Unter Transformations- und Kostendruck

Das lange und noch bestehende Beharren auf Altantrieben wie Benziner und Diesel und das gleichzeitige Verschlafen von Investitionen in alternative Antriebe sowie in die digitale und KI-Welt rächt sich: Der rückläufige globale Automobilmarkt und die enormen Investitionen in Zukunftstechnologien machen sich in den Bilanzen der Automobilhersteller immer negativer bemerkbar. Bereits im ersten Quartal 2019 gingen die Absatzzahlen der 18 globalen Automobilhersteller im Durchschnitt um 5,5 % auf 19,1 Mio. Pkw zurück. Nur wenige Hersteller wie Toyota (+0,3%), Hyundai (+3,5%), BMW (+0,1%) oder Tesla (+110%) können sich dem Negativtrend entziehen, während etwa Volkswagen (-6,7%), General Motors (-10,4%) oder Ford (-14,3%) teils hohe Absatzeinbrüche verkraften müssen.

 Im zweiten Quartal verstärkt sich dieser Trend: Die Pkw-Produktion in Deutschland sinkt etwa zwischen April und Juni um 13,4 % nach einem Minus von 10 % in den ersten drei Monaten des laufenden Geschäftsjahres. Bereits im Jahr 2018 verringerte sich die deutsche Pkw-Produktion um 9,3 %. Mit einer schnellen Trendwende ist vor dem Hintergrund ungelöster Handelskonflikte und dem bevorstehenden Brexit nicht zu rechnen. Nach einer aktuellen Prognose des CAM schrumpft der Pkw-Absatz im Gesamtjahr um 5 % im Vergleich zum Vorjahr.

Die Absatzeinbrüche drücken gemeinsam mit den Zukunftsinvestitionen enorm auf die Renditen der Automobilhersteller. Im ersten Quartal 2019 sank die EBIT-Marge der 18 globalen Automobilkonzerne im Mittel auf nur noch 3,4 % nach 5,3 % in 2018 und über 6 % 2017 (jeweils 1. Q.). Während Daimler, Toyota, GM und Volkswagen dank allfälliger Kostensparprogrammen noch Renditen zwischen 7,1 und 6,4 % erreichen, liegen diese bei BMW, Honda oder Nissan bereits deutlich unter 3 %. Es ist damit zu rechnen, dass sich die sowohl die Renditen als auch die Gewinne bei den meisten Herstellern in den nächsten Jahren auf einem niedrigeren Niveau ein einpendeln werden.

Die Automobilhersteller müssen trotz insgesamt niedrigerer Gewinne die enormen Aufwendungen in neue Technologien und Geschäftsmodelle wie Elektromobilität, Mobilitäts-dienstleistungen Autonomes Fahren aufrechterhalten, um zukunftsfähig zu bleiben. Dabei müssen sie sich gegen neue Wettbewerber im Bereich der E-Mobilität, der Mobilitätsdienstleister und der Digitalwelt behaupten. Gleichzeitig werden etwa mit dem notwendigen Absatz von Elektrofahrzeugen zunächst deutlich geringere Renditen zu erwirtschaften sein als mit dem Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.

Wie schwierig dieser Spagat für die Automobilhersteller derzeit von Investoren bewertet wird, zeigt sich seit einiger Zeit an den Börsen. Innerhalb eines Jahres (Q1-2019/Q1-2018) ist die Marktkapitalisierung alle 18 globalen Automobilhersteller insgesamt um 9 % auf nur noch rund 670 Mrd. Euro gesunken. Überdurchschnittlich zurück ging der Börsenwert der deutschen Automobilhersteller Hersteller Daimler (-24 %), BMW (-20 %) und Volkswagen (-12 %). Aktuell notiert Daimler nur noch bei 52 Mrd. Euro und BMW bei 42 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Neue Wettbewerber wie der US-amerikanische Mobilitätsdienstleister Uber ist mit einer Marktkapitalisierung von 68 Mrd. Euro und die Google-Waymo Muttergesellschaft Alphabet mit 629 Mrd. Euro bewertet. Diese neuen Player drängen mit ihren Plattformen, Daten- und Software-Kompetenzen derzeit mit Macht in die (Auto-)Mobilitätswelt ein und definieren neue Spielregeln für die Branche.

Hierzu Studienleiter Prof. Dr. Stefan Bratzel: „Die Transformation der Automobilindustrie entwickelt sich zunehmend zu einem Kampf der Welten zwischen den etablierten Automobilherstellern, neuen Mobilitätsdienstleistern und großen Digital Playern. Die enormen Investments in neue Technologien und Geschäftsmodelle können sich dabei nur wenige Automobilhersteller leisten. In der Folge besteht zunehmend der Zwang zu multiplen Kooperationen zwischen etablierten Herstellern und Digital Playern, um Kompetenzdefizite auszugleichen und Marktzugänge zu schaffen. Dabei wird es mit der wachsenden Bedeutung von E-Mobilität, Mobility Services und Autonomen Fahren in den nächsten 10 Jahren zu weiteren Konsolidierungen in der Branche kommen. Kurzfristig ist damit zu rechnen, dass die globalen Automobilhersteller als auch die Automobilzulieferer angesichts anhaltend rückläufiger Markttrends weitere Kostensparprogramme umsetzen, die auch mit deutlichen Beschäftigungsrückgängen einhergehen werden.“  Quelle: Center of Automotive Management (CAM) / DMM