Thalys und Eurostar sind jetzt ein Unternehmen

Die beiden Hochgeschwindigkeits-Bahnunternehmen Thalys und Eurostar haben ihre seit längerem vorbereitete Fusion am Dienstag, 24. Januar 2023, offiziell besiegelt. Das Gemeinschaftsunternehmen tritt ab sofort als Eurostar Group auf. Deren bis zu 320 km/h schnellen Züge werden bis auf Weiteres in ihren Farben Blaugelb (Eurostar) bzw. Rotsilber (Thalys) unterwegs sein. Die Bezeichnung Thalys soll zum Herbst/Jahresende verschwinden.

Thalys und Eurostar sind zur Eurostar Group fusioniert. Der Name Thalys verschwindet bis Ende 2023. Das neue Logo: Ein Stern. Foto: Eurostar Group

Das neue Logo des Gemeinschaftsunternehmens Eurostar Group bildet ein Stern mit einem Zentrum. Dieses Zentrum ist der Bahnknotenpunkt Brüssel, so die CEO der Eurostar Group, Gwendoline Cazenave. Nach ihrer Darstellung bildet die belgische und Europametropole Brüssel das Zentrum des künftigen Eurostar-Netzes, das jeweils rund zwei Stunden von allen Zieldestinationen (Paris, London, Amsterdam, Düsseldorf). Inspiriert ist der Stern übrigens vom früheren TEE-Zug „Etoile du Nord“ inspiriert. Der Étoile du Nord war ein Fernzug, der von 1927 bis 1995 zwischen Paris und Amsterdam verkehrte. Lediglich während des Zweiten Weltkriegs verkehrte er nicht. Von 1927 bis 1939 fuhr der „Nordstern“ als Pullman-Express der Compagnie Internationale des Wagons-Lits (CIWL), ab 1946 als normaler Schnellzug und ab 1957 als Trans Europ Express. Von 1984 bis 1987 war er als Intercity unterwegs und bis zu seiner Einstellung 1995 schließlich als Eurocity-Zug. Das Logo ist heute noch in der großen Halle des Brüsseler Nordbahnhofs zu erkennen. 

Nach und nach werden in diesem Jahr alle Zuggarnituren das neue Logo tragen. Ansonsten wird sich am Aussehen der Hochgeschwindigkeitszüge nichts ändern - Die Thalys-Züge bleiben vorerst rotsilber und die Eurostars behalten ihre blaugelbe Lackierung. In absehbarer Zeit soll es auch nur noch eine gemeinsame Webseite und eine gemeinsame App geben. 

Das Hochgeschwindigkeitssystem Thalys: Es wurde für den länderübergreifenden Verkehr zwischen Belgien, Deutschland, Frankreich und den Niederlanden entwickelt. Die Züge sind mehrsystemfähig. Zwei Varianten sind im Einsatz: Thalys PBA (Paris–Brüssel–Amsterdam) und der PBKA (Paris–Brüssel–Köln–Amsterdam). Von den Thalys PBA existieren zehn Einheiten, die baugleich mit den französischen TGV Réseau sind. Sie fahren mit 25kV 50-Hertz-Wechselspannung. Außerdem sind sie mit einigen Zugsicherungssystemen der drei Länder ausgestattet. Die Züge haben bei 25 kV eine Dauerleistung von 8.800 kW und erreichen damit zwischen Paris und Brüssel sowie zwischen Antwerpen und Flughafen Amsterdam Schiphol 300 km/h.

Die 17 vorhandenen Thalys PBKA sind zusätzlich in der Lage, im deutschen Netz mit 15-kV 16,7-Hertz-Wechselspannung bei einer Leistung von 4.460 kW zu fahren. Das Design ihrer Triebköpfe lehnt sich an den TGV Duplex an. Im August 2011 erweiterte Thalys das Angebot auf die Ruhrgebietsmetropolen Dortmund, Essen, Duisburg und Düsseldorf inkl. DUS-Flughafen.

