Superstrecke Madrid-Galizien im Juni 2021 fertig

Im Juni 2021 soll die 500 km lange AVE-Schnellstrecke von Madrid über Santiago de Compostela bis A Coruña durchgehend befahrbar sein. Derzeit laufen die letzten Arbeiten am Abschnitt Zamora – Ournese, dem Mittelstück der Rennstrecke. Ende Februar 2020 hat Juan Pablo Villanueva, Generaldirektor des Eisenbahninfrastrukturverwalters ADIF-Alta Velocidad, während eines Besuchs der Baustelle in Vilar de Barrio (Orense) den Termin Juni 2021 für die Inbetriebnahme der kompletten Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Galizien und Madrid festgelegt.

Mit dem Talgo Avril und Tempo 330 km/h dauert die Bahnreise von Madrid nach Santiago de Compostella knapp zwei Stunden. Foto: Talgo

Spaniens Hochgeschwindigkeitsstrecke AVE (Alta Velocidad Espanola) ist in den 28 Jahren seit Einweihung der ersten Strecke von Madrid nach Sevilla im Zuge der Weltausstellung auf über 3.500 km angewachsen. Es ist nach China weltweit das zweitlängste Streckennetz für Hochgeschwindigkeitszüge. Das vorrangig radial von der Hauptstadt Madrid ausgehende Streckensystem soll zunehmend kreisförmige Verbindungen erhalten und die Städte in den Regionen, ganz besonders der Mittelmeerküste, untereinander und mit Frankreich sowie dem übrigen Europa verbinden.

Die Arbeiten für den Gleis- und Fahrleitungsbau zwischen Pedralba und Ournese, deren Fertigstellung für Dezember 2019 geplant war, werden voraussichtlich im Juni 2020 abgeschlossen sein. Und im gleichen Monat wird der Abschnitt zwischen Zamora und Pedralba in Betrieb genommen, wo sich die ERTMS-Level-2-Tests bereits in der Endphase befinden. Nach Inbetriebnahme werden 330 km/h schnelle Talgo-Triebzüge eingesetzt, die die 500 km in gut zwei Stunden zurücklegen werden.

Zwischenabschnitt fehlt noch. Schon seit Dezember 2011 pendeln AVE-Hochgeschwindigkeitszüge der Renfe (Alta Velocidad Española ist der Markenname der Renfe für deren Hochgeschwindigkeitsnetz) auf dem nordwestlichen fertigen Abschnitt der Rennstrecke  zwischen den Städten A Coruña und Ourense. Die 150 km schaffen die Züge in 68 Minuten. Auch Galiciens Hauptstadt Santiago de Compostela profitiert. Von der Pilgerstadt in die 77 km entfernte Hafenstadt A Coruña rast der „Avant“ in 38 Minuten. Wenn das fast fertige Mittelstück von Zamora nach Ournese fertig ist, brauchen Geschäftsreisende das Flugzeug nicht mehr. Denn der Zug ist definitiv schneller und komfortabler sowieso.

Galicien ist damit als erste nordspanische Region an das inzwischen 3.500 km lange AVE-Netz angeschlossen. Die Galicier warten schon seit vielen Jahren darauf, dass sie endlich mit dem AVE auch nach Madrid fahren können. Doch die anhaltende Wirtschaftskrise im Land verschleppte die Realisierung. Bislang außen vor ist auch Galiciens größte Stadt Vigo im Süden. Der AVE-taugliche Bahnhof ist längst fertig, die Strecke aber noch immer "en construcción".

Die AVE-Triebzüge bieten den höchsten Komfort auf dem spanischen Hochgeschwindigkeitsnetz der Renfe. Nahezu alle Sitzplätze sind drehbar und werden vor der Fahrt in Fahrtrichtung gedreht. Daher stehen die Züge im Abgangsbahnhof häufig schon lange vor der Abfahrt am Bahnsteig. Die Bahnsteige sind abgesperrt und nur Fahrgästen mit gültiger Fahrkarte zugänglich, es werden Gepäckkontrollen durchgeführt. In neueren Bahnhöfen gibt es eine zentrale Sicherheitskontrolle für alle Fernbahnsteige, in älteren Bahnhöfen sind sie teilweise dezentral auf jedem Gleiszugang vorhanden. Auf den Ausgangsbahnhöfen wird das Einsteigen in der Regel 30 Minuten vor Abfahrt freigegeben. Vor Betreten des Bahnsteigs wird die Fahrkarte kontrolliert, im Zug finden im Normalfall keine Kontrollen mehr statt. Um eine pünktliche Abfahrt zu gewährleisten, schließen die Bahnsteigzugänge bereits 2 Minuten vor Abfahrt.

Die AVE bieten zwei oder drei Wagenklassen an. In allen Klassen gibt es Steckdosen an den Sitzen, über Deckenbildschirme werden Filme oder TV Sendungen, sowie Informationen über die Fahrstrecke angezeigt. In den Züge sind Cafeteriawagen eingereiht. Zusätzlich wird auf einigen Strecken auch eine »Bar móvil« angeboten. So können die Fahrgäste kleine Snacks und Getränke auch am Platz kaufen. In der Klasse Preferente sind die Speisen und Getränke am Platz je nach Tageszeit im Fahrpreis enthalten.

Besser als deutsche ICE. Zugfahrten selbst mit so komfortablen Zügen sind in Spanien relativ günstig. So kostet die Strecke A Coruña-Ourense mit dem AVE knapp 25 Euro, die Verbindung Santiago-A Coruña 12 Euro. Zum Service von AVE gehören Sitze mit viel Platz, Wifi und Steckdose, um Elektrogeräte aufzuladen.
Das 505.990 km2 große Land hat durch das AVE-Netz touristisch und wirtschaftlich enorm gewonnen, auch wenn einige Strecken nicht rentabel sind, weil die Bevölkerungsdichte nicht hoch genug ist. „Doch ein Land, das vom Tourismus lebt wie Spanien, muss gut vernetzt sein“, hält der Bahn-Experte und Ökonom Carlos Salas dagegen.

Fast in allen Bereichen ihrer Hochgeschwindigkeitszüge liegen die Spanier über dem europäischen Durchschnitt. Am überraschendsten ist das Ergebnis bei der Pünktlichkeit, wo 77 % der Befragten angaben, dass sie zufrieden sind. Der westeuropäische Durchschnitt liegt bei 59 %. Nach Angaben von Renfe liegt die Pünktlichkeit bei Fernverkehrzügen bei über 95 %, wobei es bei der Renfe keine Tricksereien gibt wie etwas bei der Deutschen Bahn. Bei DB Fernverkehr erreichen, wenn man den Begriff Pünktlichkeit auf die Minute und ohne DB-üblicher Karenzzeit ansetzt, keine 50 % der Fernzüge pünktlich ihr Ziel. 

Wer einmal mit dem AVE gefahren ist, den verwundert das nicht. Denn Hochgeschwindigkeits- und auch normale Langstreckenzüge sind nicht nur pünktlich, sondern auch im Vergleich zum deutschen ICE komfortabler, relativ günstig, sehr sauber und sehr laufruhig. Renfe hat auch verstanden, dass Kunden gepflegt werden müssen. Deswegen können Reisende bei Verspätungen ab 30 Minuten die Erstattung des Tickets beantragen. Eine Teilerstattung ist schon bei kleineren Verspätungen ab 15 Minuten möglich. Quelle: Renfe / DMM