USA: Tohuwabohu in der Luftfahrt

In den USA mehren sich die Zeichen, dass die Reisenachfrage anzieht. Das ist einerseits eine gute Nachricht, aber sie hat ziemlich böse Schattenseiten. So berichten die US-TV-Stationen landesweit über wütende und frustrierte Passagiere, die zu Abertausenden an Airports gestrandet sind, die die Nacht über in Flughafenterminals campen mussten, die in unendlich langen Warteschlangen ausharren durften, deren Flüge gestrichen wurden oder erheblich verspätet starteten.

So räumte Southwest Airlines COO Mike Van de Ven ein, dass der Juni der „schwierigste Monat“ bisher war, zumal technische Probleme nach einigen Schlechtwetterperioden zu Verzögerungen führten. Die Pünktlichkeit der Fluggesellschaft sank auf nur noch 62,4 %. Von einer auf den Kopf gestellten Welt sprach Gary Kelly, CEO von Southwest.

Auch American Airlines sorgte für Verärgerung, nachdem der Carrier seinen  Juli-Flugplan gekürzt hatte, um die betriebliche Effizienz zu maximieren. Zu allem Übel gab es auch noch Verzögerungen bei der Lieferung von Kerosin, was den Betrieb zusätzlich beeinträchtigte.

Insbesondere das Feiertagswochenende (02 – 04. Juli 2021) artete in den Vereinigten Staaten zu einem Stresstest für die Fluggesellschaften aus, da die US-Transportsicherheitsbehörde TSA ein Passagieraufkommen über dem Niveau vor der Pandemie gemeldet hatte. Massiv steigende Passagierzahlen und zu wenig Personal bei den Airlines und Airports überforderten die Fluglinien. So gab es wahnsinnig lange Schlangen in den Terminals, den Ausfall von digitalen Funktionen auf den Websites, verspätete oder stornierte Flüge usw… Schon jetzt wird vor allem BusinessTravellern Angst und Bang wenn sie an den Herbst denken, da die Nachfrage nach Flügen auf ein höheres Niveau klettern soll.

Trotz der Schlagzeilen von American Airlines war deren Präsident Robert Isom in einer Telefonkonferenz begeistert vom Ergebnis im Q2 2021 und der Pünktlichkeitsrate von 82,1 %. Die Zahl der AA-Flüge betrug im Q2 das zweieinhalbfache des gleichen Zeitraums 2020.

Laut OAG erzielten die US-Fluggesellschaften im Juli 2021 eine durchschnittliche Pünktlichkeitsleistung von 85,1 %, besser als im Juli 2019 (78,1 %). Es hat als weniger Staus in der Luft und am Boden gegeben als im Vorpandemiejahr 2019.

Das aktuelle Problem der Airlines ist die Tatsache, dass sie 2020 zig Tausende Beschäftigte entlassen haben mit dem Resultat einer gravierenden Personalknappheit. So kommt es derzeit zu „vorübergehenden betrieblichen Ineffizienzen“. Noch bis Herbst wollen die Airlines ihre Personale aufstocken. American Airlines z.B. hat in den letzten Tagen mehr als 3.000 Mitarbeitende wieder zurückgeholt und bis Herbst sollen 1.000 weitere FlugbegleiterInnen aus dem Urlaub zurückgeholt werden. Auch will AA bis dahin 350 Piloten wieder einstellen. 2022 sollen über 1.000 Cockpitpersonal zurückfinden und 800 Kabinenbesatzungsmitglieder.

Auch Van de Ven von Southwest betont, der Carrier werde in mehreren großen Städten zusätzliches Personal anzuheuern. Auch sollen Prämie ausgelobt werden für Mitarbeiter, offene Schichten zu übernehmen. Ferner stellt die US-Günstig-Fluglinie Fluglehrer ein, um den Schulungsbedarf der Piloten zu erfüllen, wenn sie aus dem Zwangs-Urlaub zurückkehren.

Ed Bastian, CEO von Delta Air Lines, berichtet, dass die Fluggesellschaft mit einer "rekordverdächtigen Anzahl von Anrufen" beim Kundenservice konfrontiert ist, da die Nachfrage zurückkehrt. Auch Delta muss ihr Personal für die Verwaltung aufstocken, um die viele Arbeit bewältigen zu können. Delta holt nicht nur Beschäftigte, die in Zwangsurlaub geschickt worden waren, zurück, sondern stellt auch 1.300 Kundendienstspezialisten ein, die bis September geschult und startbereit sein werden.

Bis in den Herbst hinein haben Fluggesellschaften mit schlankeren Flugplänen weniger Möglichkeiten, alle reisewilligen Kunden bei unregelmäßigen Flügen unterzubringen. Das wird auch im Herbst ein Thema bleiben, meint Jeremy Quek, Leiter Luftfahrt bei American Express Global Business Travel. Daten von Mitte Juli zeigten beispielsweise, dass die geschäftslastige Route zwischen Boston und dem New Yorker Flughafen LaGuardia im September und Oktober 2020 rund 60 % weniger Optionen hatte als im gleichen Zeitraum im Jahr 2019. Das Problem jetzt: Die Planung für einen „normalen Betrieb“ wird erschwert durch die Tatsache, dass sich die Fluggesellschaften bei der Neugestaltung ihrer Flugpläne mehr auf Touristen und Urlaubsziele konzentriert haben und dies noch tun. Quek glaubt daher nicht, dass eine vollständige Rückkehr von Flügen für Geschäftsreisende in diesem Herbst gelingen kann.

Geschäftsreisende, die zu sekundären oder tertiären Märkten reisen, dass sie nunmehr auf Anschlussflüge bzw. Umsteigen angewiesen sind, wo es vor Beginn der Pandemie noch Direktflüge gab. Und bei Last-Minute-Buchungen werden viele sich Passagiere mit Verfügbarkeitsproblemen konfrontiert sehen. Geschäftsreisende sollten sich auf einen unregelmäßigem Betrieb einstellen und auch darauf, ihre Flugreisen ganz absagen zu müssen, weil die Sitzplatzkapazitäten nicht ausreichen oder gar nicht erst verfügbar sind.

Eine lauernde Gefahr wird ebenfalls angesprochen: Möglicherweise werden einige Fluggesellschaften zwischen den Flügen, die sie 2020 neu bzw. wieder eingeführt haben, auch einige ihrer strengen Reinigungsverfahren lockern. Veröffentlichen wollen das die Airlines aber nicht. Quelle American Airlines, GBTA / Southwest / DMM