Kernmarke Thalys: Die Züge verbinden länderübergreifend folgende Städte:

  • Dortmund – Essen – Duisburg – Düsseldorf Flughafen – Düsseldorf – Köln – Aachen – Lüttich – Brüssel Midi – Paris Nord (5 Zugpaare nach/von Essen, Reisezeit von Köln 3:14 Stunden, ein weiteres Zugpaar ab Lüttich, dreimal täglich nach/von Dortmund; ein Zugpaar verkehrt seit der Fertigstellung des Diabolo-Projekts zwischen dem Flughafen Brüssel und Paris Nord).
  • seit 13. Dezember 2009 innerhalb Ostbelgiens über die HSL 3 statt zuvor durch das Wesertal.
  • Amsterdam – Schiphol Airport – Rotterdam – Antwerpen – Brüssel – Paris (10 Zugpaare)
  • seit 13. Dezember 2009 über die HSL Zuid mit einer Fahrtzeit von 3:18 Stunden; Den Haag wird seitdem nicht mehr bedient.
  • Ostende – Brügge – Gent – Brüssel – Paris (ein Zugpaar bis 31. März  2015)
  • Brüssel – Disneyland Paris (fünf Zugpaare, bis März 2007). Diese Relation wurde, mit vier Zugpaaren, zum 28. November 1999 aufgenommen.
  • Amsterdam – Rotterdam – Antwerpen – Brüssel – Lille (zwei Zugpaare, seit April 2014, entfällt ab Fahrplan 2019
  • Im Sommer verkehrt zusätzlich ein Zugpaar zwischen Amsterdam und Marseille, im Winter von Amsterdam nach Bourg-Saint-Maurice in den französischen Alpen.

Zwischen Brüssel und Paris fahren die Züge nahezu halbstündlich, einige davon in Doppeltraktion, die in Brüssel nach Amsterdam bzw. Köln geflügelt werden. In Brüssel besteht Anschluss an den Eurostar nach London.

Kernmarke Eurostar: Eurostar begann als gemeinsames Projekt der französischen Bahngesellschaft SNCF, der belgischen Bahngesellschaft NMBS/SNCB und der damaligen britischen Bahngesellschaft British Rail (BR) zum Betrieb der Züge durch den Eurotunnel unter dem Ärmelkanal. Die Eurostar International Ltd. mit Sitz in London ist der Betreiber der Eurostar-Züge auf der superschnellen Schienenverbindung von London (über die HS1) durch den Eurotunnel über Lille nach Paris, Brüssel, Rotterdam und Amsterdam. Schon bald nach der Eröffnung von der Eisenbahnstrecke High Speed 1 im November 2006 gab die britische Regierung bekannt, ihren Anteil am Betreiber und der Infrastruktur verkaufen zu wollen. Die Deutsche Bahn hatte 2008 ihr Interesse am Kauf von EUKL bekundet, was vom damaligen Präsidenten der SNCF, Guillaume Pepy, allerdings strikt abgelehnt wurde. 2019 gab die Mehrheitseigentümerin an Eurostar, die französische Staatsbahn SNCF bekannt, dass sie ihre beiden Töchterunternehmen Thalys und Eurostar fusionieren möchte.

Die Züge wurden von Alstom auf der Basis des TGV Atlantique entwickelt und konnten ursprünglich sowohl Stromschienen als auch Oberleitungen verwenden, wobei bei letzteren unterschiedliche Spannungen möglich sind (25 kV, 50-Hz-Wechselstrom sowie 3-kV- und in einigen Zügen auch 1,5-kV-Gleichspannung). Höhe und Breite der Züge mussten an das kleinere Lichtraumprofil auf den britischen Strecken angepasst werden, daher beträgt die Breite des Eurostar lediglich 2,81 Meter (zum Vergleich: Der TGV misst 2,904 m in der Breite)[13]. Außerdem musste den besonderen Sicherheitsanforderungen für den Verkehr durch den Kanaltunnel Rechnung getragen werden, darunter besondere Brandschutzeinrichtungen wie Brandschutztüren zwischen einzelnen Wagen. Die Züge sind mit den Zugsicherungs- und Signalisierungssystemen der drei befahrenen Länder ausgerüstet: AWS und TPWS für Großbritannien, KVB, TVM und Crocodile für Frankreich sowie TBL und ebenfalls Crocodile für Belgien.

Bei Verwendung der Oberleitung erreichen die Züge eine Geschwindigkeit von 300 km/h – bei einer Testfahrt wurde im Juli 2003 auf der Strecke High Speed 1 mit 334,7 km/h sogar ein Geschwindigkeitsrekord für Großbritannien aufgestellt. Am 21. April 2008 stellte ein Eurostar mit einer Reisegeschwindigkeit von 198,6 km/h (123,4 Meilen pro Stunde) einen neuen britischen Rekord auf. Er bewältigte die 90,19 km (56,04 Meilen) lange Strecke von Ashford nach London in 27 Minuten und 15 Sekunden.

