergleich zu 79 Stunden 2021). München und Nürnberg sind die einzigen Städte im Top 10 Ranking, die einen Rückgang des Verkehrs gegenüber der Zeit vor der Corona-Pandemie vorweisen können. In allen anderen der Top 10 staureichsten Städte in Deutschland stieg der Zeitverlust für Pendler durch Stau und stockenden Verkehr leicht an.

Trotz der Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe – der sogenannten „Spritpreisbremse“ – in den Sommermonaten stiegen die Kosten für Autofahrer, die der Zeitverlust im Stau verursacht, um 28 € auf 399 € (2021: 371 €). Dies hält aber anscheinend nur wenige Menschen vom Autofahren ab: Das Verkehrsaufkommen, gemessen in Fahrzeugkilometern an Wochentagen, stieg um 21% im Vergleich zu 2021 und liegt damit sogar um acht Prozent über dem Niveau von 2019. Busse und Bahnen tun sich dahingegen weiterhin schwer – ihr Fahrgastaufkommen lag im ersten Halbjahr 2022 immer noch gut ein Fünftel (21%) unter dem vom ersten Halbjahr 2019.

Stauschwerpunkte: Der Mittlere Ring in München wieder vorn. Wie schon im letzten Jahr führt der Mittlere Ring in München die Liste der staureichsten Straßen in Deutschland an, diesmal allerdings mit dem Abschnitt zwischen Stettnerstraße und Plinganserstraße. Wer diese Strecke im Jahr 2022 regelmäßig zu Stoßzeiten fuhr, für den summierten sich die täglichen 13 Minuten Zeitverlust auf 51 Stunden im Jahr. Viel Geduld mitbringen mussten auch Hamburger Autofahrer im Elbtunnel (A7 HH-Volkspark bis HH-Waltershof): An diesem Stauschwerpunkt verloren sie rund 40 Stunden Zeit. Fast genauso hoch war der jährliche Zeitverlust in Köln auf der A3 zwischen Dreieck Köln-Heumar und Kreuz Leverkusen sowie auf der A59 zwischen Dreieck Köln-Heumar und Troisdorf. Insgesamt sind Berlin, Hamburg und Köln gleich mehrfach in den Top 10 der Stauschwerpunkte vertreten, Berliner Straßen sogar dreimal. Allerdings fällt die B96 – im Jahr 2020 noch Spitzenreiter – auf den sechsten Platz zurück.

Pendlerkosten im internationalen Vergleich. Deutschland hat mit der „Spritpreisbremse“ eine zeitweilige Senkung der Energiesteuer eingeführt, um die Kosten, die Verbraucher an der Zapfsäule zahlen, zu senken und die Folgen der Ukraine-Krise und der Pandemie zu mildern. Mit Erfolg: Der weltweite Anstieg der Kosten für Pendler machte sich in Deutschland weniger bemerkbar als in den meisten europäischen Nachbarländern, im Vereinigten Königreich und den USA. Laut der INRIX-Analyse stiegen die jährlichen Kraftstoffkosten pro Pendler in Los Angeles im Vergleich zu 2021 um etwa 315 $ (286 €). Auch Pendler in London zahlten 2022 etwa 212 £ (253 €) mehr für ihre Fahrt zur Arbeit als im Vorjahr, während sie in Berlin nur 51 € mehr aufbringen mussten.

Auch außerhalb der Ballungsräume stiegen die Kosten für das Pendeln. Durchschnittlich zahlten Autofahrer in den USA im Jahr 2022 etwa 134 $ (122 €) und im Vereinigten Königreich etwa 122 £ (146 €) mehr als 2021. Deutsche Fahrer hingegen kostete ihr Arbeitsweg mit dem Auto etwa 60 € mehr als im Jahr 2021.

Staustunden im weltweiten Vergleich. Weltweit führt London die Liste der staureichsten Städte wieder an. Dort verloren Autofahrer im Jahr 2022 durchschnittlich 156 Stunden im Berufsverkehr – das sind 5% mehr als im Vorjahr (148 Stunden). Auf dem zweiten Platz liegt Chicago, wo der Zeitverlust durch Stau und stockenden Verkehr im Vergleich zum Vorjahr um fast 50% auf nun 155 Stunden zunahm. Das drittplatzierte Paris verzeichnet einen leichten Rückgang der Staustunden auf 138 (140 Stunden in 2021). Neben London und Paris gehören aus Europa auch Palermo mit 121 Staustunden (109 in 2021) und Dublin mit 114 Staustunden (89 in 2021) unter die Top 10.

„Trotz der geopolitischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten stieg weltweit die Zahl der Fahrzeugkilometer wieder an, ebenso wie die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrten in die Innenstädte. Auch der traditionelle Pendlerverkehr am Morgen und am späten Nachmittag kehrte zurück“, erklärt Bob Pishue, Transportation Analyst bei INRIX. „Dennoch erreichen wir noch nicht wieder das Vorkrisenniveau von 2019. Langfristig wird das Verkehrsaufkommen weiter steigen, aber im Falle einer weltweiten, starken Rezession könnten die Zahlen für 2023 leicht rückläufig sein.“ inrix.com/scorecard/.

Quelle: INRIX / DMM