Verzichten auf Auto und Flugzeug?

Sollen wir weniger Auto fahren, weniger fliegen, mehr aufs Fahrrad und den ÖPNV umsteigen? Es gibt viele Ansätze, klimafreundlicher zu reisen, auch und vor allem in der Geschäftsreisebranche, aber, es tut sich offensichtlich viel zu wenig, auch und vor allem in Deutschland. Nach einer aktuellen UN-Studie steht der Erde ein Temperatur-Plus von 2,8 °C bis Ende des Jahrhunderts bevor, fast das Doppelte dessen, was die bisherigen Weltklimakonferenzen beabsichtigten.

Fast leere Autobahn (so wie hier in Spanien). Sorgt der Klimawandel künftig für solche Bilder? Foto: G. Zielonka

Zu den großen Klimasündern gehört leider auch Deutschland. Wenn hier zu Lande weiterhin so viele Treibhausgase ausgestoßen werden wie bisher, sind die Klimaziele für 2030 nicht erreichbar. Das Thema ist auch für die Geschäftsreisebranche von immenser Wichtigkeit; denn ohne Nutzung von Flugzeug oder Auto geht nun mal gar nichts. das Thema Bahn essen wir außen vor; denn die Schiene ist bekanntlich mit großem Abstand das klimfreundlichste Transportmittel. 

Deutschland droht die für 2030 angesetzten Klimaziele deutlich zu verfehlen. Zu diesem Fazit kommt der Expertenrat für Klimafragen in seinem ersten Zweijahresgutachten, das das unabhängige Gremium am Donnerstag, zwei Tage vor dem Beginn der nächsten Weltklimakonferenz in Ägypten vorgelegt hat. Der Expertenrat für Klimafragen setzt sich aus fünf Sachverständigen zusammen, die für jeweils fünf Jahre von der Bundesregierung berufen werden. Derzeit hat der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme, Hans-Martin Henning, den Vorsitz inne. In ihrer Arbeit werden die Mitglieder von einem wissenschaftlichen Stab unterstützt.

"Mit einem 'Weiter so' werden wir die Klimaziele für das Jahr 2030 definitiv nicht erreichen", zog die stv. Vorsitzende des Expertenrats, Brigitte Knopf, Bilanz. Bis dahin will die Bundesregierung den bundesweiten Ausstoß an Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 um mindestens 65 % reduzieren. Doch um diese Zielstellung noch zu erreichen, müsste sich die Menge an eingesparten klimaschädlichen Emissionen im Zeitraum von 2022 bis 2030 im Vergleich zu den Jahren 2011 bis 2021 mehr als verdoppeln.

Laut Warnung des Expertenrat reichen die bisherigen Emissionsreduktionsraten bei Weitem nicht aus,  weder in der Summe noch in den einzelnen Sektoren. Ganz besondere miserabel schneidet in puncto Emissioneinsparungen der Sektor Verkehr ab: Hier berechneten die Experten für den Zeitraum 2000 bis 2021 lediglich einen Rückgang von 13 %. Zwischenzeitlich hätte die Menge an Treibhausgasen in diesem Bereichen sogar wieder zugenommen. Erst die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie hätten weniger Emissionen zur Folge gehabt, doch dieser Trend habe sich bereits seit 2021wieder umgekehrt. Im Verkehrssektor wären 14mal höhere jährliche Minderungen notwendig. Bislang, kritisieren die Autoren der Studie seien in Deutschland praktisch keine Maßnahmen implementiert worden, die auf Verhaltensänderungen abzielen. 

Nun müssten alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, um die Klimaziele doch noch realisieren zu können, mahnte Expertenrat-Vizechefin Knopf. Dafür sei nicht nur der Ausbau von Erneuerbaren Energien nötig, sondern auch eine "harte Begrenzung von Emissionsmengen", wie es in dem Gutachten heißt. Zudem müsse die Nutzung fossiler Ressourcen schneller eingeschränkt werden. Im Klartext: Die Umstellung auf E-Mobilität muss viel schneller vorangehen, Verbrennerautos müssen viel schneller verschwinden, der Lkw-Verkehr muss deutlich zu Gunsten der Schiene reduziert werden. Die Luftfahrt muss deutliche Abstriche machen. Tempo 130 muss nun auch in Deutschland kommen. Das Schlimme: Die Politik traut sich an diese „heißen Themen“ einfach nicht an. 

Einer übrigens hat es kürzlich gewagt, kein Politiker, sondern einer der Mächtigen Manager dieses Landes, Audi-Konzernchef Markus Duesmann. In einem Interview zeigt sich Audi-Chef Markus Duesmann offen für autofreie Tage und ein Tempolimit auf deutschen Straßen. "Um uns in Deutschland besser einzustimmen auf die Lage und die Notwendigkeit des Sparens, könnte es wieder autofreie Tage geben, so wie in den 1970er Jahren", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Auch ein Tempolimit könne ein hilfreiches Symbol sein. 

Duesmann sehe schon auf der Autobahn, dass den Leuten das Geld knapp werde. Im Land des unbegrenzten Rasens fahren nun viele rechts mit 100 Kilometern pro Stunde. "Wir müssen umdenken, uns klar werden, dass sich unser Leben ändert." Geld "als einziger Regler" reiche für die aktuelle außergewöhnliche Situation nicht aus. 

Sollte es autofreie Tage geben, würde Duesmann sie auch privat nutzen, sagte er: "Wenn es ein Sonntag ist, werde ich mit meinem Rennrad über die gesperrte Autobahn fahren." Aufheulende Kritiker halten dem CEO nun vor, seine Aussagen seien geschäftsschädigend für seine Firma und auch für die ganze Branche, sagt z.B. der frühere Focus-Chefredakteur Helmut Markwort in seinem „Tagebuch“. Die Menschen kaufen sich ein Auto als Freiheitssymbol. Sie wollen unabhängig sein von den Fahrplänen und Verspätungen öffentlicher Verkehrsmittel. Im eigenen Auto wird niemand gezwungen, eine Maske zu tragen wie bei langen Bahnfahrten.

Die Autofahrer wollen sich nicht vorschreiben lassen, ob sie am Wochenende zum Sport fahren oder ihre Kinder hinbringen. Sie wollen sich nicht verbieten lassen, sonntags ihre Eltern zu besuchen. Sie können selbst entscheiden, wie sie mit Energie umgehen, und können verantwortungsbewusst überlegen, auf welche Fahrten an welchen Tagen sie verzichten möchten.

Gespannt darf man auch auf Reaktionen der GBTA & VDR Conference (08. bis 10. November 2022 im SQUARE Brussels Meeting Centre) auf Forderungen der Weltklimakonferenz und der Klimasachverständigen sein. Immerhin ist auf dem Herbsttreffen der beiden großen Geschäftsreiseverbände „alles rund um das Thema Nachhaltigkeit und Richtlinien zur Umsetzung eines Sustainability Reportings“ Schwerpunkthema. Leider können wir krankheitsbedingt nicht teilnehmen, freuen uns aber auf die Ergebnisse. Quelle: Expertenrat für Klimafragen, Focus / DMM