Unfallflucht trotz Zettel an der Windschutzscheibe

Ein Parkplatzrempler ist schnell passiert. Viele fragen sich dann, ob sie überhaupt auf den anderen Fahrzeugeigentümer warten oder die Polizei anrufen müssen. Die Versuchung ist groß, einfach einen Zettel an die Windschutzscheibe des anderen Unfallbeteiligten zu hängen: „Habe ihr Auto beschädigt. Meine Nummer ist …“ – und wegzufahren. Das sollte man aber tunlichst vermeiden.

Wer (möglicherweise) Unfallbeteiligter ist, muss als solcher am Unfallort anwesend bleiben und sich aktiv bei den weiteren Unfallbeteiligten oder anderen Personen vorstellen, die bereit sind, Feststellungen über Person, Fahrzeug und Art der Unfallbeteiligung zu treffen. Wer gegen diese sog. Anschlußpflichten verstößt, macht sich einer Unfallflucht strafbar (§ 142 Strafgesetzbuch).

Ob es diesen Pflichten genügt, einen Zettel oder eine Visitenkarte an die Windschutzscheibe zu klemmen, ist bei den Gerichten höchst umstritten. Die einen meinen, es bleibt eine Straftat, weil dadurch weder die Art der Beteiligung geklärt werden kann noch gesichert ist, dass der Feststellungsinteressent die Angaben tatsächlich erhält. Andere meinen, es könne sachdienlich und angemessen sein, nach Ablauf der Wartefrist den Zettel mit Anschrift und Telefonnummer an die Windschutzscheibe des beschädigten Pkw zu heften. Dann könne der Schädiger zunächst abwarten, dass sich der Geschädigte bei ihm meldet. Meldet sich der Geschädigte nicht, hat sich der Schädiger sobald mit Nachforschungen seitens des Unfallopfers nicht mehr zu rechnen ist, selbst beim Berechtigten oder bei der Polizei als Unfallbeteiligter auszuweisen.

Genügt jedoch der Unfallbeteiligte bereits der Wartepflicht nicht, entlastet ihn das Zurücklassen eines Zettels nicht. Problem: Die Dauer der Wartezeit vor dem Entfernen vom Unfallort ist im Einzelfall ebenfalls höchst umstritten.

Der Vorwurf der Verkehrsunfallflucht kann bei Verurteilung zu empfindlichen Fahrverboten von bis zu sechs Monaten führen. Ab einem sogenannten erheblichen Fremdschaden droht sogar die Entziehung der Fahrerlaubnis, eventuell sogar bereits die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis vor rechtskräftiger Ahndung.  

Auch der erhebliche Fremdschaden ist der Höhe nach umstritten: In vielen Oberlandesgerichtsbezirken beginnt er nach wie vor bei 1.300 Euro netto. In wenigen anderen OLG-Bezirken liegt er bei 1.500 Euro netto oder gar mehr als 2.000 Euro netto. Für die Frage des Fahrverbots oder der Entziehung der Fahrerlaubnis kann es bedeutsam sein, dass vor dem Verlassen des Unfallorts die eigenen Kontaktdaten hinterlassen wurden. Das Gericht kann (muss aber nicht) daraus den Schluss ziehen, dass vom Fahrverbot oder der Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen werden kann (nicht muss). Bloß vorbestraft wäre man danach trotzdem, obwohl man rein subjektiv für den Schaden von vornherein einstehen wollte.      

Kurzum: Vom Zettel an der Windschutzscheibe ist dringend abzuraten Im Zweifel sollte die Polizei angerufen und dort der Unfall gemeldet werden. Genügen der Polizei telefonische Feststellungen, ist man als Unfallbeteiligter auf der sicheren Seite. Quelle: www.anwalt.de, RA Heiko Urbanzyk / DMM