Die Züge bestehen – wie die französischen TGV – aus je einem Triebkopf an beiden Enden des Zuges, jedoch mit 18 bzw. 14 Mittelwagen, und können in beide Richtungen verkehren. Die Züge mit 18 Wagen werden auch „Three Capitals“ (Drei Hauptstädte) genannt, die kürzeren „North of London“ (NoL – Nördlich von London).  Die „Three Capitals“ sind 394 Meter lang, wiegen insgesamt 815 Tonnen und bieten 794 Sitzplätze, die „North of London“ sind 319 Meter lang, wiegen insgesamt 665 Tonnen, und bieten 578 Sitzplätze. Seit 2015 werden diese Einheiten sukzessive umgebaut und dann als Eurostar E300 vermarktet.

Eurostar e320. Im Oktober 2010 gab Eurostar bekannt, zehn Triebzüge des Typs Eurostar 320 von Siemens Mobility erwerben zu wollen. Trotz einer anhängigen Klage des konkurrierenden Bieters Alstom gegen die Ausschreibung bzw. Auftragsvergabe wurde Dezember 2010 der Auftrag unterzeichnet. Im November 2014 gab Eurostar bekannt, sieben weitere Züge zu bestellen. Mit den 17 jeweils 16-teiligen Zügen auf der Siemens-Velaro-Plattform (Weiterentwicklungen des deutschen ICE 3), die eine Kapazität von 894 Sitzplätzen bieten, wurde die Zahl der Ziele im Eurostar-System erweitert werden. Eine neue Verbindung zwischen London und Amsterdam bedient Eurostar mit den e320-Zügen seit April 2018. 

Besonderheiten für Eurostar-Passagiere: Der Eurostar nutzt ein separates, vom übrigen Bahnverkehr getrenntes Terminal. Um an Bord der Züge zu gelangen, sind (analog zum Luftverkehr) ein Check-in sowie Pass- und Sicherheitskontrollen erforderlich. Passagiere müssen sich zum Check-in spätestens 30 Minuten vor der planmäßigen Abfahrt des Eurostar am Check-in-Schalter im Eurostar-Terminal eingefunden haben und sich dort mit ihrem Ticket zur Abfertigung anmelden. Bereits nach dem Check-in erfolgen auf dem Kontinent bzw. in Großbritannien die erforderlichen Passkontrollen für die Einreise in das Zielland.

Da Großbritannien nur eingeschränkt am Schengener Abkommen teilnimmt und seine Grenzkontrollen beibehalten hat, werden vor dem Zustieg zum Eurostar sowohl von der Grenzkontrolle des Abfahrtlandes als auch von der britischen Grenzkontrolle jeweils die Pässe der nach Großbritannien reisenden Passagiere kontrolliert. Nach der Passkontrolle wird des Weiteren eine Sicherheitskontrolle des Passagiers sowie des von ihm mitgeführten Gepäcks durchgeführt. Bei Reisen innerhalb des Schengen-Raums (z.B. von Bruxelles-Midi/Brussel-Zuid nach Lille-Europe) mussten sich die Fahrgäste vor der britischen Grenzkontrolle nicht ausweisen, was von illegalen Einwanderern ohne gültige Einreisepapiere gerne als Schlupfloch genutzt wurde. Seit Dezember 2014 werden Reisende von Brüssel nach Lille oder Calais deshalb in einem gesonderten Bereich abgefertigt und in einem getrennten Wagen befördert. Fahrkarten für die Verbindung von Brüssel-Midi nach Lille oder Calais können über die Eurostar-Internetseite nur dann gebucht werden, wenn zuvor als Wohnsitzland „Großbritannien“, „Frankreich“ oder „Belgien“ gewählt wurde. Zu den Einzelheiten der Grenzkontrollen. 
Wurden das Check-in sowie die Pass- und Sicherheitskontrollen erfolgreich absolviert, führt der weitere Weg vor dem Einstieg zunächst in einen Warteraum. Erst wenn durch das Personal im Terminal der Eurostar zum Einstieg freigegeben wurde, können dessen Wagen wie die eines gewöhnlichen Reisezuges vom Bahnsteig aus betreten werden.

Die fusionierte Gesellschaft rechnet bis 2030 mit 30 Mio. Fahrgästen. 2022 beförderten Eurostar und Thalys zusammen knapp 15 Mio. Menschen, vor der Corona-Pandemie waren es 2019 noch 19 Mio. Passagiere. Quelle: Eurostar Group / DMM