T&E nimmt Bahnunternehmen unter die Lupe

Welche Bahngesellschaften bieten den besten Service, faire Preise und echte Zuverlässigkeit – und welche enttäuschen? Eine aktuelle Studie zeigt, wo Zugreisen in Europa zum Vergnügen werden und wo die Passagiere frustriert zurückbleiben.

Trenitalia ist Europas beste Bahnanbieter gefolgt von SBB und RegioJet. Im Bild ein ETR 1000 nahe Bologna. Foto: NEVIO

Die italienische Trenitalia, die Schweizer SBB und das tschechische private Bahnunternehmen RegioJet belegen in einem aktuellen Ranking der 27 Bahnbetreiber Europas den ersten Platz, so T&E (Transport and Environment). Die  Nicht-Regierungs- und Dachorganisation von 53 nicht-staatlichen europäischen Organisationen, setzt sich seit vielen Jahren für einen nachhaltigen Verkehr ein. Sie zeigt in ihrer Studie auf, dass die Bahndienstleistungen in Europa insgesamt hinter den Erwartungen zurückbleiben, und dass hohe Ticketpreise nicht unbedingt zu einer höheren Qualität der Dienstleistungen führen.  Betreiber, Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission müssen die Zuverlässigkeit, Erschwinglichkeit und das Buchungserlebnis verbessern, sagt die grüne Gruppe T&E. 

Das neue Ranking, das am Montag, 09. Dezember 2024, von T&E veröffentlicht wurde, bewertet 27 Bahnbetreiber anhand von acht Kriterien, darunter Ticketpreise, Zuverlässigkeit und Annehmlichkeiten an Bord. Trenitalia, SBB und RegioJet erhalten die besten Noten. Mit einem Gesamtergebnis von 7,7 von 10 Punkten ist Trenitalia unangefochten die Nummer eins. Die italienische Bahn glänzt mit einem hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis und sehr guten Bewertungen in fast allen Kategorien – nur das Angebot für Fahrrad-Reisende bleibt ausbaufähig.

Die SBB und der tschechische Anbieter Regio Jet erreichen beide 7,4 Punkte. RegioJet verfügt über die günstigsten Tarife. Die SBB überzeugt in der Studie durch Zuverlässigkeit (7,8) und Fahrrad-Freundlichkeit (7,6). Zudem sind die Züge in der Schweiz die pünktlichsten in Europa. Schwächen ortet die Studie in Bezug auf die SBB bei der Rückerstattungspolitik (5) und im Nachtzugangebot (3,5).

Die österreichische ÖBB (Platz 4) und die französische SNCF (Platz 5) gehören zu den besseren Anbietern. Beide punkten mit ihrem Nachtzugangebot und einer guten Reiseerfahrung, haben jedoch Schwächen bei den Preisen und der Velofreundlichkeit. Die DB landet auf Platz16 von 27 Bahnbetreibern, Flixtrain sogar nur auf Rang 20.

Am unteren Ende der Rangliste zeigt sich ein erschreckendes Bild: Ouigo, die Billigtochter der französischen SNCF, landet trotz günstiger Preise auf Platz 25, da es an Sparangeboten und Zuverlässigkeit mangelt. Noch schlechter schneidet Eurostar ab. Die Bahngesellschaft (zum Unternehmen zählt der integrierte vormalige Hochgeschwindigkeitsbetreiber Thalys), die für ihre hohen Ticketpreise bekannt ist – doppelt so teuer wie der europäische Durchschnitt –, belegt den letzten Platz. T&E kritisiert besonders die mangelnde Zuverlässigkeit des Anbieters, der mit seinem superschnellen Zügen Paris mit London, Brüssel und Amsterdam verbindet. 

Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit branchenweiter Reformen, um die europäischen Schienendienste zu verbessern, sagt Victor Thévenet, Bahn-Experte bei bei der Nichtregierungs-Organisation T&E. 

Für Bahnfahrgäste, die sich beruflich oder privat für Fernreisen mit dem Zug entscheiden, ist die Erschwinglichkeit von entscheidender Bedeutung. Dem werden vor allem etliche große Bahnunternehmen wie die Deutsche Bahn (DB), SNCF und Eurostar nicht gerecht. Sie schneiden bei der Preisgestaltung miserabel ab, was 25 % der Endnote ausmacht. Sondertarife, wie etwa Sparpreise, Ermäßigungen für Familien und bestimmte Altersgruppen, können den Zugang zum Bahnverkehr erleichtern. In dieser Kategorie, die 15 % der Rangliste ausmacht, gehen die Bestnoten an BDZ (Bulgarien), CP (Portugal), Hellenic Trains (Griechenland), SJ (Schweden) sowie die italienischen Betreiber Italo und Trenitalia.

Zuverlässigkeit und einfache Buchung, die ebenfalls 15 % des Rankings ausmachen, sind der Schlüssel zur Verbesserung des Passagiererlebnisses und können die Akzeptanz dieses umweltfreundlichsten Transportmittels fördern. Die Schweizer SBB, die belgische SNCB und die spanische Renfe führen in puncto Zuverlässigkeit, während die deutsche DB, die portugiesische CP und die schwedische Snälltåget am schlechtesten abschneiden. Nur 11 von 27 Betreibern erreichen Pünktlichkeitsraten von über 80 %. Was die Buchungserfahrung betrifft – einschließlich der Frage, wie lange Tickets im Voraus angeboten werden und ob externe Plattformen sie verkaufen können – liegt die SBB an der Spitze, gefolgt von der DB und der österreichischen ÖBB. Quelle: T&E / DMM