Streit: Sind Plug-in-Hybride Umweltschleudern oder nicht?

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) und der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) weisen die Vorwürfe der Deutschen Umwelt Hilfe (DUH) in Bezug auf Plug-in-Hybride (PHEV) zurück. Behauptungen, dass diese Fahrzeuge generell erhöhte CO2-Emissionen verursachen, sind grob irreführend, so die Lobby-Verbände. "Hier wird der offensichtliche Versuch gemacht, eine moderne Antriebsart zu diffamieren", wettert der VDA.

Plug-In-Hybride (PHEV) sind neben BEV für viele Hersteller integraler Bestandteil der Antriebsstrategie. Die Fahrzeuge ermöglichen bereits heute elektrisches und damit lokal emissionsfreies Fahren. Gleichzeitig sind sie für Kunden attraktiv, weil dank des ebenfalls vorhandenen Verbrennungsmotors keine Reichweitenangst aufkommt. Derzeit sind Reichweiten von in der Regel rund 50 oder mehr km üblich, sofern die Akkus voll geladen sind. Künftige Generationen von Plug-In-Hybriden werden noch deutlich höhere elektrische Reichweiten aufweisen. Wenn allerdings ein Plug-in-Hybrid mit leerer Batterie und im extremen Sport-Modus gefahren wird, ergeben sich – wie bei herkömmlichen Verbrennern – natürlich wesentlich höhere Verbrauchswerte. Der PHEV hat – im städtischen Verkehr mit vielen Brems- und Anfahrsituationen – im Übrigen gegenüber einem vergleichbar leistungsstarken Pkw mit reinem Verbrennungsmotor nachweislich auch dann einen geringeren Verbrauch, wenn der Akku leer ist. Denn durch die Bremsenergierückgewinnung spart der PHEV Kraftstoff.

Die neue Generation von PHEV-Fahrzeugen ist noch leistungsfähiger und bietet mehr elektrische Reichweite. Damit sie ihre volle Wirkung entfalten kann, ist ein rascher und flächendeckender Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland und Europa nötig. Für viele Verbraucher ist der PHEV ein Weg in das Thema Elektromobilität, er verbindet das Beste aus beiden Welten - elektrisches Fahren, wo immer möglich, sowie verlässliche Reichweite bei längeren Fahrten. 

Die Messwerte der DUH sind weder repräsentativ noch ein hilfreicher Beitrag zur Diskussion, wie die CO2-Emissionen im Verkehr nachhaltig gesenkt werden können. Der VDA fordert die DUH dringend zu einer Versachlichung der Diskussion auf.

Die DUH-Studie. Konkret richten sich die Vorwürfe von VDA und VDIK gegen eine neuerliche Veröffentlichung der Deutschen Umwelthilfe (DUH), in der es heißt, die DUH „deckt durch Untersuchungen des verbandseigenen Emissions-Kontroll-Instituts (EKI) das Ausmaß eines neuen Skandals in der Automobilindustrie auf.“ Bei Messungen von Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß konnte der Umweltverband bei vier Plug-In-Hybrid-Pkw (Mercedes A250 e, Porsche Cayenne E-Hybrid, Volvo XC40 T5, Volvo XC90 T8) dramatische Überschreitungen der offiziellen Werte nachweisen – in der Spitze um mehr als 600 %. Mit 499 g CO2/km emittiert beispielsweise der als angeblich besonders umweltfreundlich steuerlich geförderte Porsche Cayenne Plug-In-Hybrid im Fahrmodus Sport Plus mehr als das Fünffache des seit 2020 verbindlichen EU-Flottengrenzwerts.

Diese Ergebnisse alarmieren eine Woche vor dem neuen, von den Automobil-Bundesländern initiierten Auto-Gipfel im Kanzleramt. Und sie untermauern die zentrale Forderung der DUH, die staatliche Förderung von klimaschädlichen Plug-In-Hybridfahrzeugen bei der Dienstwagenbesteuerung sowie bei Kaufprämien sofort zu beenden.

Die neuen Messungen zeigen zudem, dass die Automobilkonzerne nicht nur bei den Klimagasangaben die Bürger in die Irre führen: Auch bei Untersuchungen auf giftige Stickoxide (NOx) überschritten einige Euro 6d temp Diesel- und auch Benzin-Pkw im Test auf der Straße die gesetzlichen Grenzwerte um bis zu 50 %. Das EKI der DUH hat für die aktuelle Auswertung acht Benzin-Pkw, darunter vier Plug-In-Hybride sowie sieben Diesel-Pkw insgesamt weit über 100 Einzel-Abgastests auf der Straße unterzogen. Ergänzend wurden als Teil des EU-geförderten Projektes „Get Real“ drei Modelle beim TÜV Nord auf einem Rollenprüfstand gemessen.

Aufgrund der dramatischen Abweichungen zwischen offiziell angegebenen und real gemessenen Verbrauchs- und CO2-Werten fordert die DUH, endlich das Messverfahren umzustellen und die Werte im realen Betrieb zu ermitteln. Nur die Realwerte können die Grundlage sein, um die Klimafreundlichkeit eines Fahrzeugs zu beurteilen. Auch eine staatliche Förderung muss daran orientiert werden. Wie wichtig das ist, zeigt die Tatsache, dass drei der jetzt als besonders klimaschädlich entlarvten Plug-In-Hybride auf der „Liste der förderfähigen Elektrofahrzeuge“ des Bundesverkehrsministeriums stehen.

Die mangelhafte aktuelle Ermittlung des CO2-Ausstoßes zeigt sich neben der Plug-In-Technik auch an weiteren, konventionellen Beispielen. Hohe Abweichungen wurden beispielsweise auch beim Benziner Audi A5 2.0 TFSI festgestellt. Ein auf der Straße durchgeführter Test nach den Vorgaben des Prüfzyklus NEFZ ergab CO2 Emissionen von 202 g CO2/km, während der offizielle Wert bei 149 g liegt – eine Überschreitung von mehr als einem Drittel.

Darüber hinaus fordert die DUH, auch eine weitere Verbrauchertäuschung endlich zu beenden: Nach wie vor dürfen die Hersteller den Bürgern Neufahrzeuge mit falschen Daten schmackhaft machen – nämlich mit den viel zu geringen Verbrauchs- und CO2-Angaben nach dem veralteten NEFZ-Verfahren. Das böse Erwachen erwartet den Kunden erst, wenn der Steuerbescheid in der Post ist. Denn die Kfz-Steuer wird auf Grundlage der oft wesentlich höheren Werte nach dem neueren WLTP-Verfahren berechnet. Quelle: VDA / VDIK / DUH