Telematiktarife nach dem Prinzip "Pay as you drive"

Telematik-Tarife ermöglichen individuellere und damit fairere Kfz-Versicherungen, weil sich damit Versicherungsrisiken besser einschätzen lassen. Das bedeutet auf einen kurzen Nenner gebracht: Wer sicher fährt, spart. Jeder Autofahrer, insbesondere auch Millionen von Dienstwagennutzern, können somit die Prämie ihrer Kfz-Versicherung bzw. die ihres Arbeitgebers durch persönliches Fahrverhalten beeinflussen – nach dem Prinzip „pay as you drive“.

Telematiktarife setzen sich nur langsam in Deutschland durch. Zeichnung: Goslar-Institut

Für besonders besonnenes Fahrverhalten ergeben sich so bei einem Kfz-Telematik-Tarif Beitragsnachlässe für den einzelnen Kunden. Damit sorgt Telematik auch für mehr Versicherungs-Gerechtigkeit. Denn warum sollen vorsichtigere Fahrer für die Risiken mit aufkommen, die von Verkehrsrüpeln verursacht werden? Das machten die Experten beim „Goslar Diskurs“ der Studiengesellschaft für verbrauchergerechtes Versichern (Goslar Institut) bereits im Januar 2017 deutlich. Sie prognostizierten ferner, dass sich die Telematik-Angebote angesichts ihrer Gerechtigkeitsvorteile und der größeren Flexibilität bei den Tarifen sukzessive bei den Verbrauchern durchsetzen werden. 

Von einem Durchbruch der Telematik auf breiter Front kann bislang zwar noch nicht die Rede sein. Denn derzeit sollen sich erst rund 300.000 der insgesamt 47 Mio. Pkw-Halter hierzulande einen sicheren Fahrstil mit einem Rabatt bei ihrer Kfz-Versicherung vergüten lassen. Doch die Branche geht von deutlichen Zuwächsen aus: So erwartet etwa HUK-Vorstand Jörg Rheinländer bei Telematik in den nächsten sieben bis acht Jahren eine Marktdurchdringung von 25 %. Jörg Hipp, Vorstand bei der Allianz und zuständig für den Bereich Automotive, hält sogar eine noch höhere Marktdurchdringung für wahrscheinlich, wie er der Süddeutschen Zeitung sagte. 

Die Voraussetzung für die Telematik-Tarife, die der Versicherungskunde durch seinen persönlichen Fahrstil beeinflussen kann, schaffen die modernen Autos. Von deren Elektronik werden vielfältige Daten zum Betrieb des Fahrzeugs registriert, die dazu herangezogen werden können, die Fahrweise der Personen am Steuer zu beurteilen. Dafür sorgen die vielen Sensoren, die sich in jedem modernen Automobil befinden, um dessen Betriebszustand zu checken, um die Assistenzsysteme mit den notwendigen Informationen zu füttern – und nicht zuletzt, um den von der EU für Neuwagen unterdessen vorgeschriebenen Unfallnotruf E-Call zu ermöglichen. Diese Daten stehen heute bereits den Automobilherstellern zur Verfügung und können gebührenpflichtig von den Kfz-Versicherern für mehr Tarifgerechtigkeit durch Telematik genutzt werden. 

Um Bedenken in Bezug auf Datensicherheit auszuräumen, haben sich die Versicherer inzwischen auf einen hohen Schutz der persönlichen Daten der Autofahrer bzw. Flottenbetreiber verständigt. Demnach sollen Fahrdaten bei Telematik ausschließlich anonymisiert weitergeleitet und ausgewertet werden. Damit hoffen die Unternehmen, die Akzeptanz von Telematik-Tarifen beim Verbraucher zu erhöhen. 

Wie die HUK-COBURG betont, profitieren von dem neuen Angebot im Privatbereich insbesondere Kunden, die ansonsten hohe Prämien zu zahlen haben: wie etwa junge Autofahrer und Fahranfänger, aber auch Senioren, die ab einem bestimmten Alter ebenfalls einen Risikozuschlag erhalten. Sie alle sollen sich mit der Telematik bei vernünftiger und vorsichtiger Fahrweise Einsparungen bei der Prämie sichern können. 

Versicherungskunden müssen ihrem Anbieter bei einem Telematik-Tarif lediglich die Zustimmung zur Verwendung der benötigten Daten geben. Doch damit kann der Versicherer noch längst nicht auf die benötigten Informationen zugreifen. Denn die Autohersteller haben derzeit noch die Hoheit über die von ihren Fahrzeugen gesammelten Daten, obwohl diese eigentlich dem Fahrzeugbesitzer oder -nutzer zustehen müsste, wie Verbraucherschützer und Versicherer unisono fordern. Doch die Autobranche mauert bislang und so bleibt den Telematik-Anbietern nichts anderes übrig, als die erforderlichen Daten von den Kfz-Produzenten zu kaufen. Auf diesem Weg machten die Autohersteller ein Geschäft mit Daten, die eigentlich ihren Kunden gehörten, bemängeln Branchenkenner. 

Telematik könne nicht nur einer genaueren Risikokalkulation den Weg bahnen, sondern auch einer als gerechter empfundenen Tariflandschaft, bilanzieren die Verfasser einer vom Goslar Institut in Auftrag gegebenen Studie mit dem Titel „Geschäft oder Gewissen?“. Ein Teil der Untersuchung widmet sich auch der „Wahrnehmung und Bewertung von telematikbasierten Versicherungstarifen“. Darüber hinaus könnten telematische Tarife Schäden vermeiden und sogar Leben retten, heißt es in der Studie weiter – weil diese Tarife Anreize für besonneneres und sichereres Fahren geben. Auch unter diesem Aspekt erwartet sich die Versicherungsbranche wachsenden Zuspruch zu diesen individuellen Kfz-Versicherungsangeboten. Quelle: Goslar-Institut / DMM