Und jetzt die Digitalisierungsoffensive

Erst verkündete Bahnchef Rüdiger Grube die Fernverkehrsoffensive, die im Grunde genommen nichts anderes ist, als eine Art Teil-Wiedergutmachung - die DB hat in den letzten 25 Jahren den Fernverkehr massiv reduziert und die meisten größeren deutschen Städte vom IC/ICE-Netz abgehängt - nun eine konzernweite Digitalisierungsoffensive. Damit will die Deutsche Bahn ihre Prozesse und Angebote achhaltig verbessern.

Zur Digitalisierungsoffensive der Deutschen Bahn zählt auch der neue DB Navigator, der in wenigen Tagen veröffentlicht wird. Foto: DB

"Es gibt bei der Deutschen Bahn so gut wie keinen Bereich, der sich derzeit nicht mit der Digitalisierung beschäftigt. Insgesamt arbeiten wir an mehr als 150 Projekten, vom Personen- über den Güterverkehr und die Logistik bis hin zur Infrastruktur, der Produktion und unserer IT. Mit all diesen Initiativen verfolgen wir das übergeordnete Ziel, die Angebote der Deutschen Bahn noch attraktiver zu machen und unsere Prozesse noch effizienter und kostengünstiger zu gestalten. Wir wollen unsere Kunden noch besser informieren und einfacher und komfortabler ans Ziel bringen", beschrieb DB-Vorstandsvorsitzender Dr. Rüdiger Grube auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt die Neuausrichtung des Unternehmens.

Bundesverkehrsminister Dobrindt: "Die Bahn kann das Verkehrsmittel des digitalen Zeitalters werden. Wir brauchen eine Modernisierungsoffensive, um dieses Potenzial voll auszuschöpfen. Ich begrüße die Initiative der Deutschen Bahn. Das Ziel muss sein: kostenloses WLAN nicht nur in der 1. Klasse der ICE, sondern in allen Klassen, im Regionalverkehr und in den Bahnhöfen."

Grube bezeichnete die Digitalisierung als den größten Umbruch für die Deutsche Bahn seit der Bahnreform im Jahr 1994. "Wir nehmen diese weltweite Herausforderung an und wir treiben sie in unserem Unternehmen aktiv voran. Wir stellen uns dem Wettbewerb, denn wir wollen Treiber sein und nicht Getriebener!", betonte der DB-Chef. Die DB wolle bei aktuellen Trends und Entwicklungen die Nase vorn haben: "Nicht Facebook oder WhatsApp, sondern der DB-Navigator war gleich zum Start auf der Apple Watch verfügbar", nannte Grube ein aktuelles Beispiel für diesen Ehrgeiz der DB.

Der DB Navigator, eine der beliebtesten Apps in Deutschland, bekommt noch im Juni einen Relaunch mit neuer Optik und neuen Funktionen, kündigte Grube an. So wird die Reiseauskunft künftig mit einer Karte visualisiert, in der auch gleich Mietfahrräder und Carsharing-Angebote der DB zu finden sind. Der Konzernchef skizzierte den nächsten Schritt für die Weiterentwicklung des DB Navigators: "Wir wollen den Kunden künftig im wahrsten Sinne des Wortes im Bahnhof an die Hand nehmen und ihn über die App durch den Bahnhof bis zum Gleis und zum reservierten Sitzplatz im Zug lenken und begleiten." Zwar müssten zuvor noch Anlagen in den Bahnhöfen digital umgerüstet werden, aber man sei fest entschlossen, solche kundenfreundlichen Entwicklungen so schnell wie möglich umzusetzen.

Diese und weitere Verbesserungen laufen bei der Bahn im Rahmen der Initiative Mobilität 4.0. Grube nannte als weitere Beispiele den Start eines digitalen ICE-Portals im Herbst: "Mit diesem Info- und Unterhaltungsangebot für Smartphones und Tablets machen wir das Reisen im ICE noch attraktiver für unsere Kunden."

Als Beispiel für die Mobilität der Zukunft stellt Grube das Mitfahrnetzwerk ‚flinc' vor, ein Pilotprojekt im Schwarzwald. Hier hilft die Digitalisierung, verschiedene Verkehrsmittel optimal und umweltschonend für den Kunden zu verknüpfen. Über eine Online-Plattform können Autofahrer dabei ihre geplanten Fahrten für mögliche Mitreisende anbieten. Wer als Nutzer seine gewünschte Verbindung eingibt, enthält dann auf der anderen Seite ein passendes Angebot – entweder über öffentliche Verkehrsmittel, als Mitfahrer oder als Mix aus beidem. Grube: "Diese Kombination ist ein Gewinn für beide Seiten: Für Bus- und Bahnfahrer verbessert sich die Tür-zu-Tür-Anbindung. Auf der anderen Seite können mit "flinc" auch Kunden für den ÖPNV gewonnen werden, die sonst ausschließlich mit dem Auto unterwegs sind."

Außer unter dem Stichwort Mobilität 4.0 bündelt die DB ihre Digitalisierungsprojekte in fünf weiteren Initiativen. Im Rahmen von Infrastruktur 4.0 stellte Grube das Projekt "sprechende Aufzüge und Rolltreppen" vor. "Sprechen" bedeutet dabei, dass die Anlagen per digitaler Datenübertragung mit der zentralen Überwachungsstelle im Bahnhof kommunizieren und Störungen im Betrieb sofort melden. Entsprechend kann umgehend die Reparatur eingeleitet und schneller erledigt werden. Somit gibt es weniger kaputte Aufzüge und Unannehmlichkeiten für Kunden werden reduziert.

Ein ähnliches Beispiel aus dem Bereich Logistik 4.0: Hier fördert die Digitalisierung intelligente Loks und Güterwagen. Dadurch können während der Fahrt erfasste Daten in Echtzeit an Werkstätten übermittelt werden. Grube: "Die Lokomotiven zeigen auf diese Weise optimal an, wann eine Inspektion nötig wird. Das spart Zeit und Kosten." Bis 2020 sollen rund 2.000 dieser intelligenten Loks durch Europa rollen.

Bei der Auswahl neuer Mitarbeiter geht die Bahn im Rahmen von Arbeitswelten 4.0 ebenfalls neue Wege. "Mobiles Recruiting" ist hier nur ein Stichwort. Über die digitalen Netzwerke ist die DB beispielhaft unterwegs, um Nachwuchs für das Unternehmen anzusprechen. Mit einem neuen Blog können seit dieser Woche Azubis der Bahn direkt mit Schülern in Kontakt kommen, die einen Ausbildungsplatz suchen.

Eher um eine Optimierung der internen Prozesse geht es bei den Initiativen IT 4.0 und Produktion 4.0. "Das alles zeigt: Der digitale Wandel ist eine Angelegenheit des gesamten Unternehmens und mir als Vorstandsvorsitzendem ein persönliches Anliegen", betonte Grube. Deshalb sei bei ihm das zentrale "Competence Center Digitalisierung" der DB angesiedelt. Grube: "Unser Ansporn ist es, für jeden Kunden zu jeder Zeit das passende Angebot bereitzuhalten. In Sachen Mobilität genauso wie im Transport- und Logistikbereich." Quelle: Deutsche Bahn / DMM