Die Vorschriften, besser bekannt als EC261, garantieren Passagieren das Recht, zwischen 250 und 600 Euro für eine erhebliche Verspätung oder Annullierung zu fordern. Die einzige Möglichkeit, eine Zahlung zu vermeiden, besteht für eine Fluggesellschaft darin, nachzuweisen, dass die Störung auf „außergewöhnliche Umstände“ zurückzuführen ist. Was ein „außergewöhnlicher Umstand“ ist und was nicht, ist von den Verfassern des EC261 freilich nicht definiert. Infolgedessen gab es im Laufe der Jahre eine Reihe von Gerichtsverfahren, um herauszufinden, was dieser Ausdruck in der Praxis bedeutet. Kurz gesagt gelten schlechtes Wetter, Flugverkehrsbeschränkungen, externe Streiks und Terroranschläge als „außergewöhnliche Umstände“, während dies bei den meisten technischen Problemen mit einem Flugzeug und internen Streiks nicht der Fall ist.
Die Vorschriften werden noch komplizierter, je nachdem, wie lange die Verspätung dauert, wie viele Warnungen man vor der Annullierung eines Fluges erhalten hat und ob die Fluggesellschaft in der Lage ist, einen ohne allzu große Verspätung mit einem anderen Flug ans Ziel zu bringen. Wichtig ist zudem, für welche Fluggesellschaft man sich entschieden hat.
Erwähnenswert ist auch, dass bei Flügen in die EU oder in das Vereinigte Königreich ein Anspruch auf Entschädigung im Schadensfall stark davon abhängt, mit welcher Fluggesellschaft man fliegt. Denn die Regelungen gelten für außereuropäische Fluggesellschaften nur unter zwei besonderen Umständen:
• Für Flüge innerhalb der EU, die von einer beliebigen Fluggesellschaft durchgeführt werden
• Für den Abflug aus der EU mit einer beliebigen Fluggesellschaft
Wenn man also aus einem Land außerhalb der EU in die EU fliegen und die gebuchte Airline nicht in der EU ansässig ist, hat man keinen Anspruch auf Entschädigung.
Szenario 1: Man fliegt von New York JFK nach Frankfurt (FRAU, aber aufgrund eines technischen Problems mit dem Flugzeug kommt man mehr als drei Stunden später als geplant an. Ist man mit Lufthansa unterwegs, hat man Anspruch auf eine Entschädigung von 600 € pro Passagier. Wenn Sie jedoch mit Delta Air Lines fliegen würden, wäre EC261 nicht anspruchsberechtigt, da Delta nicht in Europa ansässig ist. Da gibt es also keinen Cent.
Szenario 2: In diesem Beispiel geht es um einen Flug von Istanbul (IST) nach Madrid (MAD), eine Strecke von 2.700 km. Der Flug ist über Air Europa, eine europäische Fluggesellschaft, gebucht, tatsächlich aber wird der Flug von Codeshare-Partner Turkish Airlines durchgeführt, eine Fluggesellschaft, die nicht in der EU ansässig ist. Obwohl Sie Ihr Ticket bei einer europäischen Fluggesellschaft gebucht hat, geht es in den Vorschriften nur darum, welche Fluggesellschaft den Flug durchgeführt hat. Daher kann man gemäß EC261 keine Entschädigung in Höhe von 400 € pro Passagier verlangen.
Szenario 3: Man hat ein Ticket von Tunisair erworben, um von Tunis (TUN) nach Rom Fiumicino (FCO) zu fliegen? Das Ticket gilt für einen Codeshare-Flug und man ist mit der italienischen ITA Airways unterwegs. Obwohl Tunisair keine europäische Fluggesellschaft ist, kann man in diesem Fall bei einer Ankunftsverspätung von drei Stunden oder mehr gemäß EC261 dennoch 250 € pro Passagier geltend machen, da die ausführende Fluggesellschaft ihren Sitz in der EU hat.
Szenario 4: Und schließlich: Was wäre, wenn man einen Air-France-Flug von Dubai (DXB) nach Atlanta (ATL) mit Anschlussflug nach Paris Charles de Gaulle buchen würden? Der erste Flug hat Verspätung und man wird auf einen späteren Flug gebucht, was dazu führt, dass man drei Stunden später als geplant in Atlanta ankommt. Man ist mit einer europäischen Fluggesellschaft, nämlich Air France, gereist und hat einen Anschlussflug über einen europäischen Flughafen. In diesem Fall gilt EC261 jedoch nicht, da der Abflug- und der Zielflughafen beide außerhalb der EU liegen. Quelle: DMM