Verbrauchertäuschung mit vermeintlicher "Klimaneutralität"

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) geht juristisch gegen irreführende Werbeversprechen vor, in denen behauptet wird, Produkte seien „klimaneutral“. Dazu hat der Umwelt- und Verbraucherschutzverband rechtliche Verfahren gegen zunächst acht Unternehmen eingeleitet, darunter die Green Airlines GmbH, Shell Deutschland GmbH sowie die TotalEnergies Wärme & Kraftstoff Deutschland GmbH.

Die DUH kündigte zudem an, den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor irreführenden Werbeversprechen im Zusammenhang mit einer behaupteten Klimaneutralität ab sofort als neuen Arbeitsschwerpunkt der Ökologischen Marktüberwachung des Verbandes einzuführen

Green Airlines hat schon lange ein ernsthaftes Glaubwürdigkeitsproblem. Jetzt geht die Deutsche Umwelthilfe juristisch gegen das selbsternannte Öko-Start-up vor. Es geht um Verbrauchertäuschung in Bezug auf angebliche Kompensationsleistungen. Schon seit April 2022 fliegt Green Airlines nicht mehr. Das Unternehmen sollte nach seinem verpatzten Neustart in Weeze neuaufgestellt werden, nun ist stattdessen die Webseite komplett offline.

Laut DUH ist das Werbeversprechen der Klimaneutralität vielfach Verbrauchertäuschung. Oftmals ist es eher ein CO2-Ablasshandel, mit dem sich Unternehmen grün waschen. So wird den Menschen Geld aus der Tasche gezogen, das Klima aber nicht geschützt. Die Absurdität vermeintlicher Klimaneutralität wird am Phänomen der ‚Überkompensation‘ deutlich, also wenn mehr Zertifikate gekauft werden, als CO2 ausgestoßen wird: Je mehr angeblich ‚überkompensierte‘ Flugreisen stattfinden, umso besser müsste es in dieser Logik fürs Klima sein. Natürlich ist das Gegenteil der Fall. Diesen Irrsinn will die DUH nicht weiter hinnehmen und  festgestellte oder gemeldeten Rechtsverstöße notfalls auf den Klageweg bringen. Letzteres ist bei Green Airlines der Fall. 

Unternehmen und Industrie bewerben zunehmend Produkte und Dienstleistungen als „klimaneutral“, „klimapositiv“ oder mit ähnlichen Begriffen. Das betrifft beispielsweise Flugreisen, Kraftstoffe, Lebensmittel oder Kosmetika. Tatsächlich verschweigen die Unternehmen entweder ganz oder teilweise, wie sie die angebliche CO2-Kompensation erbringen oder sie verweisen auf Kompensationsprojekte, an die nur ein in der Regel niedriger Geldbetrag fließt. CO2-Emissionen werden dagegen kaum eingespart. Überprüfbare Informationen zu Zahlungen, Projekten und tatsächlicher Klimawirkung sind teilweise nicht erhältlich oder nicht nachvollziehbar. 

Wer mit Umwelt- und Klimaschutz wirbt, muss dies auch belegen. Und wer die Verbraucher im Unklaren darüber lässt, wie vermeintliche Klimaneutralität zustande kommt, täuscht sie. Wie absurd das Modell der Kompensation ist, zeigt ein Beispiel: Statt mühsam und teuer die Emissionen Deutschlands tatsächlich zu senken, müsste der Bundesfinanzminister lediglich 19 Mrd. Euro im Jahr zahlen, damit Deutschland laut dieses Ablasshandels auf dem Papier ab sofort klimaneutral ist. Das ist weniger als die Hälfte des Jahresgewinns von BMW, Daimler und VW in 2021. Und real würde Deutschland die Klimakrise ungebremst anheizen

Green Airlines war angetreten, um regionales Fliegen in Deutschland anzubieten und dabei alle Emissionen überzukompensieren. Allerdings gab es schnell Glaubwürdigkeitsprobleme in Bezug auf die selbstgesteckten Umweltambitionen. So rechnete das Unternehmen offenbar die Emissionen von leeren Positionierungsflügen heraus und kompensierte, wenn überhaupt, nur für die Emissionen verkaufter Plätze – und zwar jeweils nur ein paar Euro. Quelle: DUH / DMM